Gelsenkirchen. Die Große Koalition in Gelsenkirchen stellt ihre Haushaltsanträge vor. Es geht um KI, Führung, Bäume - aber das ganz große Ding für 2025 fehlt.
Über das ganz große Ding für 2025 soll gerade gar nicht groß gesprochen werden: SPD und CDU in Gelsenkirchen planen weiterhin, die Kita-Gebühren für alle Familien in Gelsenkirchen zu streichen, ein entsprechender Antrag wird noch vor Jahresabschluss in den politischen Gremien behandelt. Aber die mehrere Millionen teure Entlastung für tausende Gelsenkirchener führt ein gewisses Eigenleben bei den Verhandlungen für den Haushalt 2025. Auf der Liste mit all den vielen kleinen Ideen, die SPD und CDU, sehr wahrscheinlich erneut mit Zustimmung der FDP und den Grünen, durchbringen werden, sind die wegfallenden Elternbeiträge nicht zu finden. Die Botschaft der Großkoalitionäre: Die Kita-Gebühren sind ein Thema für sich.
Geringer finanzieller Spielraum in Gelsenkirchen – trotzdem große Entscheidungen?
Sie passen auch so gar nicht zu den politischen Vorhaben, die normalerweise zum Ende des Jahres von der Lokalpolitik eingebracht werden. Üblicherweise, und auch dieses Jahr, läuft es so: Eine Liste von über 100 Anträgen wird von Sozialdemokraten und Christdemokraten vorgestellt, einige davon tragen dann auch noch die Handschrift von Grünen und FDP. Selten sind es über 50.000 Euro, die pro Antrag anfallen. Die lange Liste ist insgesamt nur um die zwei Millionen Euro teuer. Und auch wenn das zum „kommunalpolitischen“ und „kleinteiligen“ Charakter der Haushaltsanträge gehört, wie CDU-Chef Sascha Kurth betont, wurde die überschaubare Summe hinter den Anträgen in den letzten Jahren immer auch damit begründet, dass die Stadtfinanzen in Gelsenkirchen ja nun mal auf Kante genäht seien und keine großen Sprünge zulassen würden.
Da waren natürlich Corona und die Energiemangellage, die „großen Krisen“, wie auch der stellv. Fraktionsvorsitzende der SPD, Roberto Randelli betont. Aber da ist auch die Entwicklung, die sich unabhängig von den Extremsituationen jedes Jahr fortsetzt: Die enorme Steigerung der Sozialausgaben, die in Gelsenkirchen längst knapp die Hälfte des 1,4 Milliarden schweren Haushalts ausmachen. Wie die wegfallenden Kita-Gebühren nun in dieses enge Korsett passen? „Wenn es den politischen Willen gibt für eine große Veränderung, dann beschließen wir das“, sagte Sascha Kurth. „Und dann muss die Verwaltung sich eben auch strecken und überlegen, wie man bestimmte Dinge darstellt.“
Heißt: Eigentlich ist doch viel mehr möglich, als man das aus den bisherigen Haushaltsberatungen gewohnt war. Wenn sich denn die Mehrheiten dafür finden lassen.
Künstliche Intelligenz soll Leerung von Altkleidercontainern lenken
Die vielen kleineren Ideen aus der Politik sollen nach Vorstellung von SPD und CDU allerdings auch große Wirkung erzielen. Zu sprechen kommen beide Fraktionen schnell auf die Anträge mit ordnungspolitischem Charakter: Künstliche Intelligenz soll künftig bei der Leerung von Altkleidersammelcontainern zum Einsatz kommen. Die Kosten: 30.000 Euro.
