Essen-Fulerum. Bezirksvertreter sind für Ehrung von Bildhauer Will Lammert nicht zuständig. Politische Entscheidung steht weiter aus. CDU-Vertreter uneins.
Die Diskussion um die Benennung des Vorplatzes des Südwestfriedhofs in Will-Lammert-Platz geht weiter. Die Bezirksvertretung ist nicht zuständig, der Hauptausschuss hat das Thema an den Ältestenrat delegiert. Wann der tagen wird, steht noch nicht fest. Der Streit um die Ehrung für den Bildhauer, der in Essen wirkte und Mitglied der kommunistischen Partei war, spaltet auch die CDU.
Die Mehrheitsentscheidung der Bezirksvertretung III für den Namen Will-Lammert-Platz vom November 2019 war ohne Konsequenz geblieben, da das Gremium laut Stadt in dieser Sache keine Entscheidungsgewalt hat. Die Begründung: Der Vorplatz des Südwestfriedhofs sei von überörtlicher Bedeutung, habe außerdem die Adresse Fulerumer Straße 15 b und gehöre damit zur Fulerumer Straße, die ebenfalls als überörtlich einzustufen sei. Zuständig für eine Benennung sei also der Hauptausschuss. Außerdem hätten auf allen 23 städtischen Friedhöfen in Essen die Wege und Plätze keine Namen, so die Verwaltung.
Auch im Hauptausschuss gab es keine Entscheidung
Auch der Hauptausschuss fand allerdings nicht zu einer Entscheidung, sondern schob das Thema in den Ältestenrat. An der Sache war in den vergangenen Monaten schon so mancher Streit entbrannt: Die CDU in der Bezirksvertretung wollte keinen Will-Lammert-Platz, da man keinen kommunistischen Künstler ehren wolle. Auch dem Vorschlag, an den Künstler wenigstens mit einer Gedenktafel zu erinnern, wollten die Christdemokraten in der BV III nicht folgen.
Der Ältestenrat unterstützt den Oberbürgermeister
Der Ältestenrat unter Vorsitz des Oberbürgermeisters wird von den Bürgermeistern und Fraktionsvorsitzenden gebildet. Er tritt auf Verlangen des Oberbürgermeisters oder einer Fraktion zusammen.
Das Gremium unterstützt den Oberbürgermeister bei der Führung der Geschäfte des Rates.
Der Bildhauer Will Lammert (1892-1957) lebte und arbeitete von 1922 bis 1933 auf der Margarethenhöhe. Lammert gehörte zur dortigen Künstlerkolonie, die als künstlerisches Experiment von großer Bedeutung für die kulturelle Entwicklung der Stadt Essen gilt und die in den 1930er Jahren aufgelöst wurde. Von ihr existiert heute nur noch die Keramikwerkstatt Margarethenhöhe, die auf Zeche Zollverein beheimatet ist. Im Rahmen der Ausstellung „Aufbruch im Westen. Die Künstlersiedlung Margarethenhöhe“ im vergangenen Jahr im Ruhrmuseum sei Lammert als Mitinitiator und Mitglied der bedeutenden Künstlersiedlung öffentlich gewürdigt worden.
Die Ehrung für Will Lammert findet viele Fürsprecher. So meldete sich im Vorfeld der Hauptausschuss-Sitzung der Historische Verein für Stadt und Stift Essen zu Wort. Der Vorstand des Vereins habe sich bei seiner letzten Sitzung im Juli einstimmig für die Platzbenennung ausgesprochen.
Werke sind am Südwestfriedhof zu sehen
Dass Lammert den Kommunisten nahe stand, ist unbestritten. Das gelte aber auch für die künstlerische Qualität seiner Werke, so Hans Schippmann, Vorsitzender des Historischen Vereins. Werke von Will Lammert sind noch heute am Südwestfriedhof und auf der Margarethenhöhe zu sehen.
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Schippmann ist der Ansicht, dass mit der Platzbenennung „der vermutlich wichtigste Essener Bildhauer des 20. Jahrhunderts gewürdigt werden soll“. Der Südwestfriedhof sei in dieser Hinsicht eine gute Wahl, weil dort Werke des von den Nationalsozialisten verfolgten und vertriebenen Künstlers demonstrativ vernichtet worden seien, so Hans Schippmann, langjähriger CDU-Ratsherr und Bezirksvertretungsmitglied in der BV II.
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Mit den beiden Scheitelsteinen am Friedhofseingang und dem „Segnenden Christus“ in der Einsegnungshalle seien dort noch zwei bedeutende Werke von Lammert erhalten. Laut Schippmann hätten die Nationalsozialisten damals versucht, den „Segnenden Christus“ von der Wand zu entfernen, hätten aber feststellen müssen, dass ein Abkratzen der Figur nicht möglich war, ohne die komplette Wand zu zerstören.
Für Hans Schippmann hat der Künstler die Menschlichkeit in den Vordergrund gestellt
Für den pensionierten Lehrer Hans Schippmann, der sich nach eigenen Angaben im Rahmen des Studiums der Kunstgeschichte mit dem Bildhauer beschäftigt hat, ist klar: „Will Lammert ist einer der großen deutschen Bildhauer des letzten Jahrhunderts und sollte auf jeden Fall geehrt werden.“ Als junger Künstler sei seine Arbeit durch ein Stipendium in der Villa Massimo in Rom, der Einrichtung zur Förderung deutscher Künstler, ausgezeichnet worden. Auch der Kunstmäzen Karl Ernst Osthaus habe viel von Lammert gehalten.
Schippmann hält die Gleichung „Kommunist gleich Bösewicht“ für zu einfach. Lammert war 1932 in die kommunistische Partei Deutschlands (KPD) eingetreten. Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten emigrierte Lammert 1933 mit seiner jüdischen Frau und den beiden Söhnen nach Paris, reiste dann weiter in die Sowjetunion. 1959 wurde ihm posthum der Nationalpreis der DDR verliehen. „Lammert war kein Stalinist. Er hat die Menschlichkeit immer in den Vordergrund gestellt“, so der Vorsitzende des Historischen Vereins. Mit seinem Plädoyer für die Ehrung von Will Lammert stellt sich der CDU-Politiker klar gegen die Meinung etlicher seiner Parteikollegen.