Essen-Altenessen. Dass die Allgemeinheit für die Beseitigung wilder Kippen zahlen müsse, ärgert einen Anwohner. Er fordert Überwachung. Was die Stadt Essen dazu sagt.

Stühle, Matratzen und Kartons türmen sich auf dem Gehweg, dazu Wäscheständer und sogar zwei Kühlschränke. Eine ältere Frau muss kopfschüttelnd ausweichen. Auch Thomas Sterner ärgert sich wahnsinnig über wilde Müllkippen mitten im Stadtteil: „Hier an der Wolbeckstraße ist ein Brennpunkt. Was da einfach so neben den Containerstandort für Altglas und Altkleider gestellt wird, ist an Bodenlosigkeit nicht zu überbieten.“ Der engagierte Altenessener macht Fotos, um die Zustände zu dokumentieren, auch in der Nähe des Allee-Centers und an der Schonnefeldstraße: Regale, Sofas, Säcke mit undefinierbarem Inhalt.

Dabei lässt Sterner auf die Entsorgungsbetriebe nichts kommen: „Die EBE machen eine gute Arbeit.“ Diese helfe aber nur gegen die „Symptome“. In seiner Not wandte sich Sterner an der Ratsausschuss für Anregungen und Beschwerden: „Ich bin nicht mehr bereit, diesen Zustand wahllos und ohnmächtig hinzunehmen.“

Verwaltung: Dauerüberwachung einzelner Standorte durch Essener Ordnungsamt nicht möglich

Wilde Kippen in Altenessen
Den Container-Standort an der Wolbeckstraße bezeichnet Thomas Sterner als „Brennpunkt“. © Thomas Sterner | Thomas Sterner

Auch in einer Bürgersprechstunde der Bezirksvertretung 5 hatte Sterner darum gebeten, die Stadtverwaltung auf die Missstände hinzuweisen. Die BV hatte daraufhin beschlossen, die Verwaltung um konkrete Vorschläge zu bitten, wie der illegalen Müllentsorgung im Bezirk begegnet werden könne. Die Antwort war wort-, aber wenig hilfreich. Eine Dauerüberwachung einzelner Standorte durchs Ordnungsamt sei „neben weiteren Einsatzlagen im Stadtgebiet“ personell nicht möglich.

„Warum werden die Verursacher nicht dermaßen bestraft, dass es wirklich abschreckt? Es geht nur übers Portemonnaie.“

Anwohner Thomas Sterner

Nach den Sitzungen des Ratsausschusses als auch der BV sei bei ihm Ernüchterung eingetreten, so Thomas Sterner: „Das brachte gar nichts. Man hat das Gefühl der Ohnmacht und das macht sauer. Warum wird nur hinterhergeräumt und das Übel nicht bei der Wurzel gepackt? Warum werden die Verursacher nicht dermaßen bestraft, dass es wirklich abschreckt? Es geht nur übers Portemonnaie.“

Wilde Kippen in Altenessen
Auch an der Schonnefeldstraße hat Thomas Sterner eine wilde Kippe fotografiert. © Thomas Sterner | Thomas Sterner

Es könne nicht sein, dass die Allgemeinheit stillschweigend für Müllsünder zahle, nämlich über die Gebühren für Restabfallbeseitigung. Der Gebührensatz pro Liter und Jahr stieg für 2025 von 3,12 Euro auf 3,30 Euro: „Diese Gebühren sind also um 5,77 Prozent erhöht worden. Und das gerade jetzt, wo viele Haushalte eine erhöhte Grundsteuer beklagen.“

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Die Kosten für die Beseitigung wilder Müllkippen mache mehr als zehn Prozent der für 2025 kalkulierten 74,88 Millionen Euro Festpreis für die Restabfallbeseitigung aus: „Hier zieht das Solidarprinzip, wie bei den gesetzlichen Krankenkassen. Die erhöhen auch kräftig.“ Stadtsprecherin Maike Papenfuß bestätigt, dass sich der Aufwand und folglich das Leistungsentgelt an die EBE verringern würde, wenn es weniger verbotswidrige Abfälle zu entsorgen gäbe. Das wirke sich mindernd auf die Abfallgebühr aus.

