Essen. Oliver Flothkötter und David Schreiber sind das Chef-Duo der Lichtburg und Essener Filmkunsttheater. Welche Neuerungen sie planen.

Dass sie eines Tages den größten Filmpalast Deutschlands und fünf Filmkunsttheater leiten würden, hätten sich Oliver Flothkötter und David Schreiber nicht träumen lassen. Ihre Leidenschaft für das Kino hat ganz unschuldig angefangen. Mit zu Herzen gehenden Filmen. Als Kind sah der eine „Ein Schweinchen namens Babe“, der andere „Zurück nach Hause“. Jetzt sind sie als Geschäftsführer angetreten, um das Lebenswerk von Marianne Menze und ihrem verstorbenen Mann Hanns-Peter Hüster zu erhalten und fit für die Zukunft zu machen. „Man hat Respekt vor der Aufgabe“, sagt David Schreiber.

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Die neue Essener Kino-Leitung erinnert an Hüster und Menze

Sie sind keine Draufgänger, keine Rampenhelden. Sie sitzen gemeinsam in einem mit alten und neuen Möbeln vollgestopften Büro. Sie agieren freundlich, wohl informiert und kalkuliert. Doch Oliver Flothkötter geht auch nach vorn, moderiert Veranstaltungen, spricht mit Filmschaffenden auf der Bühne und mit der Presse. David Schreiber mag das gar nicht. Er ist der Mann fürs Administrative, der sich lieber um Personalführung und Buchhaltung kümmert. Das neue Leitungsduo erinnert an frühere Jahre von Hüster und Menze. Sie sind kompetent und sich für nichts zu schade.

Kino-Betreiber Hanns-Peter Hüster und Marianne Menze, hier 2012, haben die Rettung der Lichtburg und anderer Kinos in Essen mit viel Prominenz und Bürgereinsatz organisiert.
Kino-Betreiber Hanns-Peter Hüster und Marianne Menze, hier 2012, haben die Rettung der Lichtburg und anderer Kinos in Essen mit viel Prominenz und Bürgereinsatz organisiert. © Digital | Frank Vinken | dwb

Doch, wo lernt man das? Sicher nicht nur an der Uni. Die Zwei sind ganz unterschiedliche Wege gegangen. Das begann schon mit dem familiär bedingten Berufswunsch Maurer und Koch. Oliver Flothkötter, aufgewachsen im Münsterland, ließ sich von Kino und Zeitschriften für die Filmwelt begeistern. Eigentlich wollte er selbst Filme machen, erkannte aber schnell: „Es gibt genug Filme. Man muss sie nur zu den Leuten bringen.“ Er studierte Medienwissenschaften und Philosophie in Paderborn, gestaltete unter anderem das Filmprogramm für das Uni-Kino, bevor er 2016 als Assistent der Theaterleitung in der Lichtburg anheuerte: „Ich wollte nie wieder weg.“

Da war David aus Herne bereits aktiv. Er wusste nach dem Abitur nicht, wohin seine Reise gehen sollte. Er hörte auf seine Eltern und machte eine Ausbildung als Bürokaufmann. „Im Nachhinein war das eine sehr gute Entscheidung“, meint er. Dann ging er erstmal auf Reisen nach Australien und Asien, bevor er Medienwissenschaften und Anglistik in Bochum studierte und nebenbei als Servicekraft in der Lichtburg jobbte. „Ich habe den Kinoalltag von der Pike auf erlernt, wurde Schichtleiter, dann Assistent der Theaterleitung“, erzählt David Schreiber.

