Essen-Rüttenscheid. Engelbert Kölker ist Essener Kinderarzt und geht jetzt in den Ruhestand. Generationen von Eltern sind mit ihren Kindern in seine Praxis gekommen.

Ein unscheinbarer DIN-A4-Zettel in der Praxis verkündet es: Der Essener Kinderarzt Engelbert Kölker geht in den Ruhestand. Generationen von Eltern haben sich in den vergangenen Jahrzehnten Hilfe, Rat und Einschätzungen bei ihm geholt. Husten, Schnupfen, Fieber, Hand-Fuß-Mund, Scharlach – aber auch schlimmere Krankheiten – sind Alltag von ihm gewesen. „Zum Jahreswechsel sage ich ‚adieu‘ und beende meine berufliche Tätigkeit“, steht auf dem Zettel. Mehr als 40 Jahre hat Kölker als Kinder- und Jugendarzt gearbeitet.

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Seit 2006 gibt es seine Kinderarztpraxis auf der Rüttenscheider Straße, davor war er in einer Gemeinschaftspraxis in der Klarastraße beschäftigt. „Ich habe den Job richtig gerne gemacht“, sagt er kurz vor dem Ende eines langen Berufslebens im Gespräch mit unserer Redaktion.

Rüttenscheider Kinderarzt: „Ohne ein tolles Team ist das nicht zu machen“

Wer seine Praxis an der Rü im zweiten Obergeschoss betritt, kann erahnen, wie fordernd der Job als Kinderarzt ist. Das Wartezimmer ist regelmäßig voll, das Telefon im Empfangsbereich klingelt ohne Unterlass. Es gab mit der Zeit immer mehr zu tun, in einer Praxis in der Kinder behandelt werden ist laut und stressig. U-Untersuchungen, Impfungen, sonstige Einschätzungen, Nachsorge, all das will täglich unter einen Hut gebracht werden. Das war schon immer so. „Ohne ein tolles Team ist das nicht zu machen“, sagt Kölker, der seine Mitarbeiterinnen vor ein paar Jahren sogar zu einem Kurztrip nach Mallorca eingeladen hatte. Mallorca, so hört man, hat es dem 64-Jährigen angetan.

Der Empfangsbereich der Praxis von Engelbert Kölker in der Rüttenscheider Straße 83.
Der Empfangsbereich der Praxis von Engelbert Kölker in der Rüttenscheider Straße 83. © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

Es gibt eine weitere Konstante in all den Jahren. Der Kinderarzt sagt völlig wertfrei und mit viel Verständnis: „Eltern haben schon immer Angst gehabt, etwas falsch zu machen.“ Sein Ansatz sei in all den Jahren immer gewesen, die Eltern zu befähigen, auf ihr Kind zu schauen und dem eigenen Bauchgefühl vertrauen. „Nicht noch mehr Bücher lesen, sich trauen!“, sagt er. „Sie können sich dabei stets darauf verlassen, dass ich Ihnen reinen Wein einschenke.“

Engelbert Kölker ist Wahlessener: „Die Lebensqualität hier ist gut“

Engelbert Kölker stammt aus Stadtlohn im Münsterland. Studiert hat er in Essen und ist der Stadt seitdem treu geblieben, lebt in Bredeney, und sagt längst: „Ich bin überzeugter Wahlessener, die Lebensqualität hier ist gut.“ Privat spielt er gerne Tennis, mag Skifahren, fährt viel Fahrrad, hat selbst zwei Söhne. Während seiner beruflichen Karriere war er elf Jahre lang der Sprecher der hiesigen Kinderärzte, habe auch ein gutes Verhältnis zu städtischen Behörden und Polizei und Justiz gehabt.

Was der 64-Jährige in an seinem Beruf aber besonders schätzt, sei die Vielfalt der Menschen gewesen, mit denen er jeden Tag zu tun gehabt habe: „Von der Teenager-Mutter bis zur Bredeneyer High Society – ich habe alle betreut.“ Täglich habe er mit Menschen unterschiedlichen Hintergrunds gearbeitet. Diese Diversität sei für ihn sehr bereichernd gewesen, er habe immer dazulernen können.

Engelbert Kölker spricht von „Quantensprüngen“ in der Medizin

Viele Erinnerungen hat Engelbert Kölker in seinen mehr als 40 Jahren als Kinderarzt gesammelt. Ein Ereignis aus der jüngeren Vergangenheit, hat ihn besonders gefreut. „Kürzlich hat ein Kind Abitur gemacht“, erzählt Kölker. „bei dem früher eine postnatale Hirnfehlbildung festgestellt wurde.“ Damals habe es geheißen, dass das Kind keine Zukunft hat. Es sollte zum Glück ganz anders kommen, der Kontakt zu dieser Familie sei nicht abgebrochen.

In seiner Karriere hat die Medizin große Fortschritte, Kölker spricht von „Quantensprüngen“, denkt dabei an viele Dinge. Am eindrücklichsten ist vielleicht die Entwicklung bei Frühchen: „Damals wurde in der 29. Woche um Kinder gekämpft, heute in der 24.“ Zur generellen Entwicklung sagt er: „Als ich angefangen habe, gab es drei oder vier Kinderimpfungen. Heute machen wir viel, viel mehr.“ Wer übrigens denkt, seit der Corona-Pandemie sei die Zahl der Impfgegner gestiegen, irre sich. „In den 90er Jahren war das mit den impfskeptischen Menschen viel schwieriger“, sagt der 64-Jährige.

Wie geht es weiter mit seiner Praxis an der Rüttenscheider Straße, Hausnummer 83? Der Betrieb läuft weiter, nur ohne den ehemaligen Chef. Das Steuer wird mit dem Start des neuen Jahres vollverantwortlich Dr. Katrin Wand übernehmen. Für Eltern und Kinder ist die Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin keine Unbekannte, weil sie neben Engelbert Kölker schon jahrelang in der Praxis angestellt war. „Sechseinhalb Jahre haben wir eine Sprache gesprochen“, sagt der 64-Jährige. „Das ist so beruhigend wie nur irgend möglich.“

Was fängt der ehemalige Chef mit so viel dazugewonnener Freizeit ab dem 1. Januar an? „Ich fühle mich fit und will noch vieles machen.“ Das dürfe aber gerne in Ruhe geschehen. Er freut sich unter anderem auf lange Fahrradtouren zusammen mit seiner Frau. Engelbert Kölker erzählt, dass sie bereits am Rhein entlang bis nach Österreich gefahren sind. Mal schauen, wo es bald hingeht.

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