Gelsenkirchen-Neustadt. Kampf gegen den Verfall: Ehepaar investiert Millionen in die Wiederbelebung eines denkmalgeschützten Rittergutes in Gelsenkirchen. Der Plan.
Haus Leithe in Gelsenkirchen ist in neuen Händen. Die neuen Eigentümer haben ihre Pläne für das alte Rittergut an der Stadtgrenze von Neustadt und Rotthausen vorgestellt.
Das Gelsenkirchener Ehepaar Reinhardt und Frauke Eule hat die geschichtsträchtige Immobilie gekauft. Reinhardt Eule ist Unternehmenschef des Architektenbüros Planteam Ruhr mit Sitz an der Rheinelbestraße im Stadtteil Ückendorf. Der Betrieb hat sich auf die Errichtung und Modernisierung von Schwimmbädern spezialisiert. Frauke Eule ist Kunsthistorikerin und arbeitet im NRW-Kulturministerium in Düsseldorf.
Zukunft für Rittergut: Haus Leithe in Gelsenkirchen wird zum Unternehmenssitz eines Architektenbüros
„Das macht deutlich, wofür mein Herz schlägt“, sagte Frauke Eule bei der Vorstellung der Pläne für das historische Gebäude im Stadtsüden, das erstmals im Jahr 974 eine urkundliche Erwähnung fand. Das Paar hat die seinerzeit für rund 490.000 Euro über das Makler-Büro Dey annoncierte Immobilie gekauft und ist seit Jahresbeginn nun im Besitz des Adelssitzes. Das Immobilien-Ensemble umfasst zirka 1668 Quadratmeter auf einem 4625 Quadratmeter großen Grundstück. Die Initiative, so Eule, sei von ihrem Mann ausgegangen.
„Geplant ist, das Ensemble komplett zu erhalten und zu sanieren“, äußerte sich die Kunsthistorikerin zu den Plänen. Das Architektenbüro beabsichtige, seinen Sitz zum Rittergut zu verlegen. Das aktuell 18-köpfige Team Mitarbeitender soll dort im Hauptgebäude seiner Arbeit nachgehen. Mit dem Standortwechsel fasst das Gelsenkirchener Unternehmen auch eine Expansion ins Auge, die Belegschaft soll auf 20 Kräfte wachsen, ein weiterer Ausbau wird aber nicht ausgeschlossen. „Zunächst einmal sind die Belange des Architektenbüros vorrangig.“
Etwa drei Millionen Euro an Investitionen hat das Ehepaar Eule für die Sanierung von Haus Leithe veranschlagt, es rechnet mit einer Umsetzung - von der Planung bis zum Einzug - „mit einer Zeitspanne von etwa drei Jahren.“ Mitarbeitende der ELE waren bereits dieser Tage vor Ort und sorgen dafür, dass die eingezäunte Immobilie „mit Baustrom versorgt wird“. In der Vergangenheit hatten Vandalismus, Partys und auch mehrere Brände den Gebäuden zugesetzt und Schaden angerichtet, deshalb soll ein „Bauwach-Turm“ mit Videokameras neben Zäunen und Schlössern für zusätzliche Sicherheit sorgen.
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Stadtbaurat Christoph Heidenreich sowie die beiden Vertreterinnen der Unteren Denkmalbehörde, Beate Lepper (Leiterin) und Isabella Bailly, kündigten breite Unterstützung an. Heidenreich sprach von einem „Erwachen, das Freude macht“. Man habe viel Vertrauen, dass es dieses Mal klappt. Denn das Rittergut hat einen mittlerweile gut zwei Jahrzehnte währenden Dornröschenschlaf hinter sich. Wie groß der Vertrauensvorschuss ist, lässt sich auch daran ablesen, dass die Stadt „von ihrem Vorkaufsrecht keinen Gebrauch gemacht hat“.
Lepper und Bailly waren sehr zuversichtlich, dass man eine einvernehmliche Lösung für beide Seiten finden kann - was sowohl die Belange des Unternehmens als auch des Denkmalschutzes anbelange. „Ein großer Vorteil ist, dass die bestehenden Gutachten genutzt werden können“, sagte Lepper. Das spare Zeit und Geld.
Wechselvolle Eigentümergeschichte von Haus Leithe
Bis zum Jahreswechsel 2010/2011 bewirtschaftete der letzte Pächter von Haus Leithe, Bauer Theodor Berger, das Anwesen. Im Jahr 2012 verkaufte die GGW, eine Stadttochter, das Gebäudeensemble am Junkerweg für 200.000 Euro an den Dortmunder Investor Zahn, der dort hochwertige Eigentumswohnungen und Reihenhäuser errichten lassen wollte.
Obwohl 2015 eine Baugenehmigung erteilt wurde, wurden die Bebauungspläne nicht umgesetzt. Der bauliche Verfall sowie zwei Brände setzten dem Rittergut in den Folgejahren schwer zu. Anfang 2024 wurde Haus Leithe dann überraschend auf einem Verkaufsportal im Internet angeboten. Nun gehört es dem Ehepaar Reinhardt und Frauke Eule.
Zuletzt waren die Pläne des früheren Eigentümers Jörg Zahn und seines damaligen Geschäftspartners gescheitert - auch weil Zahns Planungsentwürfe fürs Wohnen im alten Adelssitz nach Änderungen nicht mit denen der Bauordnung und des Denkmalschutzes kompatibel waren. Das Duo wollte aus dem Rittergut, zu dem ein Herrenhaus, eine Toranlage mit einem Wirtschaftsgebäude und eine große Scheune gehören - zu hochwertigen Eigentumswohnungen und Reihenhäusern umbauen. Außerdem kam es zwischen den Geschäftspartnern zu einem Zerwürfnis, dem eine lange Eiszeit folgte.
Die neuen Pläne des Architektenbüros greifen demnach nicht so weit in bestehende Strukturen ein, weswegen die Denkmalschützerinnen glauben, „dass es jetzt nur noch vorangehen kann“. Man bewerte die neuen Pläne grundsätzlich sehr positiv, „da es möglichst wenige Eingriffe in die historische Bausubstanz geben soll.“
Das Archtitektenbüro wurde 1990 von Wolfgang Scheibenflug und Heinz-Dirk Kummetat gegründet. Der Firmensitz lag vormals an der Husemannstraße. 2002 wurde das Unternehmen zu Planteam Ruhr. Der Schwerpunkt liegt nach wie vor auf Sanierung und Umbau von Sport- und Freizeitbädern. Als Wolfgang Scheibenflug 2012 in den Ruhestand ging, übergab er den Stab an seinen langjährigen Mitarbeiter und heutigen Fimrmenchef Reinhardt Eule.
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