Essen. Fünf Wochen Weihnachtsmarkt in Essen sind am Montagabend zu Ende. Wir haben uns umgehört, wie es dieses Jahr an den Buden gelaufen ist.
Nach über fünf Wochen Budenzauber, Glühwein- und Bratwurstduft in der Innenstadt: Die Händler des Weihnachtsmarktes in Essen ziehen insgesamt eine zufriedene Bilanz. Allerdings trübte am letzten Wochenende der Anschlag in Magdeburg den Ausklang des vorweihnachtlichen Trubels. Am Samstagabend gab es für die Opfer einen Gedenkgottesdienst im Dom und anschließend eine Gedenkminute auf dem Friedensplatz. „Bei aller Betroffenheit dürfen wir den Kopf aber nicht in den Sand stecken“, verbreitete Schausteller Richard Müller dennoch Zuversicht. Am Montagabend, 23. Dezember, endet der Weihnachtsmarkt. Die Buden haben noch einmal bis 21 Uhr geöffnet.
„Wir haben ein gutes Ergebnis eingefahren und stellen fest, dass wir in Essen sehr beliebt sind“, sagte Glühweinhändler Benjamin Vogel. Auch Richard Müller, der erstmals eine riesige Glühwein-Pyramide auf dem Willy-Brandt-Platz aufgebaut hatte, meinte: „Das Konzept ist komplett aufgegangen. Wir sind sehr zufrieden.“
Stadt Essen ist von Sicherheitskonzept auf dem Weihnachtsmarkt überzeugt
Bei allem positiven Fazit: Der Anschlag von Magdeburg dämpfte die Stimmung auf dem Weihnachtsmarkt merklich. Am Freitag war in der Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt ein Mann mit einem SUV über den Weihnachtsmarkt gerast und hatte ein Blutbad angerichtet. Fünf Menschen starben, etwa 200 wurden teils schwer verletzt.
Die Essen Marketing Gesellschaft (EMG) als Organisator und die Stadt überprüften am Samstagmorgen das Sicherheitskonzept rund um den Weihnachtsmarkt. „Wir nehmen die Situation sehr ernst“, sagte OB Thomas Kufen vor Ort. Das Ergebnis der Kontrolle: Der Markt blieb geöffnet, es musste nur einer der rund 100 Betonklötze, die Attentate mit Fahrzeugen wie in Magdeburg verhindern sollen, versetzt werden.
„Wir haben ein sehr gutes Sicherheitskonzept“, unterstrich EMG-Chef Richard Röhrhoff. Anders als in Magdeburg gebe es in Essen keine offenen Fluchtwege. Sie seien im Notfall zwar passierbar, ansonsten aber mit Einfahrtsperren gesichert. Auch das Security-Personal an den Zugängen zum Weihnachtsmarkt sei in diesem Jahr aufgestockt worden. Für die Sicherheit auf dem Weihnachtsmarkt gibt die EMG eine mittlere sechsstellige Summe aus.
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Deutlich weniger Besucher in der Essener Innenstadt
Dennoch hielten die schreckliche Tat und möglicherweise noch dazu das schlechte Wetter Menschen in Essen am Tag danach von einem Weihnachtsmarktbesuch ab. Der Samstag war der schwächste Besuchersamstag während des Weihnachtsmarktes in diesem Jahr. Das zeigen Zahlen des Portals Hystreet, das die Passantenfrequenzen in deutschen Städten misst. Nur knapp 58.000 Menschen bummelten am Samstag über die Kettwiger Straße. Eine Woche davor waren es noch fast 75.000 gewesen. Der stärkste Samstag war der am ersten Adventswochenende mit über 92.000 Besuchern gewesen.
