Essen-Margarethenhöhe. Sie zierten zwei Torbögen auf der Essener Margarethenhöhe: Katzenpaare des kommunistischen Bildhauers Will Lammert. Wie es mit ihnen weitergeht.
Seit den 1920er Jahren saßen sie auf ihren Torbögen am Robert-Schmohl-Platz und blickten über die Essener Margarethenhöhe: die beiden Katzenpaare des Bildhauers und Keramikers Will Lammert. Natürlich keine echten Tiere, sondern Kunstwerke. Über drei Jahre waren die Keramik-Skulpturen nun zur Restaurierung weg. Jetzt sind beide Paare zurück im Stadtteil, allerdings ist bisher nur eines davon tatsächlich gereinigt und aufgearbeitet worden.
Dieses Paar soll im Laufe des Jahres an seinen Platz auf dem aus Ziegelsteinen gemauerten Torbogen zurückkehren – sobald auch dieser restauriert ist. Das Konzept dafür steht laut Michael Flachmann, Vorstand der Margarethe-Krupp-Stiftung (MKS), schon und ist mit dem Denkmalschutz abgestimmt. Die Arbeiten sollen beginnen, sobald es die Witterung zulässt. Die beiden Torbögen markieren die Zugänge zum Robert-Schmohl-Platz. Eine der Katzen schaute jeweils auf den Platz, die andere nach außen in die Gartenstadt.
Die Katzenskulpturen sind derzeit in der Verwaltung der Essener Stiftung untergebracht
„Beide Skulpturen sind vorerst im neuen Verwaltungsgebäude der Margarethe-Krupp-Stiftung an der Altenau untergebracht“, sagt Michael Flachmann. Witterungseinflüsse hatten den Kunstwerken über Jahrzehnte zugesetzt, sodass eine Überarbeitung dringend erforderlich war. „Die Restaurierung des ersten Katzenpaares hat bereits 20.000 Euro gekostet. Und das zweite Paar ist in einem noch wesentlich schlechteren Zustand. Offenbar wurden die beiden Paare unterschiedlich heiß gebrannt, was sich auf den Erhaltungszustand ausgewirkt hat“, so Flachmann.
Die Restaurierung des zweiten Paares würde somit noch teurer. Deshalb wolle man nun abwarten, inwieweit über das Landesamt für Denkmalpflege die beantragten Zuschüsse für die Arbeiten zu erwarten seien. „Danach entscheiden wir dann, ob es die Sache wert ist oder ob nur das eine Katzenpaar wieder angebracht wird“, so der MKS-Vorstand. Auch über eine Nachbildung des zweiten Paares könne man nachdenken.
Die Sanierung des ersten Paares sei in Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalschutz und der städtischen Denkmalbehörde in einem Betrieb am Landschaftspark Duisburg-Nord erfolgt. Die Katzenpaare sind mit ihren rund 150 Kilogramm nicht gerade Leichtgewichte. Sie sind jeweils 95 Zentimeter lang und 50 Zentimeter breit und mussten per Hubsteiger von ihrem angestammten Platz über den Torbögen entfernt werden.
Die Kunstwerke aus Ton waren in der Vergangenheit schwarz gestrichen worden
In der Vergangenheit waren die Katzen schwarz gestrichen worden, sodass im Zuge der Arbeiten zunächst die Farbe vorsichtig gelöst werden musste, um die darunter liegende blaue Glasur nicht zu beschädigen. Warum man die Skulpturen damals angestrichen habe, sei unklar, so Flachmann. Ob es dem Zeitgeist geschuldet war oder zur NS-Zeit die Werke des für seine kommunistische Gesinnung bekannten Künstlers quasi unsichtbar gemacht werden sollten, lasse sich heute nicht mehr eindeutig nachvollziehen. Gerade zur Zeit des Nationalsozialismus waren viele Kunstwerke Will Lammerts zerstört worden.
Inzwischen meldet sich ein Anwohner mit anderen Informationen zum Anstrich der Skulpturen: Heinz Kaschulla beschäftigt sich seit vielen Jahren intensiv mit der Geschichte der Margarethenhöhe, wo er seit Jahrzehnten lebt. Seit 1988 wohnt er am Robert-Schmohl-Platz und kann sich an die Streichtaktion erinnern. Die Katzenpaare seien in den 1980/90er Jahren sehr unansehnlich geworden und hätten einer Restaurierung bedurft „Aber niemand schien zu wissen, was für die Oberfläche verwendet wurde und wie die bläuliche Farbe zustande kam“, so Kaschulla. Der beauftragte Bauunternehmer habe versucht, die sich auflösende Oberfläche zu retten und den Katzenpaaren den dunklen Anstrich verpasst, erinnert sich Kaschulla.

