Essen. Kinostreifen Winnetou 2 und 3 locken viele Filmliebhaber nach Essen. Auch Mitglieder der damaligen Filmcrew sind dabei, darunter ein Oscar-Preisträger.

Eberhard Quellmelz hat die Stars der Winnetou-Filme zu Lebzeiten fast alle noch persönlich getroffen. Pierre Brice, Karin Dor, Mario Adorf, Gojko Mitic - Quellmelz und seine Frau Britta haben beim Autogrammsammeln praktisch schon mit jedem Darsteller der legendären Filmreihe ein Pläuschchen gehalten. Mittlerweile gehören auch Sohn Jan und Schwiegertochter Jenny zum Fankreis, im Sommer bereisen die beiden regelmäßig die Karl-May-Festspielorte von Bad Segeberg bis Elspe. Am Samstag, 30. November, waren sie zu viert aus Gummersbach angereist, um sich in Essen ein Winnetou-Wochenende der besonderen Art zu gönnen.

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An zwei Tagen wurden im Astra-Kino die Filme Winnetou 2 und Winnetou 3 auf großer Leinwand und in neuer, digitaler 4K-Fassung zu erleben. „Wir wollen das Material der Nachwelt bestmöglich erhalten“, freut sich Stefan von der Heiden über die Restaurierung des Filmmaterials. Der gebürtige Mülheimer gehört zum Kreis eingeschworener Karl-May-Filmfreunde, die das cineastische Erbe sonst von Berlin aus pflegen, inklusive eines stattlichen Winnetou-Kostümfundus.. Essen, erklärt von der Heiden, war in den 1960ern aber ein besonderer Ort der Winnetou-Verehrung. Die Weltpremiere der Filme Winnetou 2 und 3 wurden 1964 und 1965 in der Essener Lichtburg gezeigt.

Die damalige Kinochefin Ilse Menz konnte die Hauptdarsteller des Films „Winnetou 2. Teil“ 1964 in der Essener Lichtburg begrüßen. Mit dabei auch Kinobösewicht Klaus Kinski (re.).
Die damalige Kinochefin Ilse Menz konnte die Hauptdarsteller des Films „Winnetou 2. Teil“ 1964 in der Essener Lichtburg begrüßen. Mit dabei auch Kinobösewicht Klaus Kinski (re.). © Fotoarchiv Ruhr Museum | Willy van Heekern

Und schaut man sich die Wochenschau-Dokumente an, die die Filmfreude als Vorprogramm mitgebracht haben, ahnt man etwas von dem Ausnahmezustand, der damals herrschte. Es sind Bilder von umjubelten Stars, drängenden Zuschauermengen und den Mitgliedern einer Düsseldorfer Truppe namens Sioux Nevada Club, die damals nicht nur Staffage für den Premierenauftritt sein wollen, sondern Kassierer, Kartenabreißer und Tresen-Personal der Lichtburg kurzerhand fesselten, um den Kinobetrieb zu übernehmen. Howgh!

Winnetou-Treffen mit den Akteuren von einst, teils als Pappaufsteller, und langjährigen Fans der Filme (v. li.): Andreas Schuhmann, Stefan von der Heiden, Andreas Bomheuer, Joachim Gitt, Eberhard Junkersdorf, Gerhard Schröter, Christian Hees und Dieter Lojek.
Winnetou-Treffen mit den Akteuren von einst, teils als Pappaufsteller, und langjährigen Fans der Filme (v. li.): Andreas Schuhmann, Stefan von der Heiden, Andreas Bomheuer, Joachim Gitt, Eberhard Junkersdorf, Gerhard Schröter, Christian Hees und Dieter Lojek. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

„Spannend wie der Roman, echt wie die Wirklichkeit. Das gibt es wirklich nur im Kino“, verspricht die Kinowerbung damals den Millionen Winnetou-Fans, die sich mit den Karl-May-Verfilmungen ein Bild vom vermeintlich Wilden Westen machen. Dass der Bär, den der stolze Häuptling der Apachen in Winnetou 2 gleich eingangs mit dem Messer erlegt, aus heutiger Sicht doch arg nach Statist im Fellkostüm aussieht, ficht damals niemanden an. Und darum gehe es auch, zu erkennen, wie Filme gealtert, wie sich die cineastischen Mittel und der Umgang mit Stereotypen verändert haben, sagt Lichtburg-Geschäftsführer Oliver Flothkötter und reagiert damit auch auf die Winnetou-Debatte, die vor zwei Jahren im Kontext von kultureller Aneignung und antikolonialistischer Generalkritik entbrannt war.. „Uns ist es wichtig, Klassiker so zu zeigen, wie sie damals ins Kino gekommen sind und sie nicht von der Leinwand zu verbannen“, sagt Flothkötter. Jeder könne sich so eine Meinung darüber bilden, „wie Filmsprache sich verändert hat“.

Neben den Filmen gab es auch Originalkostüme zu sehen. Tim Oploh, Vivien und Christoph Goumans waren für das Winnetou-Wiedersehen aus Straelen angereist.
Neben den Filmen gab es auch Originalkostüme zu sehen. Tim Oploh, Vivien und Christoph Goumans waren für das Winnetou-Wiedersehen aus Straelen angereist. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Für Christoph Goumans sind die Filme immer noch sehenswert. In Zeiten, in denen sich die Nachrichten von Krieg und Krisen überschlagen, seien Blutsbrüder wie Winnetou und Old Shatterhand und ihr Einstehen für Frieden und eine bessere Verständigung der Völker doch ein willkommener Kontrast. Und deshalb ist er zusammen mit Tochter Vivien und Schwiegersohn in spe Tim Oploh an diesem Vormittag aus dem niederrheinischen Straelen nach Essen gekommen. Begeistert sind die drei auch vom historischen Ambiente des Astra-Kinos: „Da passt alles.“

Im Essener Astra-Kino wurde die frisch restaurierte 4K-Fassung von Winnetou 2 und 3 jetzt vor großem Publikum gezeigt.
Im Essener Astra-Kino wurde die frisch restaurierte 4K-Fassung von Winnetou 2 und 3 jetzt vor großem Publikum gezeigt. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Für manche ist es ein Wiedersehen mit den Helden der Kindheitstage, für manche die erste Begegnung mit Karl Mays Wild-West-Vorstellung. Die neunjährige Josefina Elisabeth aus Düsseldorf ist mit dem Opa zur Matinee gekommen und bestens vorbereitet. Mit dem damaligen Kamera-Assistenten Joachim Gitt und Aufnahmeleiter Eberhard Junkersdorf sind sogar noch zwei der letzten verbliebenen Akteure der alten Filmcrew in Essen zu Gast. „Für die damalige Zeit war das schon sehr aufwendig“, erinnert sich der heute 86-jährige Junkersdorf an die Dreharbeiten im damaligen Jugoslawien. Ihm sei zugute gekommen, dass er schnell Sprachen lernen konnte, berichtet der spätere Oscar-Preisträger („Die Blechtrommel“). Denn auch wenn im Film alle die „Sprache des weißen Mannes“ beherrschen. In der Realität war es dann doch ziemlich hilfreich, Kroatisch zu können.

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