Essen. 60 Jahre nach der Welt-Uraufführung in der Lichtburg läuft nun eine restaurierte Fassung der Kinostreifen. In Essen sind nicht nur die Filme von damals zu sehen.
Treffen sich zwei Berliner bei einer Winnetou-Tagung am unteren Niederrhein und werden „Blutsbrüder“. So in etwa beginnt die Geschichte eines ungewöhnlichen Freundeskreises, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, das cineastische Erbe von Karl May zu pflegen und im Zweifelsfall nicht nur gegen das Vergessen, sondern auch gegen antikolonialistische Generalkritik zu verteidigen. Am Samstag, 30. November, und Sonntag, 1. Dezember, jeweils um 11 Uhr, gibt es im Astra-Theater deshalb ein Wiedersehen mit Old Shatterhand und dem Häuptling der Apachen. Die Tatsache, dass die Verfilmungen von „Winnetou 2“ und „Winnetou 3“ nach 60 Jahren jetzt in einer restaurierten, hochauflösenden 4K-Fassung auf den Markt gekommen sind, bringt Fans aus ganz Deutschland und Europa in Essen zusammen .
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In der Lichtburg schließlich sorgten die Welt-Uraufführungen der Winnetou-Streifen 2 und 3 1964 und 1965 für Massenandrang und hysterische Ausnahmesituationen. „Drängen, Klatschen, Schreien. Die Polizei musste ihr Aufgebot verstärken, die Welt-Uraufführung von Winnetou III.. Teil war perfekt“, notierte NRZ-Reporter Ulrich Hinz. Unter den ausgelassenen Premierengästen damals auch: Zehn Hauptgewinner einer Verlosung, die die Zeitung ausgeschrieben hatte. Eine Autogrammstunde mit den Hauptdarstellern lockte als Hauptgewinn.
Die Organisatoren des Treffens 2024 sind guter Hoffnung, dass sich mancher Winnetou-Fan von einst noch an die denkwürdige Vorstellung erinnert. Unter all denen, die den Abend mit Old Shatterhand und dem Häuptling der Apachen nicht vergessen haben, aber auch unter jüngeren Filmfans verlosen die Veranstalter 3 mal 2 Freikarten pro Vorstellung. Und freuen sich auf den Austausch mit weiteren filmverrückten „Bleichgesichtern“.
Etwa zweimal im Jahr trifft sich der Filmkreis, der nach besagter Begegnung am Niederrhein entstand. Man könne sich ja auch mal in Berlin treffen, beschlossen die Filmfreunde Horst Woebs und Gerhard Schröter damals. Mittlerweile kommen bis zu 140 Gleichgesinnte, Männer und Frauen, zu den Veranstaltungen. Auch in Essen freuen sich die Organisatoren schon über Anmeldungen aus der Schweiz, Österreich und Norditalien. Was alle bis heute an den Filmen fasziniert: „Die Werte. Freundschaft. Das Füreinandereinstehen!“
Als sich 2022 die Debatte um den Kinderfilm namens „Der junge Häuptling Winnetou“ entzündete und die Firma Ravensburger zwei begleitende Bücher zurückzog, um mit dem Winnetou-Titel die Gefühle anderer nicht zu verletzen, da rückten sie noch ein bisschen enger zusammen. Den Vorwurf der kulturellen Aneignung und der klischeebeladenen, gar rassistischen Darstellung indigener Völker wollen sie so nicht gelten lassen. Denn auch wenn Karl May mit dem „Wilden Westen“ und den amerikanischen Ureinwohner vor dem Schreiben bekanntlich niemals persönlichen Kontakt hatte, sondern seine Abenteuer im sächsischen Radebeul erfand, habe er doch für ein „positives Bild“ der indigenen Völker gesorgt, sind sich die Veranstalter sicher.
