Essen-Stoppenberg. Geschirr aus der keramischen Werkstatt Margaretenhöhe auf Zeche Zollverein wird seit Jahrzehnten in die ganze Welt verkauft. Ein Besuch.

Die Keramische Werkstatt Margaretenhöhe vermutet nicht jeder im Essener Norden. Doch auf dem Gelände von Zollverein drehen Künstlerin Young-Jae Lee und ihr Team die Töpferscheiben. Der Garten an der Bullmannaue ist ein blühendes Paradies.

Preisgekröntes Geschirr aus Keramik-Manufaktur

Ein Wasserschlauch liegt quer auf dem Weg zur Töpferei. „Wir müssen ordentlich gießen“, sagt Young-Jae Lee. Die aus Seoul (Korea) stammende Keramikkünstlerin hat das Areal um die ehemalige Werkstatt für Schreiner und Elektriker in eine grüne Oase verwandelt. „Als wir 1987 hier eingezogen sind, brachten die Freunde Blumen in Töpfen mit, wie wir es uns gewünscht hatten.“ Die Pflanzen setzten sie in den mageren Boden. „Sie tragen die Namen ihrer Geber“, ergänzt Lee.

Im Schatten des Affenbrotbaums hat Daniela Glattki den Tisch für die gemeinsame Pause gedeckt. Mit dem preisgekrönten Geschirr aus der Manufaktur. Das schlichte Steinzeug wird seit Jahrzehnten in die ganze Welt verkauft. Keine Tasse und kein Teller ist wie der andere. „Alles Unikate“, sagt die Keramikmeisterin, die vor rund 20 Jahren nach Essen kam und gebürtig aus der Nähe von Breslau (polnisch Wrocław) stammt.

Kreatives Miteinander von Leben und Arbeit in Keramik-Werkstatt

„Ich wollte unbedingt hier arbeiten und das Design von Frau Lee kennenlernen“, sagt sie. Ihre Töpferlehre hatte Glattki in Celle absolviert und 2005 die Meisterprüfung abgelegt. Bis heute erfüllt sie ihre handwerkliche Tätigkeit mit Glück. „Wir werden nicht reich, aber wir können davon leben“, sagt die 47-Jährige. Nach und nach erscheinen alle derzeit acht Mitarbeiter zu Kaffee, Tee und Kuchen.

Keramiktöpfe werden in der Essener Werkstatt an der Drehscheibe geformt.
Keramiktöpfe werden in der Essener Werkstatt an der Drehscheibe geformt. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Die Besucher spüren das kreative Miteinander von Leben und Arbeit, von bildender Kunst und Handwerk, das den kreativen Ort umgibt. In hohen Regalen warten Tassen, Teller, Schüsseln, Krüge und Vasen aus Ton auf ihre Vollendung im Ofen. Die Geschirrteile werden gedreht, glasiert und gebrannt. Von der Bauhaustradition begeistert, entwickelte Young-Jae Lee 1986 die bis heute aktuelle Geschirrserie. In jedem Teil stecken Hingabe und Konzentration, aber auch die Liebe zum Werkstoff.

Kaffeebecher aus Westwälder Ton

An einer Töpferscheibe sitzt Estar Halfmann und fertigt mit Fingerspitzengefühl aus einem Block Westwälder Ton einen Kaffeebecher. Die 22-Jährige ist Azubi im zweiten Lehrjahr. Zur Berufsschule musste die Gelsenkirchenerin in ein Kompaktseminar in Heide (Schleswig-Holstein). Denn in ganz NRW bildet nur die Keramische Werkstatt Margaretenhöhe Nachwuchs aus. Aus Münster stammt Martin Barth. Der 24-Jährige studiert Produktdesign und versucht sich ebenfalls in der Herstellung des besonderen Geschirrs. Zunächst übt der Praktikant das Formenziehen. Bis zum ersten Stück im Ofen dauert es.

