Essen. Zurückgeblättert: Vor 100 Jahren führte die schmale und belebte Kettwiger Straße am früheren Hotel Königshof und am Handelshof vorbei.
Historisch betrachtet zählt der Willy-Brandt-Platz zu den eher jungen Plätzen in Essen. Eine großflächige, mit dem Kennedyplatz vergleichbare Außengastronomie bis in die späten Abendstunden, hat es an dieser Stelle nie gegeben. Und das aus einem naheliegenden Grund: Dem Areal fehlte bislang jegliche Aufenthaltsqualität.
Anfänglich hatte der Platz nicht einmal einen Namen. Die Benennung nach dem früheren Bundeskanzler und Friedensnobelpreisträger Willy Brandt erfolgte im Mai 1994, zwei Jahre nach dem Tod des prominenten sozialdemokratischen Politikers. Sie spiegelt übrigens auch die damaligen Machtverhältnisse in Essen wider. Die Stadt war damals noch SPD-Hochburg.
Mehr zum Thema Königshof in Essen
- Neuer Königshof in Essen hat pünktlich eröffnet
- Sieben Tage geöffnet: Neuer Aldi im Königshof
- Aldi erobert Essener City: Neuer Markt zieht in „Königshof“
- Königshof in Essen: So sieht der Ex-Kaufhof von innen aus
- Brauhaus im Königshof: 365 Tage Oktoberfest-Feeling in Essen
- Löwe vom Kopstadtplatz soll Brauhaus im Königshof übernehmen
Es hat mehr als hundert Jahre gedauert, ehe an dieser immer stärker frequentierten Örtlichkeit am alten Kettwiger Tor in mehreren Etappen überhaupt ein Platz entstanden ist.
Historische Bilder aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg zeigen das Entrée zur Innenstadt noch mit einem völlig anderen Gesicht: Straßenbahnen zuckeln durch die enge Kettwiger Straße, die vom Handelshof auf der einen und dem Grand-Hotel Königshof sowie der alten Hauptpost auf der anderen Seite gesäumt wird. Beide Gebäude sind in den 1930er-Jahren Neubauten gewichen: zuerst der neuen Hauptpost (1930), dann dem Warenhaus Defaka (1937), dessen Fassade die Architekten des neuen Königshofs unübersehbar inspirierte. Stadtplaner nutzen damals die Gunst der Stunde und lassen die neuen Gebäude mehrere Meter zurückspringen. Gleichzeitig wird der Blick auf das markante Eick-Haus freigelegt. Es ist ein schleichender Prozess: Aus der verbreiterten Kettwiger entsteht im Laufe von Jahrzehnten ein Platz.
Obwohl von repräsentativen Gebäuden wie Hauptpost, Handelshof und Eick-Haus gesäumt, war die Fläche nie mehr als ein Durchgangsraum - bis in die 1980er-Jahre noch für den rollenden Straßenverkehr aus Autos und Straßenbahnen, später in verkehrsberuhigten Zeiten dann ausschließlich für Fußgänger. Gemütlichkeit konnte so nicht entstehen. Die Koerfer-Manager vergleichen den alten Willy-Brandt-Platz mit einer „Betonwüste“.
Lebhaft und bisweilen laut wurde es - abgesehen vom Weihnachtsmarkt - auf dem Platz allenfalls, wenn Demonstranten aufzogen: von rote Fahnen schwenkenden marxistischen Grüppchen bis hin zu jungen Fridays for Future-Demonstranten mit Trillerpfeifen. Der neue Königshof mit der damit verbundenen Außengastronomie schafft nicht nur Aufenthaltsqualität, sondern im günstigsten Fall auch eine neue Dynamik. Eine, die durch die neue Citybahn zusätzlich verstärkt werden könnte.
[Essen-Newsletter hier gratis abonnieren | Folgen Sie uns auch auf Facebook, Instagram & WhatsApp | Auf einen Blick: Polizei- und Feuerwehr-Artikel + Innenstadt-Schwerpunkt + Rot-Weiss Essen + Lokalsport | Nachrichten aus: Süd + Rüttenscheid + Nord + Ost + Kettwig und Werden + Borbeck und West | Alle Artikel aus Essen]