Hattingen. Brigitte Lümmer sammelt Unterschriften, organisiert Demonstrationen und setzt ein Zeichen gegen Rassismus
Brigitte Lümmer blickt auf ein erfolgreiches Jahr 2023 zurück: Auf ihre Initiative hin hängen jetzt Anti-Rassismus-Schilder an Hattingens Ortseingängen und sie organisiert mit, dass Menschen gegen die „Montagstrommler“ auf die Straße gehen. Die Ex-Krankenschwester macht Gleichgesinnten Mut.
Lümmer, geboren 1952, erlebte zwar nicht die Naziherrschaft und den Zweiten Weltkrieg, die Folgen allerdings schon. „Ich kenne es noch, dass man sich schämt, Deutscher zu sein. Dass es fürchterliche Verbrechen gegeben hat, habe ich als Kind schon verstanden“, sagt sie. Ein berühmter Satz aus dieser Zeit motiviert ihre Arbeit bis heute: „Wir haben von nichts gewusst.“ Obwohl ihre Generation nicht am Krieg teilgenommen hat, spricht sie von einer „Schuld“, die auf ihr liege.
Brigitte Lümmer setzt sich für Aktion gegen Rassismus in Hattingen ein
Die 1950er und 1960er Jahre nahm sie als hochpolitisch wahr, ging auf die Straße. Später hat sie auch in Hattingen an Protesten teilgenommen, die sie nachhaltig beeindruckt haben - wie eine Solidaritätsbekundung der Hattinger mit der örtlichen Ditib-Gemeinde im Jahr 2013.
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Die Inspiration für die Anti-Rassismus-Schilder hat sich Lümmer in den Nachbarstädten geholt: Witten und Sprockhövel hatten es vorgemacht. „Die können das und wir nicht“, dachte sie sich, brachte die Schilderaktion ins Rollen. Erfahrung mit den internen Abläufen der Kommunalpolitik hatte Lümmer keine, aber abhalten ließ sie sich davon nicht: „Man kann sich ja schlaumachen.“
Ex-Krankenschwester schreibt die großen Parteien an
Also schrieb sie „alle großen Parteien“ in Hattingen an, um ihre Idee ins Rathaus zu tragen. In der Parteienlandschaft herrschte wenig Einigkeit: Manche Parteien hätten sofort geantwortet und Zuspruch bekundet, andere wesentlich später und zurückhaltender. Per Einwohnereingabe brachte sie ihr Vorhaben schließlich auf die Tagesordnung des Stadtrats und erhöhte den Druck auf die Politik mithilfe mehrerer Unterschriftenaktionen. Die Diskussion im Großen Sitzungssaal verfolgte Lümmer gespannt. „Die teils flammenden Plädoyers für die Demokratie waren sehr schön. Das hat mich sehr gefreut.“ Ihre Eingabe wurde einstimmig angenommen.
Als der Beschluss umgesetzt werden sollte, drohte Straßen NRW das Projekt platzen zu lassen. Ursprünglich sollten die Schilder an den wichtigsten Verkehrsstraßen positioniert werden, allerdings fallen die in den Zuständigkeitsbereich von Straßen NRW. Schon Sprockhövel hatte mit diesem Problem zu kämpfen. Der Landesbetrieb stellte sich quer. Also musste nochmal neu geplant werden. Jetzt weisen elf Schilder darauf hin, dass Hattingen keinen Platz für Rassismus hat. Drei davon hängen an Radwegen, acht auf städtischen Straßen.
Engagierte kann die Parolen der „Montagstrommler“ nicht akzeptieren
Die Parolen übrigens der „Montagstrommlern“ kann sie nicht akzeptieren. „Die Parolen sind so unreflektiert, dass es mich manchmal wütend macht. Sie arbeiten viel mit Angst und Katastrophendenken. Es wird ein Szenario geschaffen, als stünden wir kurz vor dem Weltkrieg.“
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Über die Schilderaktion hat Lümmer neue Kontakte zu Hattinger Vereinen aufgenommen und hat sich Hattingen gegen Rechts angeschlossen. Gemeinsam wurden Gegendemos organisiert, bei einer Demonstration Mitte Oktober trat Lümmer als Organisatorin auf. Und was plant sie im kommenden Jahr? „Einfach nicht aufhören“, nimmt sich die 71-Jährige vor. Ihr Rat an Gleichdenkende: „Seid mutig, engagiert euch und zeigt euch solidarisch.“