Auch Richard Müller hätte sich ein ungetrübteres Ende des Weihnachtsmarktes gewünscht. Freitagabend, zur Zeit des Anschlags, seien in Essen noch viele auf dem Weihnachtsmarkt gewesen und hätten die Stimmung bei einem Glühwein genossen. Dass der Markt am Samstag nach der schrecklichen Tat von Magdeburg nicht abgebrochen wurde, hielt er für richtig. „Es muss trotzdem weiter gehen.“ Er vertraue auf das Sicherheitskonzept der EMG und der Stadt, das immer wieder überprüft werde. „Wir und unsere Mitarbeiter stehen ja selbst hier.“
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Viele Holländer und Belgier besuchen den Essener Weihnachtsmarkt
Die EMG geht in diesem Jahr von insgesamt knapp zwei Millionen Besucherinnen und Besuchern aus, die zum Weihnachtsmarkt nach Essen gekommen sind. Das sei eine klare Steigerung zum Vorjahr, sagte Röhrhoff. 2023 waren es etwa 1,5 Millionen Menschen. „Wir haben nicht nur herausragende Besucherzahlen mit dem diesjährigen Markt erreicht, das Feedback von Besuchern und Händlern ist ebenfalls positiv“, so Röhrhoff. „Wir sind äußerst zufrieden.“
Viele Händler heben in diesem Jahr positiv hervor, dass der Weihnachtsmarkt mit den Jahren spürbar internationaler geworden sei. Bei Holländern und Belgiern ist Essen zwar schon länger ein festes Ziel in der Vorweihnachtszeit gewesen, aber das hat sich offenbar nochmals verstärkt. Laut EMG steuerten in der Vorweihnachtszeit 200 Busse aus Deutschland und den Benelux-Ländern Essen an. Und das sei nur die Zahl der angemeldeten gewesen.
Nach über fünf Wochen Weihnachtsmarkt freuen sich nun auch die Händler über ein paar ruhigere Tage (Müller: „Ein bisschen ist die Luft raus“). Und dennoch blickt Richard Müller schon wieder gern auf den nächsten Weihnachtsmarkt: „Selbstverständlich bin ich wieder dabei. Einen Weihnachtsmarkt ohne Pyramide wird es nicht geben.“
Händler beklagen viele Regentage
Wie lief es dieses Jahr auf dem Essener Weihnachtsmarkt? Das sagen andere Händler:
Den Stand von „Hüte exklusiv“ gibt es seit 40 Jahren. Er bietet Mützen, Hüte und Schals, teils selbst gefertigt an. Die Betreiberin ist mit dem diesjährigen Ergebnis zufrieden. Traurig jedoch stimme sie, dass es auf dem Weihnachtsmarkt immer weniger Kunsthandwerk gebe.
Jacqueline Benna arbeitet beim nostalgischen Karussell auf dem Kennedyplatz. Das Geschäft lief in diesem Jahr „nicht so gut“. Das hänge zum einen mit der Branche zusammen, die sich insgesamt schwer tue, weil die Leute sparten. Zum anderen habe es zu viele Regentage gegeben. Abends sei es dann zwar oft trocken gewesen, „doch da sind nicht mehr so viele Familien auf dem Weihnachtsmarkt“.
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Mit seinen „Warmies“, das sind Kuscheltiere mit einem Wärmekissen im Bauch, hat Jan-André Hellwig ähnlich viel Umsatz gemacht wie im vergangenen Jahr. Seine besondere „Verkaufstaktik“ scheint aufgegangen zu sein: Er fragt Besucher, ob sie sich mal die Hände aufwärmen wollen und drückt ihnen ein vorgewärmtes Tier in die Hand. So komme er schnell mit den Leuten - und potenziellen Käufern - ins Gespräch.
Patrick und Yolanda Bossle verkaufen Flammlachs auf dem Essener Weihnachtsmarkt. Der wird über dem Feuer gebraten und ist ein besonders beliebtes Fotomotiv bei den Besuchern. Seit zehn Jahren ist das Ehepaar dabei und ist nach dem diesjährigen Budenzauber zufrieden, trotz des schlechten Wetters zwischendurch. „Bei 37 Spieltagen kann man Regen nicht immer ausschließen“, nimmt es Patrick Bossle gelassen. Er war froh, dass nach dem Anschlag in Magdeburg der Markt in Essen offenblieb und er weiter seinen Fisch verkaufen konnte. „Die Leute sind tapfer und lassen sich nichts verbieten.“
Dass neben Bratwurst und Fleischspieß auch Vegetarisches gefragt ist, hat Sidney Tusch zufrieden gestimmt. Sie war in diesem Jahr zum ersten Mal mit ihrer Veggie-Hütte auf dem Essener Weihnachtsmarkt. „Wir haben hier eine gute Lücke geschlossen“, sagt die 26-Jährige. Besonders der Gemüse-Mix sei gut angekommen.
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