Im Zuge der aktuellen Arbeiten an den Kunstwerken kümmerten sich Restauratoren und Denkmalschützer „nun erst einmal liebevoll um Katzenpaar Nummer eins, welches noch besonders gut erhalten ist und nach einer Abstrahlung mit Glasperlen sogar wieder geheimnisvoll in Blau leuchtet“, wie es auf der Homepage der Margarethe-Krupp-Stiftung heißt.
Einige Stellen an den Kunstwerken aus gebranntem Ton besserten die Experten so dezent wie möglich aus. Die beiden Katzenpaare gelten durchaus als außergewöhnlich. So äußerte sich Susanne Carp, Denkmalpflegerin und Keramikrestauratorin, in der Mitgliederzeitschrift der MKS zu den Kunstwerken: „Es ist etwas Besonderes und eines der wenigen Werke des Künstlers, das noch da ist.“
- Die Lokalredaktion Essen ist auch bei WhatsApp! Abonnieren Sie hier unseren kostenlosen Kanal: direkt zum Channel!
Der Bildhauer Will Lammert (1892-1957) lebte und arbeitete von 1922 bis 1933 auf der Margarethenhöhe. Lammert gehörte zur dortigen Künstlerkolonie, die als künstlerisches Experiment gedacht war und in den 1930er Jahren aufgelöst wurde. Von ihr existiert heute nur noch die Keramikwerkstatt Margaretenhöhe, die auf Zeche Zollverein beheimatet ist. Lammert war ihr Mitbegründer und Leiter, er schuf in Essen viele Skulpturen an öffentlichen Gebäuden.
Der Bildhauer lebte und arbeitete einige Jahre in der Essener Künstlerkolonie
2019 jährte sich zum 100. Mal die Gründung des Kleinen Atelierhauses auf der Margarethenhöhe, das die Stifterin der Gartenvorstadt, Margarethe Krupp, für den Künstler Hermann Kätelhön bauen ließ. Es war die Keimzelle eines Künstlerkreises, zu dem neben Kätelhön vor allem die Bildhauer Joseph Enseling, Will Lammert und Richard Malin, die Maler und Grafiker Gustav Dahler, Kurt Lewy sowie Hermann und Philipp Schardt, die Goldschmiedin Elisabeth Treskow, die Buchbinderin Frida Schoy und der Fotograf Albert Renger-Patzsch gehörten. Ihr Wirken wurde 2019 mit der Ausstellung „Aufbruch im Westen“ des Ruhr-Museums gewürdigt.
Vor Jahren war in der Bezirksvertretung 3 für den Essener Westen ein politischer Streit entbrannt, weil SPD und Grüne den Vor- und Innenplatz des Südwestfriedhofs nach Will Lammert benennen und ihn damit ehren wollten. Das stieß jedoch bei der CDU auf Widerstand wegen der kommunistischen Gesinnung des Bildhauers. Am Ende stellte sich heraus, dass das Gremium wegen der überörtlichen Bedeutung des Platzes gar nicht für die Benennung zuständig war und man einigte sich auf eine Gedenktafel für Lammert, die im Februar 2022 im Eingangsbereich des Südwestfriedhofs enthüllt wurde. Tönerne Skulpturen Lammerts sind am Torbogen im Eingangsbereich des Südwestfriedhofs zu sehen, in der Trauerhalle befindet sich ein großes Relief, der „Segnende Christus“.
Will Lammert war als Soldat im Ersten Weltkrieg schwer verwundet worden
Will Lammert, der eine Lehre als Stein- und Holzbildhauer absolviert hatte, war als Soldat im Ersten Weltkrieg schwer verwundet worden. 1932 trat er der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) bei. Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten emigrierte Lammert 1933 mit seiner jüdischen Frau und den beiden Söhnen nach Paris, wurde aber 1934 aus Frankreich ausgewiesen und floh weiter in die Sowjetunion.
Nach dem Überfall auf die Sowjetunion 1941 wurde Lammert als Deutscher aus der Region Moskau ausgewiesen und in der Sowjetunion in die Verbannung geschickt. Erst 1951 konnte der Künstler aus der Sowjetunion ausreisen und nach Deutschland, in die damalige DDR, zurückkehren. 1957 starb Lammert in Berlin. 1959 wurde ihm posthum der Nationalpreis der DDR verliehen.
- Paracetamol-Challenge: „Kids, seid ihr noch ganz dicht?“
- „Wurst König“: So chaotisch lief es zuletzt in den Filialen
- Dieses Café in Essen bietet den ganzen Tag Frühstück
[Essen-Newsletter hier gratis abonnieren | Folgen Sie uns auch auf Facebook, Instagram & WhatsApp | Auf einen Blick: Polizei- und Feuerwehr-Artikel + Innenstadt-Schwerpunkt + Rot-Weiss Essen + Lokalsport | Nachrichten aus: Süd + Rüttenscheid + Nord + Ost + Kettwig und Werden + Borbeck und West | Alle Artikel aus Essen]