Freundschaft, Gerechtigkeit, Friedenswillen - „die Botschaft passt in jede Zeit“
Kameradschaft, Gerechtigkeit und ein fester Friedenswillen - nirgends sonst kam die Botschaft so gut an, wurden die Filmhelden so verehrt, wie in Deutschland. Die Message sei „zeitlos, es passt in jede Zeit“, sagt der Dortmunder Christian Hees. Dass die Begeisterung für Karl Mays Wild-West-Phantasien noch immer riesig sei, sehe man dabei auch auf Festivals wie den Karl-May-Festspielen. „Bad Segeberg schreibt jedes Jahr Besucher-Rekorde.“
Hier gibt es Tickets für die „Winnetou“-Filme
Zeit für Klassiker: „Winnetou 2“ läuft am 30. November, 11 Uhr, im Astra-Kino an der Teichstraße. „Winnetou 3“ wird am 1. Dezember, 11 Uhr, ebenfalls im Astra gezeigt.
Der Eintritt beträgt 9/erm. 4 Euro. Tickets gibt es online unter filmspiegel-essen.de
Die Veranstalter verlosen für jede Vorführung jeweils 3 mal 2 Karten. Wer an der Verlosung teilnehmen möchte, schreibt eine kurze Mail an redaktion.essen-waz@funkemedien.de. Wer noch eine persönliche Erinnerung an die Welturaufführungen in Essen hat, notiert sie gerne dazu. Die Gewinner der Tickets werden zeitnah benachrichtigt.
Mehr Infos unter filmspiegel-essen.de
Dass der Häuptling der Apachen und sein Blutsbruder Old Shatterhand auch in Essen ihr Publikum finden, dafür sollen nicht nur die Wiederaufführung der zwei 60er-Jahre-Kinostreifen sorgen. „Wir werden nicht nur die Filme zeigen, wir wollen auch noch Mitglieder der damaligen Filmcrew nach Essen holen“, stellt Stefan von der Heiden in Aussicht. Den gebürtigen Mülheimer hat es schon vor Jahren beruflich nach Berlin verschlagen. Die Verbindung zur Heimat und Erinnerung an die Lichtburg aber ist nie verloren gegangen. „Ich bin Anfang der 1970er Jahre mit den Wiederaufführungen der Winnetou-Filme groß geworden“, erinnert sich von der Heiden.
Und so war es für ihn und seine Mitstreiter schnell klar, dass die digitale 4K-Überarbeitung Anlass genug ist, noch einmal an den Ort zu gehen, wo die Fans vor 60 Jahren in dichten Trauben standen, um ihren Idolen Lex Barker, Pierre Brice und Karin Dor zuzujubeln. Auch ein Besuch der aktuellen Kino-Ausstellung „Glückauf - Film ab“ im Ruhr Museum ist schon fest eingeplant.
„Wir werden auch bislang nicht veröffentlichtes Wochenschau-Material von den Premieren zeigen, das die Geschehnisse rund um die Lichtburg einfängt“, erklären die Veranstalter. Ein besonderes Mitbringsel dürften auch die „Goldenen Leinwände“ sein, die die beiden Winnetou-Filme für jeweils drei Millionen Zuschauer erhielten.
Dazu kommen original Filmkostüme, von denen die Winnetou-Fangruppe inzwischen mehrere Dutzend besitzt. Übernommen haben sie die Ausstattung noch von Ilse Wendlandt, der verstorbenen Witwe des bekannten Filmproduzenten Horst Wendlandt, unter dessen Gesamtleitung in den 1960ern mehrere Winnetou-Filme entstanden. Als bekannt wurde, dass Winnetou im dritten Teil schließlich entsprechend der Karl-May-Vorlage in die ewigen Jagdgründe eingehen würde, sorgte das damals für wüste Drohanrufe und einen Proteststurm empörter Fans. Eine schleunigst eingeleitete Wiederauferstehung des edlen Häuptlings konnte den alten Hype allerdings nicht mehr herstellen. Ereignisse, die beim großen Winnetou-Wochenende in Essen auch noch einmal in Vorträgen und Gesprächsrunden behandelt werden sollen.
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