In der Keramikwerkstatt Margaretenhöhe auf Zeche Zollverein stapelt sich das Geschirr.
In der Keramikwerkstatt Margaretenhöhe auf Zeche Zollverein stapelt sich das Geschirr. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Das Brennen der Keramik sei immer wieder spannend, findet Daniela Glattki. Auf rund 16 Stunden Vorbrand bei circa 960 Grad folgt der Hauptbrand. Dann wandern die glasierten Stücke wieder in den Ofen, um rund zehn Stunden bei 1260 Grad auszuhärten. Nach dem Brennen muss das Keramiker-Team wegen der großen Hitze etwa zwei Tage warten, ehe die große Ofentür geöffnet werden darf.

Zu Besuch in der Keramikwerkstatt von Young-Jae Lee

Künstlerin Young-Jae Lee posiert mit Keramikkunst am m Garten ihrer Keramikwerkstatt Margaretenhöhe auf Zeche Zollverein in Essen-Katernberg.
Künstlerin Young-Jae Lee posiert mit Keramikkunst am m Garten ihrer Keramikwerkstatt Margaretenhöhe auf Zeche Zollverein in Essen-Katernberg. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel
Keramiktöpfe werden an der Keramik Drehscheibe geformt.
Keramiktöpfe werden an der Keramik Drehscheibe geformt. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel
Südkoreanische Kunst der Keramikwerkstatt Margaretenhöhe auf Zeche Zollverein.
Südkoreanische Kunst der Keramikwerkstatt Margaretenhöhe auf Zeche Zollverein. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel
Keramikkunst in der Keramikwerkstatt Margaretenhöhe auf Zeche Zollverein.
Keramikkunst in der Keramikwerkstatt Margaretenhöhe auf Zeche Zollverein. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel
Künstlerin Young-Jae Lee im Garten ihrer Keramikwerkstatt.
Künstlerin Young-Jae Lee im Garten ihrer Keramikwerkstatt. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel
Keramikkunst in der Keramikwerkstatt Margaretenhöhe.
Keramikkunst in der Keramikwerkstatt Margaretenhöhe. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel
Keramikkunst in der Keramikwerkstatt Margaretenhöhe auf Zeche Zollverein.
Keramikkunst in der Keramikwerkstatt Margaretenhöhe auf Zeche Zollverein. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel
Keramikkunst in der Keramikwerkstatt Margaretenhöhe.
Keramikkunst in der Keramikwerkstatt Margaretenhöhe. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel
Keramikkunst in der Keramikwerkstatt Margaretenhöhe.
Keramikkunst in der Keramikwerkstatt Margaretenhöhe. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel
Estar Halfmann arbeitet an der Keramik-Drehscheibe.
Estar Halfmann arbeitet an der Keramik-Drehscheibe. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel
Keramikkunst in der Keramikwerkstatt Margaretenhöhe.
Keramikkunst in der Keramikwerkstatt Margaretenhöhe. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel
Keramik-Suppentöpfein der Keramikwerkstatt Margaretenhöhe.
Keramik-Suppentöpfein der Keramikwerkstatt Margaretenhöhe. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel
Keramikkunst in der Keramikwerkstatt Margaretenhöhe.
Keramikkunst in der Keramikwerkstatt Margaretenhöhe. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel
Shoko Ishioka arbeitet an einem Keramikteller.
Shoko Ishioka arbeitet an einem Keramikteller. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel
Martin Barth arbeitet an der Keramik-Drehscheibe.
Martin Barth arbeitet an der Keramik-Drehscheibe. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel
Estar Halfmann arbeitet an der Keramik-Drehscheibe.
Estar Halfmann arbeitet an der Keramik-Drehscheibe. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel
Das Team um Künstlerin Young-Jae Lee (zweite von links) in der Keramikwerkstatt Margaretenhöhe auf Zeche Zollverein.
Das Team um Künstlerin Young-Jae Lee (zweite von links) in der Keramikwerkstatt Margaretenhöhe auf Zeche Zollverein. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel
Eine Keramiktasse der Keramikwerkstatt Margaretenhöhe auf Zeche Zollverein in Essen-Katernberg.
Eine Keramiktasse der Keramikwerkstatt Margaretenhöhe auf Zeche Zollverein in Essen-Katernberg. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel
Keramikkunst der Keramikwerkstatt Margaretenhöhe.
Keramikkunst der Keramikwerkstatt Margaretenhöhe. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel
Eine Keramikvase der Keramikwerkstatt Margaretenhöhe.
Eine Keramikvase der Keramikwerkstatt Margaretenhöhe. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel
Eine Keramikvase der Keramikwerkstatt Margaretenhöhe.
Eine Keramikvase der Keramikwerkstatt Margaretenhöhe. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel
Handwerker Michael Schmand knetet Ton.
Handwerker Michael Schmand knetet Ton. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel
Keramikkunst in der Keramikwerkstatt Margaretenhöhe auf Zeche Zollverein in Essen-Katernberg.
Keramikkunst in der Keramikwerkstatt Margaretenhöhe auf Zeche Zollverein in Essen-Katernberg. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel
Eine Keramikvase der Keramikwerkstatt Margaretenhöhe auf Zeche Zollverein in Essen-Katernberg.
Eine Keramikvase der Keramikwerkstatt Margaretenhöhe auf Zeche Zollverein in Essen-Katernberg. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel
Eine Keramikteekanne der Keramikwerkstatt Margaretenhöhe.
Eine Keramikteekanne der Keramikwerkstatt Margaretenhöhe. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel
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Aus dem Essener Norden wird das kunstvoll gefertigte Geschirr verschickt. Es leistet vielerorts auch in exklusiven Hotels und Restaurants gute Dienste. Einige Stücke zieren die Sammlungen berühmter Museen in Boston, Chicago, Philadelphia oder Jerusalem ebenso wie in Düsseldorf, Köln, Frankfurt am Main, Nürnberg und München. Sogar im jordanischen Königshaus kommt es auf den Tisch. Das freut die Keramiker. Sie möchten Schönes für den Alltag fertigen, nicht für die Vitrine. Am längsten ist Michael Schmandt im Team. Der Essener machte 1976 seine Lehre bei Helmut Gniesmer und blieb.

