Gladbeck. Helau! Die Gemeinde St. Johannes feiert am Samstag ihre beliebte Karnevalssitzung in Gladbeck. Wir waren bei der Generalprobe dabei.

Nein, nein, das hier ist nicht die Jury von „Deutschland sucht den Superstar“, obschon die Herrschaften an einem langen Tisch sitzen und sich Programmpunkt um Programmpunkt präsentieren lassen. Aber sie sieben nicht aus, sondern sortieren – für den Samstagabend, wenn’s in der Mathias-Jakob-Stadthalle in Gladbeck ernst wird. Und lustig. Beim großen Johannes-Karneval.

Wir sind im eher schmucklosen Gemeindesaal an der Bülser Straße, wo ein paar Masken an den Wänden und ein paar Girlanden unter der Decke vermuten lassen, dass die fünfte Jahreszeit angebrochen ist. Generalprobe für den Johannes-Karneval. Die Stimmung: zwischen angespannt und ausgelassen. Die einzelnen Gruppen präsentieren dem Elferrat, was sie in den vergangenen Wochen und Monaten einstudiert haben. Und der entscheidet dann bei Knabbereien und Bier, in welcher Reihenfolge das Programm in der Stadthalle, die natürlich schon ausverkauft ist, abläuft.

Schon bei der Generalprobe ist die Stimmung ausgelassen

Den Anfang macht – sowohl bei der Generalprobe als auch am Samstagabend in der Stadthalle – der Elferrat persönlich. Elferrat – das darf man nicht zu wörtlich nehmen. In Wirklichkeit sind’s 15 Herren, und die haben für den Auftakt Tanz und Gesang zu „Born to be wild“ – in Gladbeck wird „Born to be helau“ daraus – einstudiert. Viermal, erzählt Choreografin und Trainerin Britta Schäpers, habe man geprobt, und dafür machten es die „Tanzbären“ doch schon ganz gut. Weiter geht’s in der Generalprobe mit der Tanzschule Schaub. Die jungen Tänzerinnen und Tänzer treten eine Zeitreise in die siebziger Jahre an. Den Elferrat hält’s nicht mehr auf den Stühlen, er stimmt ein dreifaches „Johannes he-lau, he-lau, he-lau“ an. Wie soll das erst am Samstagabend werden?

Einer der Höhepunkte wird sicherlich der Auftritt der Flying Feets, der neuen Kindergarde des Vereins, werden. Trainiert werden die acht bis 14 Jahre alten Mädchen von Paula Wehrmann, die selbst einmal als kleine Gardetänzerin angefangen und mittlerweile den Trainerschein hat. Zehn Monate haben die Kinder auf diesen Moment hingearbeitet. Was war das Schwierigste? „Das Takttraining“, antwortet ein Mädchen. Und die Trainerin nickt. Aber zum Lieblingslied der Mädchen, der „Prinzessin“ von den Höhnern, wurde immer wieder geübt und geübt, die Füße im richtigen Moment auf den Boden zu setzen. In der Generalprobe klappt’s wir am Schnürchen. Paula Gehrmann: „Ich bin stolz wie Bolle.“ Sitzungspräsident Henning Habeth auch. Er ist sich sicher: Die fliegenden Füße werden das Publikum begeistern und ein dreifaches „Johannes he-lau, he-lau, he-lau“ zurufen.

Der Auftritt der „Flying Feets“, die neue Kindergarde des Karnevalsvereins, könnte zu einem Höhepunkt der Veranstaltung werden.
Der Auftritt der „Flying Feets“, die neue Kindergarde des Karnevalsvereins, könnte zu einem Höhepunkt der Veranstaltung werden. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Auch wenn es die Kirche nicht mehr gibt, der Karnevalsverein besteht weiter

Wann genau es mit dem Johannes-Karneval losging, das weiß der Vereinsvorsitzende Christian Enxing gar nicht zu sagen. Ende der 70er-Jahre war’s auf jeden Fall. Zunächst fand die Veranstaltung im Kolpinghaus statt, seit 1989 ist sie in der Stadthalle. Aber die Heimat, das ist die St.-Johannes-Gemeinde im Gladbecker Osten, die es überhaupt nicht mehr gibt, weil sie in der Propsteipfarrei St. Lamberti aufgegangen ist. Selbst die Kirche ist mittlerweile abgerissen worden, was die Karnevalisten gar nicht witzig fanden. „Da waren wir nicht nur nett, sondern auch richtig böse“, erzählt Christian Enxing. Gemeinde weg, Kirche weg, aber der Karnevalsverein St. Johannes besteht nach wie vor. „Wir sind Johanneskinder“ singt der Elferrat unverdrossen. Und das stimme auch, sagt Henning Habeth, denn die meisten Aktiven kämen aus dem Stadtteil. Den Verein habe man vor Jahren gegründet, um unabhängiger agieren zu können, sagt Christian Enxing. Man fühle sich der Kirche aber nach wie vor eng verbunden.

Auch „Die Elfen“ des Karnevalsvereins zeigen am Samstag in der Stadthalle ihr Können.
Auch „Die Elfen“ des Karnevalsvereins zeigen am Samstag in der Stadthalle ihr Können. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Gerade mal 15 Mitglieder zählt der Verein. Es sind die Männer aus dem Elferrat. Und in den zu kommen, das ist gar nicht so einfach. „Man wird gefragt“, erläutert Henning Habeth das Prozedere. Die Mitglieder übernehmen Patenschaften für die Gruppen, die bei der Karnevalsveranstaltung auftreten – um schon vor der Generalprobe eine Ahnung zu haben, was da auf sie zukommt.

Knapp drei Stunden wird das Programm in der Stadthalle dauern

Was ist das Erfolgsgeheimnis? „Das ist die Leidenschaft der Ehrenamtlichen“, antwortet Habeth. „Wir kaufen nichts ein.“ Aber auch das Lokalkolorit mache die Veranstaltung aus. Und, ergänzt Christian Enxing, man bemühe sich darum, das Niveau zu halten - auch bei den Büttenreden, die mittlerweile mehr als Comedy daherkommen. Die „Vier zu eins“ zum Beispiel treten am Samstag gemäß dem Motto „Flower Power St. Johannes“ als Hippies auf und ziehen selbst an der Haschpfeife und den Yoga-Kult durch den Kakao.

Rund 80 Mitwirkende wirken am Samstagabend auf der Stadthallenbühne mit, knapp drei Stunden, schätzt Henning Habeth, dauert das Programm. Dann legt ein DJ auf, und um 2 Uhr werden sich die Närrinnen und Narren hoffentlich glückselig auf den Heimweg machen. Und vielleicht noch einmal in die Nacht rufen: Johannes, he-lau, he-lau, he-lau.

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