„Aufgrund unterschiedlicher Befüllungen, Leerungsintervallen und anderer Rahmenbedingungen kommt es leider oft dazu, dass Altkleider neben den eigentlichen Containern entsorgt werden. Dies wiederum zieht oft auch Ablagerungen von Gegenständen nach sich, die nicht zum Sammelspektrum gehören“, hält die SPD in einer entsprechenden Anfrage zu ihrem Haushaltsantrag fest. Um dem entgegenzuwirken, soll nun eine Sensortechnik zum Einsatz kommen, die den jeweiligen Füllstand der Container meldet. Mit den 30.000 Euro könnten wohl alle Altkleidercontainer im Stadtgebiet damit ausgerüstet werden.
SPD Gelsenkirchen will „Brauchtum fördern“ und gibt Karnevalistin Extra-Geld
Für besonders erwähnenswert halten die Sozialdemokraten auch einen Haushaltsantrag zum „Ausbau des Stadtgrüns und zur Verbesserung der Klimaresilienz“. Dafür stehen immerhin 100.000 Euro bereit. Einen ähnlichen Antrag kennt man schon aus den vergangenen Jahren. Zusätzliches Geld für Baumpflanzungen bereitzustellen, hat in dieser Wahlperiode Tradition. Mit 15.000 Euro soll auch die durchaus beliebte Aktion „GEpflanzt“ erneut ausgeweitet werden, über die Gelsenkirchener kostenlose Bäumchen erhalten können. Statt 750 sollen dieses Mal 1000 Bäume verschenkt werden. Der Antrag wird von CDU und Grünen unterstützt.
Auch die Street-Art-Offensive, durch die viele sogenannte „Murals“ an den Häuserfassaden in Gelsenkirchen entstanden sind, bezuschussen die Sozialdemokraten (gemeinsam mit den Grünen) wieder mit 30.000 Euro. Ein neues Förderprogramm zur energetischen Sanierung von Gebäuden, welches das stark nachgefragte Solardach-Förderprogramm der Stadt ergänzen soll, wird mit 75.000 Euro mehr ausgestattet als ursprünglich von der Stadt geplant. Sportvereine sollen – quasi als „Inflationsausgleich“ – zusätzlich knapp 60.000 Euro erhalten. Und zur „Förderung des Brauchtums“ soll der organisierte Karneval in Gelsenkirchen mit 20.000 Euro unterstützt werden. Kleingartenvereine dürfen sich sogar über 25.000 Euro zusätzliche Haushaltsmittel freuen.
CDU will Führungskräfte in der Gelsenkirchen Verwaltung gezielter fortbilden
Die CDU-Fraktion hebt besonders hervor, dass sie 50.000 Euro für ein „Assessmentcenter für Referatsleitungen“ durchsetzen konnte. „Viele verwaltungsinterne Strukturen werden nicht effizient genug gestaltet“, sagt Laura Rosen, Vize-Fraktionschefin und OB-Kandidatin. Statt dies als Problem der Sachbearbeiter zu sehen, müsse man an der Führungsebene ansetzen. Diese müssten, so wie in der freien Wirtschaft, permanent geschult werden.
Darüber hinaus sollen 25.000 Euro in den Haushalt eingestellt werden, um Azubis einen Zuschuss zum Führerschein zu ermöglichen. Der Buersche Hockey-Club soll für 125.000 Euro einen neuen Kunstrasenplatz bekommen, der weiterhin auch vom Leibniz-Gymnasium genutzt werden soll (Antrag mit der SPD). Zudem gibt es im Bereich Ordnung und Sicherheit – dem Lieblingsressort der Union – weitere 75.000 Euro, mit denen einerseits die Radartechnik zur Überwachung von Spielplätzen ausgebaut werden soll (15.000 Euro), andererseits die „Überwachung von Müll-Hotspots“ vorangebracht werden soll (50.000 Euro).
Die Haushaltsberatungen seien sicher „kein Selbstläufer“ gewesen, gibt Axel Barton, Fraktionschef der SPD zu. Am Ende könne man dennoch das Signal nach außen geben, dass man in Gelsenkirchen konstruktiv zusammenarbeite. Der Haushaltsplan 2025 soll bei der finalen Ratssitzung des Jahres am 12. Dezember verabschiedet werden.
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