Hattingen/Sprockhövel. Die scheußlichen Straftaten des „Uni-Phantoms“ beginnen im Januar 1994 in Sprockhövel. Zwei Jahre später schlägt er dann in Hattingen zu.
Es ist immer wieder dasselbe Vorgehen: Er zückt ein Messer, geht auf Frauen oder Mädchen los, zerrt sie von der Straße und vergewaltigt sie. Im April 1996 passiert das in Holthausen, etliche Male auch in Obersprockhövel und Hiddinghausen. 22 Fälle sind bekannt, womöglich sind es mehr – doch der Serien-Vergewaltiger, den die Ermittler „Uni-Phantom“ nennen, wird nie gefasst. Getötet hat er vermutlich nicht.
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Die Serie von Vergewaltigungen beginnt am 7. Januar 1994 in Sprockhövel. An diesem Tag begeht der Mann nicht nur seine erste, sondern nach Aussage der Polizei, „auch eine seiner schlimmsten“ Taten: An der Haßlinghauser Straße vergewaltigt er ein zwölfjähriges Mädchen. Es folgten fünf weitere Taten in Sprockhövel und der nahen Umgebung – es ist den Ermittlungen zufolge vermutlich ein und derselbe Mann, der bis April 1996 Frauen an der Kleinbeckstraße, im Hammertal, an der Albringhauser und Helsbergstraße überfällt.
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Sein Vorgehen: Von einem für ihn sicheren Ort aus beobachtet er die Frauen, wie sie an Haltestellen aus Bussen oder Bahnen aussteigen. Dann verfolgt er sie. Er schleicht sich von hinten an, bedroht sie mit einem Messer (in einem Fall auch mit einer Pistole) und zwingt sie an Orte ohne Wohnbebauung.
Tat an der Voßkuhle in Holthausen
Ebenfalls im April 1996 schlägt er in Hattingen zu, an der Voßkuhle in Holthausen: Er lauert zwei Mädchen auf, bedroht sie mit einem Messer. Dann lässt er die 15-Jährigen vor sich niederknien und fesselt sie. Doch diesmal lässt er wieder von ihnen ab, warum auch immer. 300 Männer aus Hattingen werden danach zum Speicheltest gebeten.
In den folgenden Jahren passiert es immer häufiger in Bochum, zunächst in Langendreer, dann vor allem in Querenburg in Uni-Nähe. Mindestens 22 Frauen und Mädchen fallen ihm bis zum Jahr 2002 zum Opfer.
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„Das ist der Fall meines Lebens“, sagt Polizeihauptkommissar Ralf Brüggemann im Jahr 2018 in einem WAZ-Interview.
Die Ermittler haben einen beispiellosen Aufwand betrieben, um das „Uni-Phantom“ dingfest zu machen: Sie legen sich nachts auf die Lauer, wollen ihn auf frischer Tat erwischen, sie setzen Wärmebildkameras ein. Die Ermittlungskommission (EK Messer) überprüft mehr als 21.000 Spuren, sie ordnet insgesamt rund 10.000 Speicheltests an. Die Proben werden mit der Täter-DNA abgeglichen, denn der Unbekannte hat nahezu an jedem Tatort Körperspuren hinterlassen. „Mehr als 500.000 Euro haben wir für DNA-Untersuchungen ausgegeben“, so Brüggemann. Einen Treffer gibt es (leider) nicht. Selbst ein Geo-Profiler von Scotland Yard, der extra eingeflogen wird, kann nicht weiterhelfen.
Sprechweise eines „typischen Ruhrgebietsbewohners“
Um die Jahrtausendwende etwa wird er als 30 Jahre alter und 1,80 Meter großer Mann beschrieben – mit der Sprechweise eines „typischen Ruhrgebietsbewohners“. Während seiner Kindheit hatte er womöglich Verbindungen nach Sprockhövel.
Die 22 bekannten Fälle sind nicht die einzigen, ist sich Ralf Brüggemann sicher: „Es gibt auf jeden Fall mehr Geschädigte. Aber nicht jede Frau entscheidet sich für eine Anzeige, weil sie Mittel und Wege findet, sich selbst mit der Tat auseinanderzusetzen.“
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Was bleiben sind Fragen, etwa die, warum diese entsetzliche Schreckensserie Ende 2002 abrupt endet. Ist er weggezogen? Oder hat er sich selbst ein Ende gesetzt? „Es gibt keine gesicherten Erkenntnisse“, macht der Kommissar klar. Der Mann bleibt ein Phantom.