Gelsenkirchen. Die Chefs großer Unternehmen in Gelsenkirchen setzen ein Zeichen und erklären ihre Verbundenheit zur Stadt. Was für Gelsenkirchen spricht.

Googelt man dieser Tage „Gelsenkirchen“ wird man vor allem mit Berichten über das vermeintliche „Shithole“, also Drecksloch, konfrontiert. Die Beschreibung eines englischen Fans verselbstständigte sich im Internet. Und dann war da noch die als Reisewarnung zu verstehenden Aussage eines britischen Fernsehjournalisten, dass in Gelsenkirchen nicht viel zu erleben sei. Denn vom ehemals industriellen Herz Deutschlands sei nicht mehr viel übrig.

Diese Beschreibungen sind in Teilen zwar überzogen und unsachlich, vor allem aber sind sie eigentlich eine riesige Chance. Eigentlich! Denn so viel Aufmerksamkeit wie Gelsenkirchen hat kein anderer Austragungsort der EM bisher bekommen, und das, obwohl die Emscherstadt die kleinste unter den Gastgeberstädten ist. Gelsenkirchen steht einmal mehr im Rampenlicht. Diese über die Landesgrenzen hinausgehende Aufmerksamkeit hätte man nutzen können, um smart, witzig, selbstbewusst ein anderes Bild von Gelsenkirchen zu zeichnen. Doch bis auf einige Privatinitiativen, die in den (sozialen) Medien die Pauschalkritik an Gelsenkirchen aufnehmen und charmant ins Gegenteil zu drehen versuchen, wurde dem „Shithole“-Storm von öffentlicher Seite kaum etwas entgegengesetzt.

Das will die Wirtschaft in der Stadt aber nicht auf sich sitzen lassen und erklärt: „Jetzt erst recht!“

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Schon im Vorfeld der Europameisterschaft hatte die sogenannte „Unternehmens-Elf“, ein Zusammenschluss des FC Schalke 04, von Unternehmen, der Stadt Gelsenkirchen, der Arbeitgeberverbände Emscher-Lippe und der IHK Nord Westfalen, in Gelsenkirchen dreizehn 1,60 Meter große Stahlfußbälle platziert. Die Bälle sollen die Verbundenheit der Institutionen mit Gelsenkirchen symbolisieren. Und um dieses Bekenntnis zu bekräftigen, melden sich die Unternehmenslenker nach den Schlagzeilen der letzten Tage nun nochmal in der WAZ zu Wort:

„Wir haben eine einmalige Chance, Europa und der Welt zu zeigen, dass es hier interessante Unternehmen und Arbeitgeber gibt. Gelsenkirchen ist unser Standort - aus Überzeugung“, erklären die Firmenvertreter. „Wir lieben alle diese Stadt“, sagt etwa Thomas Oexmann, Geschäftsführer des gleichnamigen Eiswaffelproduzenten aus Gelsenkirchen. „Wir wollen dabei helfen, dass Gelsenkirchen auch außerhalb der Stadt ein besseres Image bekommt. Eines, welches die Stadt verdient, weil ein Großteil von uns hier geboren und aufgewachsen ist. Es ist und bleibt unsere Heimat“, betont Oexmann und hebt auch gleich einen der Vorteile Gelsenkirchens hervor: die zentrale Lage im Ruhrgebiet mit exzellenter Anbindung und einer großartigen Infrastruktur.“

Prof. Dr. Uli Paetzel, der Vorstandsvorsitzende der Emschergenossenschaft.
Prof. Dr. Uli Paetzel, der Vorstandsvorsitzende der Emschergenossenschaft. © Olaf Fuhrmann / FUNKE Foto Services | Unbekannt

Ähnlich klingt es auch bei Uli Paetzel, dem Vorsitzenden des Vorstands Emschergenossenschaft/Lippeverband: „Gelsenkirchen ist eine Stadt mit großer Vielfalt und verborgener Stärke; diese müssen wir heben und stärker ins öffentliche Bewusstsein holen. Ich bin in Gelsenkirchen geboren, Kind der Emscher-Lippe-Region und möchte meinen Beitrag dazu leisten, die Lebensverhältnisse hier zu verbessern, grün-blaue lebenswerte Orte zu schaffen, Fortschritte zu erreichen.“

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Ähnlich klingt es auch bei Michael Poschmann (Wessel Gruppe), Lars Baumgürtel (Zinq), Markus Prantl (Müllers Mühle), Stefan Hegmanns (Hegmanns AG), Matthias Eickhoff und weiteren Unternehmern, die allesamt hervorheben, dass die Voraussetzungen in Gelsenkirchen „ausgezeichnet“ sein. Die CEOs schwärmen dabei nicht nur vom Menschenschlag, der offenherzig, direkt und loyal sei. Auch die Anbindung der Stadt „im Herzen Europas“ an Autobahnen, Kanal und Bahn sei ein großer Pluspunkt der Stadt. Die Nähe zu und die Dichte von Universitären, Hoch- und Berufsschulen sei darüber hinaus nahezu einzigartig und von unschätzbarem Wert, sind sich die Unternehmer einig.

Zinq-Chef Lars Baumgürtel.
Zinq-Chef Lars Baumgürtel. © FUNKE Foto Services | Lukas Schulze

Dass man in Gelsenkirchen außerdem relativ günstige Wohn- und Lebenskosten vorfindet und gleichzeitig eine „große Auswahl an Freizeit- und Arbeitsmöglichkeiten in der Stadt und der Region hat“ sei ein weiterer wichtiger Standortfaktor, so Zinq-Chef, Lars Baumgürtel, der auch sagt: „Gelsenkirchen ist einfach liebens- und lebenswert“.

Und auch über Gelsenkirchens Grenzen hinaus gibt es Zuspruch aus den Chefetagen großer Unternehmen: „Gelsenkirchen wird meines Erachtens viel zu häufig unterschätzt. Dabei steckt in dieser Stadt mit ihrer Vielfalt an Kultur, Traditionen und Lebensweisen enorm viel Kreativität und Lebensfreude. Zuletzt habe ich das im Stadion im Spiel England gegen Serbien erlebt: ein herzliches Willkommen, eine einzigartige Atmosphäre, eine tolle Stimmung“, so Pradeep Pinakatt, Geschäftsführer und Arbeitsdirektor der Flughafen Düsseldorf GmbH.