Essen-Katernberg. Logos, Schriftzüge, Symbole: Mit 270 Flugobjekten zeichnen die „Flying Stars“ aus Essen-Katernberg Bilder in den nächtlichen Himmel.

Drohnen statt Höhenfeuerwerk: Auf dieses Konzept setzt das Unternehmen „Flying Stars“ aus dem Essener Norden. Bunte Herzen am Nachthimmel, Glocken über dem Weihnachtsmarkt, Schriftzeichen über dem Stadion – „Feuerwerke“ per Flugobjekt sind ein Mega-Trend, haben mit den klassischen Silvesterknallern aber ungefähr so viel zu tun wie ein Luftballon mit einer NASA-Rakete.

Zu sagen, das Geschäftsmodell sei eine Schnaps-Idee von ein paar Freunden gewesen, wäre übertrieben. Doch es entstand zu einer Zeit, in der gefühlt nichts zu laufen schien: während der Corona-Pandemie.

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Fein säuberlich gestapelt stehen zahlreiche Drohnen unter der Treppe im Stellwerk des Zukunftszentrums Zollverein (Triple Z) in Essen-Katernberg. Hier ist der Sitz „Flying Stars“. Es ist ein außergewöhnlicher Arbeitsplatz mit gerade mal 30 Quadratmetern Grundfläche, aber immerhin einem Erdgeschoss und zwei Etagen darüber. Der Rundumblick aus dem Obergeschoss reicht über das komplette Gelände, den Fahrradweg entlang und zur gegenüberliegenden Taubenklinik. Ursprünglich wurde hier im Stellwerk der Schienenverkehr auf Zollverein 4/5/11 geregelt, heute geht es in diesem „Tower“ eher um bekannte Flugobjekte.

Essener Firma: Während Corona wurde die Idee der Drohnenshows entwickelt

Erwin Wilms kontrolliert den Ladezustand der Drohnen. Im Erdgeschoss lagern die Geräte, ganz oben unter dem Dach stehen zwei Schreibtische mit Computern und eine Sitzgruppe für Gäste. Wilms nimmt Platz und erinnert sich an die Anfänge. „Mein Kollege Florian Becker und sein Bruder Patrick betreiben in Gelsenkirchen den VRoom, eine Virtual-Reality-Arcade, die aber wie alles andere auch während Corona geschlossen war. Wir waren ein paar Freunde und haben uns da in dieser Zeit regelmäßig getroffen und gemeinsam Filme geguckt.“ Beeindruckt von großen Drohnenshows in Asien entwickelten sie, quasi aus der Langweile heraus, die Idee, so etwas auch hierzulande anzubieten.

Patrick Becker, Erwin Wilms und Ronja Donsbach (v.l.) freuen sich über ihren neuen Firmensitz im Stellwerk von Triple Z.
Patrick Becker, Erwin Wilms und Ronja Donsbach (v.l.) freuen sich über ihren neuen Firmensitz im Stellwerk von Triple Z. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

„Wir haben Drohnensysteme recherchiert und sind in Frankreich fündig geworden“, erzählt Wilms. „Die französischen Drohnen sind mit nur 300 Gramm schön leicht, weil sie auf die nötigste Technik reduziert sind.“ Im September 2021 gründete Wilms gemeinsam mit den beiden Beckers, Manuel Contreras Hernandez und Ronja Donsbach das Unternehmen „Flying Stars“.

Bis zum ersten echten Auftrag brauchte es dann jedoch noch eine ganze Weile. Denn zunächst musste ein Gründerkredit her. Immerhin kostete seinerzeit eine Drohne etwa 1000 Euro. Insgesamt ein Jahr dauerte zudem die notwendige Genehmigung beim Luftfahrt-Bundesamt (LBA).

Essener fliegen zu runden Geburtstagen und Firmenjubiläen

Mit insgesamt 52 Drohnen ließ sich das Start-up zunächst an der Bochumer Straße in Gelsenkirchen nieder. Ursprünglich hatte man als Kunden vor allem Privatleute im Blick, etwa für runde Geburtstage. Der erste Auftrag Mitte 2022 etwa war ein 60. Geburtstag. Doch die Aufträge – und die Kunden – wurden schnell größer. „Firmen lassen eine Show mit 50 Drohnen designen und sind dann so begeistert, dass es beim nächsten Mal gleich schon eine Nummer größer werden soll.“ Und so begann das Unternehmen zu wachsen. Heute besitzt man 270 Drohnen.

Drohnenshow aus Katernberg

Jeder Show-Ort muss neu genehmigt werden. Um eine Show zu designen und alle Genehmigungen einzuholen, benötigen die „Flying Stars“ eine Vorlaufzeit von mindestens einem Monat.

Die Preisspanne pro Show der richtet sich nach Aufwand, Länge und Anzahl der Drohnen. Eine Basis-Show von sieben Minuten gibt es ab 900 Euro. Aufwändige Shows mit 500 Drohnen liegen jenseits der 50.000 Euro.