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Stadt Essen erklärt: Für ein Bußgeld müssen Verursacher bei der Tat beobachtet werden

Aber warum sind die Zahlen bei den Bußgeldern dann so gering? Wo doch eine achtlos weggeworfene Bananenschale mit 100 Euro und ein wild entsorgter Kühlschrank mit 500 Euro Buße belegt werden? Wohlgemerkt stellt schon das „Danebenstellen“ von Kartons an einem Container-Standort eine Ordnungswidrigkeit dar.

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Die städtische Antwort ernüchtert: Hier handele es sich um eine sogenannte „Begehungsordnungswidrigkeit“, sagt Maike Papenfuß: „Oftmals können die Verursacher nicht unmittelbar beobachtet werden, beispielsweise beim Abstellen eines Kühlschranks oder Wegwerfen einer Bananenschale.“ Der Verursacher müsse aber zweifelsfrei feststehen, also beobachtet worden sein. Sonst kein Bußgeld.

Wilde Kippen in Altenessen
Ein weiterer illegaler Müllplatz in der Nähe des Allee-Centers. © Thomas Sterner | Thomas Sterner

Dem gesellschaftlichen Problem des „Litterings“ (also des Wegwerfens oder Liegenlassens kleiner Abfälle im öffentlichen Raum) und der wilden Abfallablagerungen sei lediglich „durch ein einsichtiges Umdenken von innen heraus“ beizukommen, so Papenfuß. Die Kommunen seien auf die Einsicht der Bevölkerung angewiesen: „Eine Patentlösung ist bislang nicht gefunden. Die Stadt Essen wird in ihren Bemühungen um die Stadtsauberkeit jedoch weiterhin einen langen Atem beweisen und nach Lösungen suchen.“

Das reiche nicht, so Sterner: „Eine typisch verwaltungstechnische Antwort.“ Die trage überhaupt nicht zur Lösung des Müllproblems bei, sondern diene nur dazu, sich zu rechtfertigen. Es fehle also offensichtlich der „richtige Wille“, dieses Thema grundlegend anzugehen, schließt er daraus.

Kontrollen und Bußgelder


Wie erfolgreich sind die Kontrollen des Ordnungsamtes in Altenessen? Es liegen Zahlen für das erste Halbjahr 2024 vor.
An 23 Standorten in Altenessen wurden elf Verfahren gegen Müllsünder eingeleitet, dabei kam es sechsmal zu Bußgeldern, insgesamt 542,50 Euro.

Die gesamtstädtischen Zahlen sehen ähnlich aus: Bei 228 Überwachungen wurden 182 Verstöße festgestellt und 95 Bußgeldverfahren eingeleitet. Die Gesamtsumme der festgesetzten Bußgelder belief sich im ersten Halbjahr 2024 auf 11.308 Euro. Zudem gibt es noch ein laufendes Verfahren.

Zwar versuchen Stadt und EBE durch verstärkte Öffentlichkeitsarbeit, für das Thema Stadtsauberkeit zu sensibilisieren. Auf nahezu allen Sammelbehältern weisen Aufkleber darauf hin, dass keine Abfälle abgelagert werden dürfen. Doch diese Hinweise werden oft ignoriert. Somit bleibt es beim ständigen Wegräumen der Verunreinigungen, was den Müll-Sündern wohl auch suggeriert, dass dies zum üblichen Serviceangebot gehört. Ein Teufelskreis.

Thomas Sterner zuckt mit den Schultern: „Und so werden wir wohl weiter mit dem wilden Müll leben müssen, da sich auch zu wenig Menschen finden, um den Druck auf die Stadt zu erhöhen, hier mehr zu unternehmen.“

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