Essen-Altenessen. Ein Altenessener ärgert sich über die Vermüllung im Wohngebiet. Dabei geht es auch um ein Privat-Gebäude. Die Stadt will dem Hinweis nachgehen.
Weit laufen kann Jürgen Hinz nicht mehr: Er wartet vor dem Haus mit seinem Elektroscooter, der es ihm ermöglicht, mobil zu bleiben. Doch seine Augen, sagt er, die seien noch gut: „Schon am Beginn unserer Straße sieht es verboten aus. Man wird mit einer Müllhalde empfangen.“
Der 81-Jährige wohnt am Palmbuschweg in Altenessen, Ecke Helenendamm. Der Senior regt sich darüber auf, dass sich Müllhaufen die Straße entlang türmen und niemand sich kümmere. Er regt eine Saubermachaktion an.
Essener Rentner: Gehwege teilweise durch Müll blockiert
Hinz wurde im März 1943 in Borbeck geboren: „Damals waren die großen Bombenangriffe der britischen Luftoffensive, die als Battle of the Ruhr bekannt wurde.“ Später fuhr Hinz für sein Leben gerne Ski: „Aber mit 60 Jahren hatte ich meine erste Hüftoperation und mit 64 die zweite. Dann mussten schon dreimal Kalkablagerungen entfernt werden, da die am Nerv scheuerten. Ich hatte starke Schmerzen beim Laufen.“ Eigentlich wäre wieder ein Eingriff fällig: „Aber ich möchte nicht mehr in Vollnarkose operiert werden. Da habe ich Angst.“ Seit mehr als zehn Jahren fahre er einen E-Scooter. Doch sein Kassenmodell sei nicht für den Straßenverkehr zugelassen.
Jürgen Hinz übernimmt das Einkaufen, da seine Frau Anna nach einem Unfall nur noch mit Rollator laufen kann. Er möchte zum Netto an der Altenessener Straße und setzt sein Elektromobil in Bewegung. Wenn er auf seinem Weg den Palmbuschweg entlang auf Hindernisse stößt, kann er nicht mal so eben auf die Straße ausweichen, denn nur an wenigen Stellen ist der Bürgersteig abgesenkt.
Und selbst dort stößt er auf unvorhergesehene Probleme. So konnten zum Beispiel Behinderte an der Einmündung der Tiefenbruchstraße wegen einer vor Weihnachten eingerichteten Baustelle den Fußweg nicht mehr nutzen. Erst jetzt, fünfeinhalb Monate später, wurde das Problem „gelöst“: mit einer improvisierten Teerdecke.
Der Rentner rollt bis zu einem offenstehenden Fenster: „Hier ist ein Obdachlosentreff.“ Vorm Fenster liegen ein Teppich und ein Sofa, und das schon länger, weiß Hinz: „Das interessiert aber offenbar auch niemanden.“ An eine Innenwand wurde in großen Lettern gesprüht: „Nich auf dem Boden kacken“. Öfters habe es hier gebrannt und die Feuerwehr habe anrücken müssen, sagt Hinz und zuckt resignierend mit den Schultern: „Ich finde, dass die Stadt solche runtergegammelten Häuser abreißen müsste. Auf Kosten der Eigentümer.“
Auf Anfrage teilt Stadtsprecherin Jacqueline Riedel mit, dass es Sache des Eigentümers sei, sich um die Sicherung und Säuberung des Gebäudes zu kümmern. Probleme an der Immobilie seien der Stadt in der Art noch nicht bekannt gewesen. „Es wird aber nun eine Ortskontrolle geben. Sollte dabei festgestellt werden, dass eine Gefahr von der Immobilie ausgeht, wird der Eigentümer entsprechend gebeten, die Gefahr zu beseitigen.“ Das bedeute entweder Verschluss oder Einzäunung der Immobilie.
Ehemaliger Milchhof Kutel in Altenessen ist heute ein „Lost Place“
Für Hinz, der nun schon seit 35 Jahren hier lebt, gibt es einen „Hauptschuldigen“ am Chaos: „Unser Kutel. Ein Schandfleck. Seit über 20 Jahren eine Ruine.“ Das fast drei Hektar große Grundstück des früheren Milchhofs liegt brach. Es gibt Pläne zur Wiederbelebung mit Gewerbe, Büros, Gastronomie, Hotel und rund 200 Wohneinheiten. Doch die wurden vor zwei Jahren auf Eis gelegt. Das zu erwartende zusätzliche Verkehrsaufkommen werde unweigerlich zu einer weiteren Überschreitung der Grenzwerte bei Lärm und Luft führen.
Dieser Schwebezustand mit einem monumentalen „Lost Place“ lässt offenkundig viele Mitmenschen jegliche Hemmung verlieren, hier wild ihren Müll zu entsorgen, Einkaufswagen und Sperrmüll einfach auf den Gehwegen stehen zu lassen. Was dazu führt, dass behinderte Menschen wie Jürgen Hinz Slalom fahren müssen auf dem Bürgersteig.
Nicht nur der Rentner ärgert sich über die Vermüllung des Palmbuschweges. Wenn man sich den städtischen Mängelmelder anschaut, explodieren die Meldungen förmlich: „Es haben sich wieder sehr viel Müll und Fäkalien angesammelt.“ Oder: „Ständig wird dort Müll, Sperrmüll, etc. hingeworfen und niemand tut etwas. Im Moment auch sehr viele E-Zigaretten-Verpackungen. Seit Wochen schon ist es dort zugemüllt.“ Oder: „Vom Wind verwehte Papier und Kunststoffteile. Es sieht hier inzwischen total verkommen aus. Wer will denn hier noch wohnen?“
Dass sich Beschwerden zum Palmbuschweg häufen, bestätigt auch die Stadt: Der Palmbuschweg gebe „immer mal wieder Anlass für Beschwerden, weil der Eigentümer die Häuser verkommen lässt“, so Jacqueline Riedel. Aktuell würde eine Meldung über einen Rattenbefall im Bereich Palmbuschweg 99-123, und zwei Meldungen zu illegalen Müllablagerungen im Bereich zweier weiterer Häuser vorliegen. Insgesamt habe es zum Palmbuschweg seit Jahresbeginn rund 60 Mängelmelder-Meldungen („inklusive möglicher Duplikate zum gleichen Fall“) gegeben. Zuständig seien dann im Wesentlichen direkt die EBE, das Amt für Straßen und Verkehr und teilweise das Ordnungsamt.
Essener Rentner regt Müllsammelaktion in der Umgebung des Palmbuschwegs an
Jürgen Hinz schaut skeptisch: „Vom Mängelmelder habe ich schon gehört. Aber ich habe gar keinen Computer.“ Im Prinzip sei er auch eher der Typ, der selbst anpacke, doch sein Alter und die Behinderung machten ihm dies inzwischen unmöglich: „Ich kann keine Müllsammlung mehr machen. Aber vielleicht könnte man einen Aufruf starten, dass sich Freiwillige regelmäßig aufmachen, die Umgebung zu säubern?“ Eventuell könne man so auch dem Eindruck entgegentreten, dass die Stadtgesellschaft den Palmbuschweg „aufgegeben“ habe: „Es müsste sich jemand kümmern. Aber alle gucken weg.“
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