Oliver Flothkötter stellt sich bereits 2022 dem Blitzlicht unseres Fotografen. Er stellt die 4K-Laserprojektion in der Lichtburg vor.
Oliver Flothkötter stellt sich bereits 2022 dem Blitzlicht unseres Fotografen. Er stellt die 4K-Laserprojektion in der Lichtburg vor. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

„Man wächst mit den Aufgaben“, sagt Oliver Flothkötter. Er lernte beim Uni-Kino, wo man welche Filme bekommt und was die kosten, Marketing und Moderation, bei der Uni-Zeitung Organisation und den Umgang mit Kooperationspartnern. „Das hat mir auf der Planungsebene enorm geholfen“, so der 34-Jährige, der auch Filmfestivals als Aufgabe sehr spannend fand. Aber ein Kino zu leiten, in dieser Verantwortung sahen sich beide nicht. „Als sich zwei Kinobetreiber aus Süddeutschland - nicht viel älter als wir - für die Geschäftsführung vorstellten, war uns klar: Wir können das auch. Marianne hat nur darauf gewartet, dass wir uns entscheiden“, berichtet er.

Seit Juli dieses Jahres sind sie offiziell als Geschäftsführer angestellt und treten mehr und mehr in Erscheinung. Auf Festivals, bei Verleiher-Events und bei Premieren der Lichtburg. Marianne Menze bleibt als Betreiberin und Identifikatonsfigur erhalten. Doch sie bestimmen jetzt mit dem Team, wo es langgeht. Ob sie ein neues Buchhaltungsprogramm einführen, neue Technik installieren oder eine neue Filmreihe starten, sie haben den Hut auf. „Die Bereiche im Kino verändern sich. Die Arbeit muss effizienter organisiert werden. Und wir haben zwei Ausbildungsplätze für Veranstaltungskaufleute eingerichtet“, so David Schreiber.

Das Kino-Leitungsduo

David Schreiber wurde 1985 in Herne geboren, wuchs in Bochum auf. 2004 Ausbildung zum Bürokaufmann. 2012 Studium der Medienwissenschaft und Anglistik (RUB), nebenbei Servicemitarbeiter in der Lichtburg. 2013 bis 2014 Erasmusprogramm an der Universität Wien. Seit 2016 Assistenz der Theaterleitung in der Lichtburg. Seit Juli 2024 Geschäftsführer der Essener Filmkunsttheater GmbH.

Oliver Flothkötter wurde 1990 in Greven geboren, wuchs auf in Nordwalde, Münsterland. Studium Medienwissenschaften und Philosophie in Paderborn. 2012 bis 2023 Mitarbeit und Vorstand beim Uni-Kino in Paderborn; Mitarbeit beim Filmfestival Münster und den SchulKinoWochen NRW. Seit 2016 Assistenz der Theaterleitung in der Lichtburg. Mai 2024 Mitglied der NRW-Jury bei den Internationalen Kurzfilmtagen Oberhausen, ab Juli 2024 Geschäftsführer der Essener Filmkunsttheater GmbH.

Veränderung wird großgeschrieben, das Kino-Abo kommt

Im Tagesgeschäft, den Überblick zu behalten, fordere einen schon, erklärt der 39-Jährige. Das Zukunftsprogramm Kino und damit notwendige staatliche Zuwendungen müssen im Auge behalten werden. Der Mindestlohn steigt. „Die Kinobranche steht unter einem großen Druck“, ergänzt er. Das alles lasse sich zu zweit besser bewältigen. Nach der Anschaffung der 4K-Laserprojektion in der Lichtburg und 2K-Laserprojektion in Eulenspiegel und Filmstudio soll noch im November ein Kino-Abo eingeführt werden.

Veränderung wird auch beim Programm großgeschrieben. „Es gibt schon jetzt mehr Einzeltermine, Sonderveranstaltungen, Filmreihen wie die Wenders-Werkschau, und Kooperationen mit dem Ruhrmuseum. Das Programm soll abwechslungsreicher werden. Es muss nicht mehr drei Mal täglich derselbe Film angeboten werden“, betont Oliver Flothkötter. Für ihn ist es gar keine Frage, ob es Kino noch 2050 geben wird, wenn sie kurz vor der Rente stehen: „Filme brauchen die große Leinwand und die große Gemeinschaft, um zu berühren. Solche Erlebnisse, wie bei ,Alter weißer Mann‘, gibt es nicht auf der Couch“, sagen die jungen Geschäftsführer. „Dass es die Essener Filmkunsttheater dann noch gibt, dafür werden wir hart kämpfen.“

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