Essen-Bergerhausen. Super Stimmung: Bei „11 Freunde – das Heimspiel“ feiern Essener Fans bei der Fußball-EM gemeinsam mit Gästen. Taubenorakel liegt richtig.
Die 22. Spielminute läuft. Von hinten hört man ein geradezu hysterisches „Ja! Ja! Ja!“. Dann zappelt er im ungarischen Netz, der Ball. Und ein ganz profaner Firmenparkplatz in Essen-Bergerhausen verwandelt sich mit „Völlig losgelöst von der Erde“ in eine riesige Chorbühne: Zur Fußball-EM veranstaltet die Agentur TAS ein großes Public Viewing. Alle Spiele mit deutscher Beteiligung werden gezeigt. Das Live-Event findet quasi direkt vor der Haustür der Agentur statt. Ein „Heimspiel“ halt. Mit familiärer Atmosphäre, Biergartenfeeling unter mächtigen Bäumen, frisch gezapftem Pils und Currywurst.
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„Wir holen das Turnier in unser Zuhause“, sagt dazu Thomas Siepmann, Gründer und Hauptgesellschafter der Agentur. Auf zwei LED-Wänden werden die deutschen Partien gezeigt. Sportreporter Uwe Loch stimmt die Fußballfans ein: „Wir hoffen auf ein lautstarkes Publikum, dass die Jungs in Stuttgart unterstützt.“ Zum Lockern der Stimmbänder singen alle erst einmal beim „Seit wir Zwei uns gefunden, oh RWE!“ mit. Die rot-weisse Hafenstraßen-Hymne geht halt immer.
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Acht Leute finden an einem der limitierten Tische Platz. Es gibt ein Zehn-Liter-Fass Bier und Essensgutscheine für die Foodtrucks von „Ruhrfeuer“, die neben der Currywurst auch eine Veggie-Variante im Programm haben. Die Schlange an der Fass-Ausgabe ist lang, mittendrin drei auffällig orangefarbene Trikots. Arjen aus dem niederländischen Apeldoorn ist mit zwei Kumpels angereist, um eine Woche EM-Feeling aufzusaugen: „Wir haben Karten für Spiele in Gelsenkirchen und Dortmund, da haben wir uns ein Hotel in Essen genommen. Fürs Public Viewing wurde uns Bergerhausen empfohlen. Richtig toll hier.“
Die drei Männer wollen ihre Gastgeber supporten: „Die Essener sind alle verdammt nett zu uns, vom Taxifahrer angefangen.“ Seine Freunde Marco (im originalen 1988er Oranje-Trikot) und Nils (modernere Shirt-Variante) zapfen derweil schon mal an und lassen keine Zweifel daran, dass die dreieindrittel Liter Pils pro durstiger Kehle für sie keine allzu große Herausforderung darstellen: „Am Sonntag sind wir erst noch im Stadion und dann geht es heim zu Frau und Kindern.“ Apropos Trikots: Eine kleine Gruppe trägt selbst gefärbte Ungarn-Shirts, das Gros aber kommt in Weiß.
Wer an das Ruhrgebiet, an seine Traditionen und Wahrzeichen denkt, der denkt auch an Bergleute als „Taubenväter“. Deshalb werden Brieftauben „orakeln“, wie denn das Match ausgehen wird. Der erfahrene Brieftaubenzüchter und erfolgreiche Rennstallbesitzer Alois „Alla“ Tack kümmert sich in seinem Mintarder Schlag um über 200 Tauben.
Eine Stunde vor dem Anpfiff lässt Thomas Siepmann mit dem „Flotten August“ und der „Rasanten Hedwig“ zwei Champions los, die zusammen mit anderen heim nach Mintard fliegen. Durch welchen Eingang werden sie schlüpfen? Durch den schwarz-rot-gold beflaggten oder den mit der ungarischen Landesfahne? Die Tiere lassen sich echt Zeit. Letztlich aber sind sie sich einig: Deutschland gewinnt.
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Die IG Rüttenscheid hat gleich drei Tische gebucht und Frank erklärt, warum: „Wir freuen uns, dass Thomas Siepmann das wieder so toll auf die Beine gestellt hat. Vielleicht wird das Sommermärchen noch einmal wahr?“ Christa aus Bredeney sitzt in launiger Runde und ist froh, dass sie draußen gelandet ist: „In der Kneipe wäre es doch nur halb so schön. Hier genießen wir das Spiel und die Sonne.“ Ihre Freundin Doris nickt: „Wir fühlen uns hier sicher und gut aufgehoben. Tolles Publikum hier. Das Ambiente stimmt. Supersache.“
Tickets sind nur online erhältlich
Bei „11 Freunde - das Heimspiel“ an der Max-Keith-Straße 66 stehen kostenfreie Parkplätze zur Verfügung. Von den Haltestellen Töpferstraße und Zeche Ludwig ist es nicht weit. Per Fahrrad anreisende Fans erhalten ein Freigetränk. Es gibt keine Abendkasse, Tickets sind ausschließlich unter www.11freunde-das-heimspiel.de erhältlich.
Gebucht werden können Tische für 199 Euro, inklusive Zehn-Liter-Fass Pils und Gutscheinen für die Foodtrucks. Einzelne Tickets ohne Verpflegung kosten zehn Euro. Auf dem Gelände kann nur bargeldlos bezahlt werden.
An einem anderen Tisch schwelgt man in Erinnerungen. Rolf hat früher bei Coca-Cola gearbeitet und blickt sich gerührt um an alter Wirkungsstätte: „Ich war 30 Jahre hier. Wir sind rund 600 frühere Mitarbeiter, die sich regelmäßig treffen. Wir nennen uns die Coke-Family. Als ich bei euch in der Zeitung gelesen habe, dass hier Public Viewing läuft, habe ich spontan einen Tisch gebucht. Hier mit anderen Ehemaligen zu sitzen und die Nationalelf anzufeuern, macht echt Spaß.“
TAS-Sprecherin Anja Rams hat kurz überschlagen: „Aufgrund der großen Nachfrage haben wir die Platzkapazität noch erweitert. Die Tische waren schnell ausverkauft. Bei den Einzelkarten sind noch wenige Plätze frei. Es werden also 950 Fußballfans gekommen sein. So kann es gerne weitergehen.“ Sollte die deutsche Mannschaft im Achtelfinale erfolgreich sein, geht es in Bergerhausen weiter. Vielleicht sogar bis hin zum Endspiel am 14. Juli? Die Euphorie-Welle ist jedenfalls da und das Publikum singt: „So ein Tag, so wunderschön wie heute“.
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