Gelsenkirchen-Bulmke-Hüllen. Verwarnungsgelder im Dutzendpack erhob die Polizei bei einer Kontrolle im Gewerbegebiet Schalker Verein. Warum die PS-Szene schwer zu fassen ist.

Zu einem Raser- und Poser-Einsatz ist die Gelsenkirchener Polizei am Montag, 9. Dezember, ausgerückt. Im Fokus der sechsstündigen Kontrolle stand das Gewerbegebiet am Schalker Verein im Stadtteil Bulmke-Hüllen und dessen Zuwege - ein beliebter Treffpunkt der PS-Szene.

Kontrollen rund um Schalker Verein: Gelsenkirchener Polizei nimmt 159 Autos und 251 Insassen ins Visier

Nach Angaben des Polizeipräsidiums haben Einsatzkräfte zwischen 17 und 23 Uhr insgesamt 159 Fahrzeuge und 251 Personen kontrolliert. Dabei sei unter anderem ein Mann aufgefallen, der unter Drogeneinfluss unterwegs gewesen sei. In einem Fahrzeug, das in Schalke angehalten und kontrolliert wurde, fanden die Beamten sogar „ein großes Messer und eine Schreckschusswaffe“. In einem weiteren Fall stellten die Beamten eine größere Menge potenzsteigernder Medikamente sicher. Die Delikte haben Anzeigen zur Folge. Zur weiteren Bilanz des Polizeieinsatzes gehören Gurtverstöße, fehlende Umweltplaketten, mangelnde Kindersicherung oder das Erlöschen der Betriebserlaubnis. Insgesamt erhoben die Beamten 72 Verwarngelder.

Polizeibeamte kontrollieren am Montag, 9. Dezember, Fahrzeuge im Bereich des „Schalker Vereins“ in Gelsenkirchen.
Polizeibeamte kontrollieren am Montag, 9. Dezember, Fahrzeuge im Bereich des „Schalker Vereins“ in Gelsenkirchen. © Foto: Polizei Gelsenkirchen

Das Gewerbegebiet am ehemaligen Schalker Verein gehört zu einem von mehreren Treffpunkten. Dazu zählen unter anderem der Parkplatz des Amphitheaters am Nordsternpark, der Schalker Arenapark mit seinem Kino und mehreren Restaurants oder auch das Hafenquartier rund um die Johannes-Rau-Allee und Stölting Harbor. Viele Bürgerbeschwerden kamen und kommen noch aus den Quartieren, wobei die kalte Jahreszeit das Aufkommen solcher Treffen wegen der schlechten Witterung eindämmt.

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Die Polizei verbucht die Kontrollen für sich als Erfolg und betont, dass sie in den „vergangenen Monaten in zahlreichen Einsätzen Treffen der Poser- und Tuner-Szene aufgelöst“ habe. Nach Angaben eines Sprechers seien allein im Bereich des Hafens Graf Bismarck bei Schwerpunkteinsätzen 120 Verwarngelder „von August bis jetzt“ verhängt worden. Auch im Bereich des Schalker Vereins hätte die Polizei seit September „mehrere hundert Fahrzeuge und ebenso viele Personen“ kontrolliert. Dabei seien mehrere hundert Delikte, unter anderem wegen Rasens, illegaler Umbauten oder wegen Missachtung der Gurtpflicht geahndet worden. „Bei vier Schwerpunktkontrollen seit September sind insgesamt 298 Verwarngelder erhoben worden“, so die Polizei auf Nachfrage.

Die Polizeibehörde spricht davon, dass sich die Lage rund um das Gewerbegebiet Schalker Verein als auch rund um Stölting Harbor spürbar verbessert habe. „Gespräche, die die Beamten mit ortsansässigen Firmen geführt haben“, hätten dies bestätigt. Polizeioberrat Andreas Kluth, Leiter der Direktion Verkehr: „Wir wussten, dass wir einen langen Atem brauchen. Wir kündigen Kontrollen nicht an und sind unerwartet da. Wir dulden keine Angeberei und kein Machogehabe auf Gelsenkirchens Straßen und Parkplätzen.“

Klagen aus der Bürgerschaft: Anrufe laufen ins Leere, Unmut wird laut aus den Präventionsräten

Die Darstellung der Polizei widerspricht dem Eindruck aus der Bürgerschaft, die sich bei den Treffen der örtlichen Präventionsräte neben anderen Missständen immer wieder auch über Müll und nächtliche Ruhestörungen durch die Raser- und Poserszene beschweren. Außerdem hat nicht jeder Betrieb in den betroffenen Gebieten bis spät in der Nacht oder rund um die Uhr geöffnet.

Bürger als auch einige Vorsitzende der Präventionsräte haben augenscheinlich den Eindruck, dass die Ordnungsbehörden zu träge reagieren. Zuletzt war der Stadt von Präventionsräten „Untätigkeit“ vorgeworfen worden. Ein immer wiederkehrender Vorwurf Richtung KOD und Polizei aus der Bürgerschaft in den Präventionsräten ist zudem, dass trotz angeblich zahlreicher Beschwerden und Anrufen bei den Leitstellen, Abhilfe nicht in Sicht sei und die Anrufer mitgeteilt bekämen, dass Prioritäten und Kapazitäten gerade woanders lägen. Folge: Viele, so die Klage, würden dann ihr Engagement einstellen, und auf weitere Meldungen per Telefon verzichten. Was auffällt: Fragt man bei Stadt und Polizei die Beschwerdelage ab, so sind die registrierten Anrufzahlen verschwindend gering.

Aber: Je nach Delikt sind den Behörden auch die Hände gebunden. Bei Müll den oder die Verursacher dingfest zu machen, ist schwierig, die Bilanzen der Mülldetektive sind überschaubar, lückenlose und damit gerichtsfeste Beweisketten sind daher eher die Ausnahme als die Regel. Eine Rund-um-die-Uhr-Überwachung kostet Zeit und Geld. Außerdem wird viel Personal gebunden. Von all diesen Dingen hat die Stadt wenig.

Ähnlich sieht es bei der Polizei aus. Über die Szene-Treffpunkte müssen weiträumige Kontrollnetze gespannt werden, die die Einfahrts- und Ausfahrtswege umfassen, um etwaige Delinquenten überhaupt erwischen zu können. Raser und lärmende Poser müssen dokumentiert werden per Videoaufzeichnung oder Blitze. Problematisch ist es auch, Verursacher aus der Masse herauszufischen. Teils sind bei solchen Treffen mehrere Hundert Autos vor Ort, wie dann denjenigen finden, der seinen PS-Boliden im Stadt hochdreht? Außerdem verlagert die Szene über soziale Netzwerke schnell ihre Treffpunkte.