Formen und Farben seit Jahrzehnten unverändert

Eine Keramiktasse aus der Werkstatt Margaretenhöhe auf Zeche Zollverein in Essen-Katernberg.
Eine Keramiktasse aus der Werkstatt Margaretenhöhe auf Zeche Zollverein in Essen-Katernberg. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Regelmäßige Öffnungszeiten

Ein Besuch in der Keramischen Werkstatt Margaretenhöhe (KWM) ist Stadtgeschichte. Vor 98 Jahren gründete Margarethe Krupp die Gartenstadtsiedlung, in der auch Künstler ein Zuhause fanden. Bildhauer, Buchbinder, Grafiker, Goldschmiede und Maler lebten und arbeiteten Tür an Tür. Der Hagener Bildhauer Will Lammert war erster Leiter der Keramikwerkstatt. Schon 1933 zog die KWM in ein Zollverein-Gebäude, wechselte aber 1986 den Standort.

Seit 1987 leitet die preisgekrönte Künstlerin Young-Jae Lee die Geschicke der Töpferei an der Bullmannaue 19. Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 9 bis 17 Uhr, samstags auf Anfrage. Infos unter 0201-305080 oder www.kwm1924.de.

Ästhetisch ansprechend und alltagstauglich zugleich, die Formen und Farben sind seit Jahrzehnten unverändert. Neues gibt es nicht. „Bis man die Technik beherrscht, vergehen viele Jahre“, weiß Daniela Glattki. Doch auch die Natur hat Zeit benötigt, sich von der industriellen Vergangenheit zu erholen. „Der Boden war am Anfang schwarz“, ergänzt Keramikkünstlerin Lee. Bahngleise gab es auch, denn das Holz wurde bis zum Tor der vorherigen Schreinerwerkstatt geliefert. Heute gedeihen neben Bäumen und Sträuchern, Rosen, Akazien und viele Wildkräuter auf dem alten Brachland.

Corona hat das Team zum Umbau genutzt. Unter anderem wurde der Verkaufsraum neu gestaltet. Im ehemaligen RAG-Schulungsraum hat nun das ganze Geschirr in neuen Regalen Platz gefunden.