Essen. Weil die Stadt die Wahlscheine spät versendet, bangte Lars Brauer um sein Wahlrecht. Gibt es nun ein Happy End für den Essener mit Wohnsitz L.A.?
Lars Brauer ist gebürtiger Essener und glühender Anhänger der Demokratie: Als solcher möchte er sein Wahlrecht auf jeden Fall wahrnehmen – auch wenn er seit langem in den USA lebt. Dass das Essener Wahlamt die Briefwahlunterlagen für die Bundestagswahl am 23. Februar erst ab dem 6. Februar verschicken wolle, sei für Auslandsdeutsche „viel zu spät“. Der Postweg dauere so lange, dass eine rechtzeitige Rücksendung des ausgefüllten Wahlscheins praktisch unmöglich sei. Express-Sendungen seien vom Gesetzgeber nicht vorgesehen.
Mit regulärer Post würde der Wahlschein wohl erst nach der Wahl in Essen eintreffen
Der Familienvater mit Wohnsitz in Los Angeles hat von seiner Seite alles getan, um an der Wahl teilnehmen zu können: Schon im Dezember 2024 hatte er beim Essener Wahlamt beantragt, ins Wählerverzeichnis eingetragen zu werden. Als er Ende Januar beim Amt nachfragte, bestätigte man ihm den Eingang seines Antrags. Gleichzeitig teilte man ihm mit, dass man mit dem Versenden der Wahlunterlagen noch nicht begonnen habe.
Dass der Versand erst zwei Wochen später starten sollte, beunruhigte Brauer: Im besten Fall sei eine Sendung von Deutschland in die USA sechs Werktage unterwegs, in die andere Richtung müsse man zehn Kalendertage veranschlagen. Minimum. „Die Unterlagen würden frühestens in der Woche nach der Wahl in Deutschland eintreffen.“ Er wäre seines Wahlrechts beraubt.
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„Es scheint mir aus verfassungsrechtlicher und demokratischer Sicht hochgradig bedenklich, dass Auslandsdeutsche durch den späten Versand faktisch von der Wahl ausgeschlossen werden“, sagt Brauer. Auch sei er gewiss nicht der einzige, dem es so gehe. Stadtsprecherin Silke Lenz bestätigt, dass rund 1000 Auslandsdeutsche beim Wahlamt Briefwahlunterlagen für die Bundestagswahl beantragt haben: 700 von ihnen leben in Europa, 300 im außereuropäischen Ausland. Insgesamt rechne die Stadt mit rund 100.000 Briefwählern.
Stadt sieht keine Möglichkeit, die Unterlagen früher zu verschicken
Silke Lenz verweist darauf, dass Essen beim Versand der Unterlagen an vorgegebene Fristen gebunden sei: „Wahlämter haben hier keine Möglichkeit, selber zu entscheiden.“ Auch bei der vorgezogenen Wahl seien die Fristen so gesetzt, „dass Staatsbürger die Möglichkeit haben, von ihrem Stimmrecht Gebrauch zu machen“.
„Das ist eine super Entscheidung der Stadt Essen und ein Sieg für die Demokratie.“
Weil er daran zweifelte, bat Brauer das Wahlamt, die Unterlagen mit einem privaten Kurierdienst wie DHL, UPS oder FedEx zu verschicken – und kassierte zunächst eine Absage. Dabei ist ihm sein Stimmrecht gerade jetzt wichtig: Als Deutscher im Ausland habe man eine ganz besondere Perspektive, was das Fremd-Sein in einem anderen Land betreffe. „Und gerade im Hinblick auf den Aufstieg von extremistischen Parteien in Deutschland, den man im Moment sieht, fände ich es ganz extrem wichtig, dass die Gruppe der Auslandsdeutschen an dieser Wahl teilnehmen kann“, erklärte er in der „Lokalzeit“.
„Das ist unsere Demokratie wert.“
Die Anfrage der WDR-Kollegen mag zum Umdenken der Stadt beigetragen haben. Jedenfalls erklärt Stadtdirektor und Wahlleiter Peter Renzel in der Sendung: „Wir übernehmen die Express-Kosten fürs außereuropäische Ausland für den Hinweg, zurück müssen die Wählerinnen und Wähler das selber finanzieren.“ Man trage die Kosten nicht nur für Brauer, sondern für alle betroffenen Auslandsdeutschen. Alles in allem rede man über Kosten von 30.000 Euro. „Das ist unsere Demokratie wert.“
Essener hofft, dass andere Städte dem Beispiel seiner Heimatstadt folgen
Lars Brauer hat der Stadt noch einen Hinweis auf einen vergünstigten Express-Tarif zukommen lassen und glaubt, dass sich die Gesamtkosten so noch deutlich verringern lassen. Er freue sich über die „tolle Nachricht“ aus seiner alten Heimat und hoffe, dass viele Städte dem Beispiel folgen. „Das ist eine super Entscheidung der Stadt Essen und ein Sieg für die Demokratie.“
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