Essen/Duisburg. Auf einer Uni-Toilette in Essen wurde offenbar gefilmt. Studentinnen sind alarmiert. Jetzt sollen sie auf den Klos besser geschützt werden.

Verwackelte Videobilder. Wände einer Toilettenzelle. Weiße Kacheln, ein Waschbecken, eine graue Tür. Eine Frauenstimme kreischt und schreit: „Hilfe! Hilfe!“ Ein junger Mann läuft ins Bild, sein Gesicht ist deutlich erkennbar, auf dem Kopf trägt er eine schwarze Mütze, in der linken Hand einen schwarzen Rucksack. Das Schreien wird schriller. Der Film reißt ab.

Das Video kursiert auf sozialen Medien, wo es schon etliche Male geteilt wurde. Aufgenommen wurde es wohl auf einer Frauentoilette auf dem Essener Campus der Universität Duisburg/Essen (UDE). Es dokumentiert einen Vorfall, der an der Uni gerade für Unruhe sorgt und auch in Chats eifrig diskutiert wird. Eine Studentin soll auf dem Klo eine installierte Minikamera entdeckt haben, angeblich im Gebäude R 11. Das Handyvideo soll den mutmaßlichen Täter zeigen. In Chats wird dazu aufgerufen, das Video zu verbreiten, was offenbar schon vielfach geschehen ist.

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Auf einer Toilette der Uni Duisburg/Essen gefilmt: Frau erstattete Anzeige

Was genau ist passiert? Die Polizei äußert sich sehr zurückhaltend. Eine Sprecherin bestätigt auf Anfrage dieser Redaktion nur, dass eine Frau in der vergangenen Woche Anzeige erstattet hat, weil sie auf der Toilette der Uni Duisburg/Essen gefilmt worden sei. Ermittelt werde jetzt „wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen“. Weitere Einzelheiten möchte die Polizei nicht bekanntgeben, unter Verweis auf Persönlichkeitsrechte.

Der Allgemeine Studierendenausschuss (Asta) der Universität Duisburg-Essen hat am 7. Januar eine Stellungnahme zu dem Vorfall veröffentlicht. Darin wird „konsequentes Handeln gegen Sexualverbrechen“ auf dem Essener Uni-Campus gefordert. Der Asta sei „zutiefst erschüttert“ über den jüngsten Vorfall auf einer Frauentoilette, heißt es weiter. Man sei in engem Kontakt mit der Betroffenen, die das Ganze mutig dokumentiert und Anzeige erstattet habe.

Asta appelliert: Video der Betroffenen nicht weiter verbreiten

Das Opfer habe jedoch klar gemacht, dass sie nicht wolle, dass das kursierende Video weiter online verbreitet wird. Der Asta appelliert daher dringend an jeden und jede, das Material nicht weiter zu teilen. Außerdem fordert die Studierendenvertretung die Universitätsleitung auf, der Sicherheit auf dem Campus oberste Priorität einzuräumen und sich öffentlich zu dem Vorfall zu äußern. Wörtlich heißt es: „Darüber hinaus verlangen wir die Entwicklung eines umfassenden Maßnahmenkatalogs, um derartige Vorfälle in Zukunft zu verhindern.“

Die geisteswissenschaftliche Bibliothek am Campus Essen der UDE: In diesem Gebäude soll sich der Toiletten-Vorfall ereignet haben.
Die geisteswissenschaftliche Bibliothek am Campus Essen der UDE: In diesem Gebäude soll sich der Toiletten-Vorfall ereignet haben. © Martin Spletter

Die UDE hat den mutmaßlichen Übergriff zunächst nicht öffentlich gemacht, nur intern thematisiert, was einige Studierende in sozialen Medien heftig kritisieren. Seit Ende vergangener Woche werde in Hochschulgremien darüber informiert, erklärte ein Uni-Sprecher am Mittwoch (15.1.) auf Anfrage dieser Redaktion.

Am selben Tag wurde durch das Rektorat eine Rundmail an alle Hochschulangehörigen verschickt, Studierende und Beschäftigte. Darin steht wörtlich: „In einem der Toilettenräume am Campus Essen ist es zu einer Bedrohungssituation gekommen; eine Studentin hat eine Kamera entdeckt und große, berechtigte Sorge, dass sie oder andere Personen gefilmt wurden. Hierbei handelt es sich um eine Straftat.“

Uni-Leitung: Alle Damentoiletten bekommen verbesserten Sichtschutz

Offenbar ist jetzt erstmals ein konkreter, greifbarer Fall aufgetreten. Die Gleichstellungsbeauftragte der Universität habe schon früher von ähnlichen Verdachtsfällen berichtet, so der UDE-Sprecher. Die Uni habe bereits Maßnahmen ergriffen, um die Privatsphäre in den Toilettenräumen zu gewährleisten, auf dem Essener sowie auch auf dem Duisburger Campus.

Eingang zu einem Damen-WC auf dem Essener Uni-Campus: Innen wurden jetzt die Trennwände mit Brettern verlängert.
Eingang zu einem Damen-WC auf dem Essener Uni-Campus: Innen wurden jetzt die Trennwände mit Brettern verlängert. © Martin Spletter

Seit Herbst 2024 würden die Trennwände in Damentoiletten durch zusätzlichen Sichtschutz verstärkt. Die Umrüstung soll bis zum Jahresende abgeschlossen sein. Derzeit würden alle Toilettenanlagen einmal im Monat auf Manipulationen, mögliche Kameras oder Löcher in Wänden oder Decken überprüft. Auch das Reinigungspersonal sei sensibilisiert worden, in der täglichen Arbeit auf solche Dinge zu achten und sie sofort zu melden.

Essener Studentin: „Man hat schon ein mulmiges Gefühl“

Wie reagieren Studentinnen auf den Vorfall? Einige sind alarmiert. „Man hat schon ein mulmiges Gefühl und fragt sich, ob man gerade beobachtet wird“, sagt eine junge Frau, die am Donnerstagmorgen (16.1.) mit zwei Kommilitoninnen den Essener Campus quert. Dass eine Kamera entdeckt wurde, hätten sie erst Vortag durch die Mail des Rektorats erfahren. Die „gruseligste Toilette“ der Uni, da sind sie sich einig, sei die neben der Caféteria. Tatsächlich ein düsterer Raum, dunkelbraun gekachelt, zu den Klos gelangt man durch zwei Vorräume. „Da hinten hört dich niemand, wenn was passiert“, sagen die drei Studentinnen.

Die Kamera soll im Gebäude R 11 entdeckt worden sein, wo sich die geisteswissenschaftliche Bibliothek befindet. Sie ist täglich bis in den späten Abend geöffnet, bis 22 Uhr. Die Trennwände der Toiletten wurden jetzt mit Brettern verlängert, die bis auf den Boden reichen. Das ist der neue „Sichtschutz“, den das Uni-Rektorat auch in seiner Rundmail erwähnt. Um weitere Vorschläge zum Schutz gegen „angreifende Menschen“ wird ausdrücklich gebeten.

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