Essen. Rund 11.000 Syrer haben in Essen am Sonntag den Sturz von Baschar al-Assad gefeiert. Viele Menschen haben nun Fragen – hier einige Antworten.

11.000 Menschen haben den Sturz des Assad-Regimes am Sonntag (8.12.) in der Grünen Mitte gefeiert. Die spontane Versammlung von Abertausenden Syrerinnen und Syrern dürfte bundesweit die größte ihrer Art gewesen sein. Auch die zahlreichen Autokorsos zeigten anschaulich, wie groß die syrische Community in Essen ist. Kritische Diskussionen gab es, weil die Versammlung teilweise über den Weihnachtsmarkt führte. Händler sollen sich bei der Essen Marketing GmbH beschwert haben, dass Besucher so vergrault worden seien.

Wie viel Syrerinnen und Syrer leben in Essen?

Die aktuellsten Zahlen stammen nach Angaben aus dem Rathaus von Ende September. Zu dem Zeitpunkt waren demnach 15.844 Syrer in Essen gemeldet – davon 604 in einer Flüchtlingsunterkunft im Stadtgebiet. Im dritten Quartal 2024 habe sich die Zahl der in Essen lebenden Syrer leicht um 40 erhöht. Rund 4000 weitere Menschen sind laut Stadt Essen Doppelstaatler, sie besitzen die syrische und die deutsche Staatsbürgerschaft. Fast alle Syrer kamen nach dem Jahr 2015 nach Essen, als der Bürgerkrieg zu der großen Fluchtwelle führte.

Wie ist die Erwerbsquote unter den Essener Syrern?

Von den knapp 16.000 Syrern in Essen sind rund 10.000 im Bürgergeldbezug, erklärte Oberbürgermeister Thomas Kufen am Dienstag (10.12.). „Zwei Drittel von ihnen sind aber erwerbsfähig.“ Wenn alle Essener Syrer auch nach den Umwälzungen in Syrien bleiben sollten, müsse von Bund und Land gefordert werden, dass die Versorgung der Menschen mit Transfermitteln nicht an Kommunen wie Essen hängenbleibe, so Kufen.

Der Essener Oberbürgermeister forderte deshalb bereits am Montag (9.12.), dass sich Bundesregierung und Landesregierungen „frühzeitig Gedanken über Rückkehrprogramme machen sollten“.

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In welchen Stadtteilen leben die meisten Syrer in Essen?

Besonders viele Syrer sind nach Angaben der Stadtverwaltung in Altendorf (1.770), Altenessen-Süd (1.339), im Südostviertel (1.080), Katernberg (981), Frohnhausen (945) sowie in Horst (805) gemeldet.

Im Vergleich zur Stadt insgesamt (2,7 %), sei ihr Anteil an der Bevölkerung in den Stadtteilen Fischlaken (8,6 %), Südostviertel (8,2 %), Nordviertel (8,0 %), Altendorf (7,6 %), Horst (7,2 %) und Stadtkern (6,9 %) mit mehr als 5 Prozent „weit überdurchschnittlich“ hoch.

OB Thomas Kufen bei einer Einbürgerungsfeier im Essener Rathaus.
OB Thomas Kufen bei einer Einbürgerungsfeier im Essener Rathaus. © FUNKE Foto Services | Dirk A. Friedrich

Wie ist die demographische Struktur der in Essen lebenden Syrer?

Auf diese Frage gibt eine drei Jahre alte Studie mit dem Namen „Syrische Community in Essen“ Aufschluss (zum PDF-Download). Diese ist zwar nicht aktuell, bietet aber trotz allem einen Eindruck. Demnach handelte es sich bei der syrischen Community in Essen im Februar 2021 „um eine junge, leicht männliche dominierte und erst relativ kurz in Deutschland bzw. Essen lebende Gruppe“.

77 Prozent der Erwachsenen waren Flüchtlinge, 10 Prozent kamen als Ehepartner nach. „Ein kleiner Teil (4%) ist zum Studium oder zur Ausbildung nach Deutschland gekommen und nur jeweils 3% sind als Kind oder als Eltern im Rahmen des Familiennachzugs gekommen“, hieß es. 87 Prozent waren muslimischen Glaubens, davon wiederum 82 Prozent sunnitisch. Christen gab es 6 Prozent. Als Kurden verstanden sich knapp ein Viertel (23%) der Syrer in Essen.

Auch auf den Essener Straßen wurden am Sonntag (8.12.) Fahnen geschwenkt.
Auch auf den Essener Straßen wurden am Sonntag (8.12.) Fahnen geschwenkt. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Wie viele Essener Syrer sind eingebürgert worden?

Stadtsprecherin Silke Lenz erklärte, dass Menschen aus Syrien in Essen, wie bundesweit, die Top 3 der Einbürgerungen anführten. „Menschen aus Syrien, die in der Flüchtlingswelle 2014/2015 gekommen sind, haben die Möglichkeit, sich einbürgern zu lassen“, erklärt Lenz. Voraussetzungen seien, dass keine Straffälligkeit vorliege, ferner Deutschkenntnisse und ein Arbeitsplatz.

Von der Möglichkeit der Einbürgerung haben offenkundig viele Menschen Gebrauch gemacht, wie ja auch die relativ hohe Zahl an Doppelstaatlern belegt. Bei der großen Versammlung in der Grünen Mitte sagten viele Menschen im Gespräch mit der Redaktion, dass sie mittlerweile die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Das führt nun dazu, dass die vor der schwierigen Entscheidung stehen, zurück nach Syrien zu gehen oder in Deutschland zu bleiben.

Können oder konnten Syrer eigentlich abgeschoben werden?

„Derzeit leben 85 ausreisepflichtige Personen aus Syrien in Essen“, sagt Stadtsprecherin Lenz. Teilweise handelt es sich laut Stadt um Menschen, die kriminell wurden. Abschiebungen gab es bislang aber nicht: „Syrerinnen und Syrer, die nach Deutschland gekommen sind, wird ein subsidiärer Schutz zuerkannt. Das bedeutet, dass es keine Abschiebungen nach Syrien gab“, so Lenz. „Im Juli wurde der subsidiäre Schutz durch das Oberverwaltungsgericht Münster jedenfalls in Teilen aufgehoben. Dies hatte bis dato aber kein Konsequenz.“ Das könnte sich nun allerdings ändern.

Video: So feierten die Syrer in Essen

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