Informationen gibt es auf der Internetseite www.flyingstars.art.

Die Flugtests für ihre Shows dürfen die „Flying Stars“ mittlerweile auf der Trabrennbahn Gelsenkirchen absolvieren. Und quasi direkt nebenan liegt das Essener Unternehmenszentrum Triple Z. Als dort vor einigen Monaten das Stellwerk frei wurde, griffen die Geschäftspartner zu. Einer der Vorteile des neuen Firmensitzes: Zum Stellwerk gehört auch eine Rasenfläche. „Da können wir kleinere Tests durchführen, etwa wenn eine Drohne aus der Reparatur zurückkommt“, erklärt Becker. „Hier können wir sie mal zwei, drei Meter hoch fliegen lassen und überprüfen, ob alles funktioniert.“ Umfangreichere Tests in luftigen Höhen finden nach wie vor auf der Trabrennbahn statt.

Das Unternehmen testet die Drohnen in Essen-Katernberg

Ausreichend Platz ist auch für die Kalibrierung vor Ort nötig. „Jede einzelne Drohne bekommt vor dem Start einmal gezeigt, wo Norden ist“, erklärt der 42-Jährige. „Sie bekommt dann die Befehle der Steuerungssoftware über eine Sendeantenne und fliegt stur ihre Pfade ab.“ Da die Drohnen nicht nur fliegen, sondern auch hell leuchten, blinken und die Farbe wechseln können, sind die Akkus nach etwa 15 Minuten an ihren Grenzen – länger dauern auch die meisten „Feuerwerke“ nicht.

Das Team ist gewachsen – auf mittlerweile zehn Personen. Entwickelt wird das Design für die wechselnden Bilder mit einer 3D-Animationssoftware am Computer. Jede Drohne wird dabei als Punkt dargestellt, alle zusammen ergeben das jeweilige Motiv. Das Programm legt das Flugmuster fest und achtet automatisch auf nötige Sicherheitsabstände.

„Die Drohnen haben keine Kameras, keine Entfernungssensoren“, beschreibt Wilms das Procedere. „Die wissen also nicht, wo die anderen Drohnen sind. Die wissen nur, wo sie selbst sind und wo sie hinmüssen.“ Gerade habe es vom Drohnen-Hersteller ein Software-Update gegeben. „Ich glaube, die sind jetzt etwas schneller geworden. Dadurch können wir auch häufiger die Bilder wechseln.“

Fein säuberlich gestapelt sind die Drohnen im alten Stellwerk untergebracht.
Fein säuberlich gestapelt sind die Drohnen im alten Stellwerk untergebracht. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Die kompletten Shows werden inklusive passender Musik zunächst am Computer designt, dann an den Kunden geschickt. Der kann noch Änderungen vornehmen, Wünsche äußern. Und die Kunden sind mittlerweile namhaft: Bekannte Sportartikelhersteller etwa oder große Kosmetikunternehmen lassen sich für Firmenjubiläen Bilder an den Himmel zaubern.

Ein deutscher Autohersteller beauftragte die „Flying Stars“ unlängst, mit 350 Drohnen über dem Wolfgangsee in Österreich die 50-jährige Geschichte eines seiner Modelle in einer spektakulären Zeitreise nachzuzeichnen. Auch bei „Recklinghausen leuchtet“ zeigte das Essener Unternehmen bereits seine Himmelsbilder.

Über 2000 Tonnen Feinstaub gelangen laut Umweltbundesamt jedes Jahr durch Feuerwerk in die Luft. Feinstaub bei einer Drohnenshow? Pustekuchen. Ein Pluspunkt bei Kunden, die mit Nachhaltigkeit werben. „Es entstehen weder Müll noch Lärm. Tiere werden nicht durch Knallerei verscheucht“, erklärt Wilms die Vorteile. „Zudem sind Drohnen komplett wiederverwendbar. Es gibt ganz selten Probleme. Und bisher konnte der Hersteller auch alles reparieren, wir mussten noch keine einzige Drohne wegwerfen.“ Die eigenen CO2-Emissionen kompensieren die Essener zudem über ein Klimaschutzprojekt in Kolumbien, das indigene Völker beim Schutz ihrer Wälder unterstützt.

Die nächsten Drohnen-Events der Essener Firma gibt es in Moers und Aachen

Die Auftragslage für das noch junge Unternehmen ist gut: Dezember und Januar seien ausgebucht gewesen – wenn es dunkel ist, verlangt es die Menschen nach Licht. „Im Juni hatten wir zwölf Shows“, so Wilms, „und im Juli an drei Tagen hintereinander das ,Sea You Festival‘ für elektronische Musik in Freiburg. Das war schon anstrengend.“ Ende August steht ein Event in Moers an, später eines an der Ostsee sowie ein ehrenamtliches Engagement in Aachen.

Deshalb schnaufen die Drohnenflieger jetzt erstmal ein wenig durch, denn die nächste Saison ist nicht weit. Jetzt heißt es erstmal im wahren Wort- wie im übertragen Sinn: Akkus aufladen.

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