Essen. Detlef Hopp und Baoquan Song sind wieder mit der Kamera aufgestiegen, um Essens Wandel zu dokumentieren. Im Visier: Kirchen, Kapellen, Klöster.
Wie sehr sich die Stadt Essen in den zurückliegenden Jahrzehnten verändert hat, erkennt der Betrachter erst mit Abstand. Diesem Prinzip gehorchend sind Detlef Hopp, Essens ehemaliger Stadtarchäologe, und Baoquan Song, Luftbildarchäologe aus Bochum, wieder in einer Cesna gen Himmel gestiegen - bewaffnet mit einer Kamera. „Orte des Glaubens“ lautet der Titel des vierten Bandes, der dabei in der Reihe „Essen im Wandel - 100 Jahre Luftbilder“ entstanden ist.
Nach Fabriken, Zechen, Siedlungen, Burgen und Schlössern haben die beiden Archäologen diesmal Kirchen, Klöster und Kapellen ins Visier genommen. „An Kirchen und Sakralbauten lässt sich zeigen, wie sich unsere Gesellschaft verändert hat“, sagt Detlef Hopp.
Die Evangelische Kreuzeskirche dokumentiert Essens Wandel während der Industrialisierung
Einige Kirchen und Gotteshäuser der Stadt blicken auf eine Jahrhunderte lange Geschichte zurück. Das Münster und die Marktkirche in der Innenstadt sowie die ehemalige Abtei und die Luciuskirche in Werden sind gar über tausend Jahre alt. Andere, wie die 1896 fertiggestellte Evangelische Kreuzeskirche in der nördlichen Innenstadt, zeugen vom Wandel Essens zur Großstadt im Zuge der Industrialisierung und dem damit einhergehenden Zuzug von Arbeitskräften protestantischen Glaubens.
Die Fatih-Moschee in Katernberg wiederum steht für die Zuwanderung aus der Türkei und den wachsenden Anteil von Menschen muslimischen Glaubens seit den 1970er Jahren. Erbaut wurde sie erst im Jahr 1997 auf einer ehemaligen Industriebrache an der Schalker Straße, nachdem der bis dahin von der Gemeinde genutzte Versammlungsort zwei Jahre zuvor durch einen Brandanschlag zerstört worden war.
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Den fliegenden Archäologen kam bei ihrer Arbeit einmal mehr zugute, dass Essen anhand von Luftbildern sehr gut dokumentiert ist. Die ersten Aufnahmen wurden bereits vor 100 Jahren aus einem Zeppelin heraus geschossen. In den 1920er Jahren wurde das Stadtgebiet dann systematisch aus der Luft abfotografiert. Während des Zeiten Weltkrieges nutzten alliierte Flieger Luftaufnahmen für ihre Bombenangriffe. Auch auf diese Aufnahmen können die Archäologen inzwischen zurückgreifen, nachdem die Bilder zunächst lange unter Verschluss lagen.
Manche Essener Kirchen verschwanden von der Bildfläche, so die Pauluskirche in der Innenstadt
Kirchtürme waren für die Bomberpiloten auffällige Landmarken. Viele Kirchen wurden von Bomben getroffen, brannten aus oder stürzten ein. Eindrücklich veranschaulichen historische Luftbilder die schweren Schäden. Einige Kirchen, wie die Essener Münsterkirche, wurden wieder aufgebaut, andere wurden stark verändert wieder aufgebaut. „Ziel war es immer, die Kriegsschäden zügig zu beseitigen und wieder schnell zur Normalität zurückzufinden“, so Detlef Hopp.
Einige Kirchen aber verschwanden für immer von der Bildfläche. So wie die evangelische Pauluskirche in der Innenstadt: Deren Kirchenschiff wurde 1944 bei Luftangriffen zerstört, die Überreste wurden in den 1950er Jahren abgerissen, der noch weitgehend erhaltene Kirchturm gesprengt. An der Stelle der Pauluskirche entstand zwischen 1962 und 1965 das Haus der Evangelischen Kirche. Nach dem Verkauf des Gebäudes wurde daraus der Kennedy Tower.
Auch Kirchen wurden in den vergangenen Jahrzehnten aufgegeben. Die Zahl der Gläubigen ist rückläufig, sowohl die katholische Kirche als auch die evangelische Kirche verlieren Mitglieder. Kirchengebäude werden abgerissen oder umgewidmet. Letzteres gilt auch für das Kloster Schuir. Erbaut zwischen 1934 und 1936 diente es dem Orden der Bamherzigen Schwestern von der heiligen Elisabeth als Rückzugsort. Heute wird das ehemalige Kloster als Flüchtlingsunterkunft genutzt.
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In Band fünf der Reihe geht es um die Folgen der Bombenangriffe auf Essen im Jahr 1943
Der vierte Band von „Essen im Wandel“ ist wieder in Zusammenarbeit mit dem Amt für Geoinformation, Vermessung und Kataster der Stadt Essen und mit Unterstützung des Historischen Vereins für Stadt und Stift Essen entstanden. Auch diesmal haben die Macher einige Luftbilder übereinander gelegt, sodass beim Betrachten der Aufnahmen ein dreidimensionaler Effekt entsteht. Die nötige 3D-Brille gibt es zum Band dazu.
Detlef Hopp und Baoquan Song haben derweil bereits Pläne für Band fünf der Reihe. Dieser wird sich den Zerstörungen Essens während des Zweiten Weltkrieges widmen, anhand von Luftaufnahmen aus dem Jahr 1943, verrät Detlef Hopp.
Band vier, „Orte des Glaubens“ kann ab sofort in gedruckter Form beim Amt für Geoinformation, Vermessung und Kataster der Stadt Essen, Lindenallee 10, 45121 Essen, gegen Übersendung eines rückadressierten Din A4-Freiumschlages (Porto 1,60 Euro) bestellt werden. Die Online-Version und weitere Informationen, auch zu den ersten drei Bänden der Reihe „Essen im Wandel“, finden Interessierte auf der Website Historisches Portal Essen.
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