Duisburg. Wie sollten Politiker mit der in Teilen rechtsextremen AfD umgehen? Das sind die Antworten der Bundestagskandidaten im Wahlkreis Duisburg II.

Bei der Bundestagswahl am Sonntag und der laufenden Briefwahl stimmen knapp 152.500 Wahlberechtigte im Wahlkreis Duisburg II (Bezirke Hamborn, Meiderich/Beeck, Homberg/Ruhrort/Baerl, Duissern) ab. Um Erststimmen und das Direktmandat kämpfen acht Kandidaten und eine Kandidatin. Unsere Redaktion hat ihnen Fragen zu Themen gestellt, die für viele Duisburgerinnen und Duisburger Priorität haben. Hier lesen Sie die Antworten auf diese, Anfang Januar gestellte Frage zum Umgang mit der AfD:

Die AfD will den EU-Austritt und stellt die Nato-Mitgliedschaft infrage. Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf die AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall einstufen, weil das Oberverwaltungsgericht urteilte, es gebe genügend Anhaltspunkte dafür, dass die Partei Bestrebungen verfolge, die sich gegen das Demokratieprinzip und die Menschenwürde bestimmter Gruppen richten. Wie sollte man Ihrer Meinung nach mit der AfD umgehen?

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Kämpfen im Wahlkreis Duisburg II um Erststimmen (von links nach rechts) (oben): Mahmut Özdemir (SPD), Björn Pollmer (CDU), Sascha Lensing (AfD); Mitte: Felix Banaszak (Grüne), Markus Giesler (FDP), Hüseyin Aydin (Die Linke); unten: Peter Römmele (MLPD), Stefanie Kreitz (Freie Wähler), Dietmar Gaisenkersting (Einzelbewerber).
Kämpfen im Wahlkreis Duisburg II um Erststimmen (von links nach rechts) (oben): Mahmut Özdemir (SPD), Björn Pollmer (CDU), Sascha Lensing (AfD); Mitte: Felix Banaszak (Grüne), Markus Giesler (FDP), Hüseyin Aydin (Die Linke); unten: Peter Römmele (MLPD), Stefanie Kreitz (Freie Wähler), Dietmar Gaisenkersting (Einzelbewerber). © FUNKE Foto Services | FUNKE Foto Services

Mahmut Özdemir (SPD): „Die AfD gefährdet mit ihren Forderungen nach einem EU-Austritt und der Infragestellung der NATO-Mitgliedschaft nicht nur unsere Demokratie, sondern auch unser internationales Ansehen. EU und NATO sind Garanten für Frieden, Wohlstand und Sicherheit in Europa. Olaf Scholz’ Abstimmung mit der EU und NATO, besonders bei Russlands Angriff auf die Ukraine, zeigt, dass wir eine deeskalierende Politik mit einem besonnenen Friedenskanzler verfolgen. Die AfD wurde vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft – sie gehört nicht in den Bundestag.“

AfD-Kandidat: ‚Rechtsextremistischer Verdachtsfall‘ „ist politischer Kampfbegriff ohne rechtliche Substanz“

Björn Pollmer (CDU): „Man kann sie inhaltlich entlarven. Sie spricht Probleme an, hat aber für kein einziges Problem eine realistische, umsetzbare Lösung. Man sollte aber auch Wähler der AfD nicht pauschalisierend in eine Ecke stellen, sondern sich um die wirklichen Probleme der Menschen kümmern. Wir als CDU haben das verstanden und erkannt, worauf es jetzt ankommt. Auch ich möchte pragmatische Lösungen und keine ideologischen Scheindebatten. Für mich ist klar, dass wir nicht mit einer Partei zusammenarbeiten, die ausländerfeindlich, antisemitisch ist und verurteilte Straftäter in ihren Reihen hat. Die AfD wäre für unser Land in vielerlei Hinsicht der Abstieg für Deutschland – das kann kein Patriot wollen.“

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Sascha Lensing (AfD): „Die Einstufung als „rechtsextremistischer Verdachtsfall“ ist ein politisch motivierter Kampfbegriff ohne rechtliche Substanz, der allein der Stigmatisierung der AfD dient. Der Verfassungsschutz ist als weisungsgebundene Behörde dem Innenministerium unterstellt. Gleichzeitig zeigt die EU ein absurdes Bild: Das Interview der AfD-Kanzlerkandidatin Dr. Weidel wird von 150 EU-Mitarbeitern überwacht, während Menschen unter immer mehr EU-Bürokratie leiden. Kaufkraftverlust durch steigende Lebenshaltungskosten und wirtschaftliche Stagnation infolge ideologischer Politik treffen Bürger und Unternehmen gleichermaßen. Wir brauchen dringend eine Politik, die den Menschen dient, statt sie zu belasten.“

Grünen-Kandidat: AfD „schürt Angst und Hass, bietet aber keine ernsthaften Antworten“

Felix Banaszak (Grüne): „Die AfD ist eine in Teilen rechtsextreme Partei, die Angst und Hass schürt, aber keine ernsthaften Antworten bietet. Es ist Aufgabe aller Demokratinnen und Demokraten, Hass, Hetze und Menschenverachtung entschieden entgegenzutreten, sowohl im Alltag als auch in Regierungen und Parlamenten. Der Rechtsstaat hat starke Mittel, um sich zu wehren. Extremistische Netzwerke müssen von den Sicherheitsbehörden intensiv beobachtet und Vereinsverbote konsequent ausgesprochen werden. Demokratie hat nur eine Zukunft, wenn sie von einer Gesellschaft getragen wird, die einen gemeinsamen Grundkonsens auf Grundlage des Grundgesetzes pflegt.“

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Dr. Markus Giesler (FDP): „Die AfD ist ein Symptom, und die Ursachen ihres Erfolgs liegen tief. Experten raten zu einem AfD-Verbot, das befürworte ich! ABER: Der Umgang mit dieser Partei gehört auf den Prüfstand. Allein die Tatsache, dass sie als einzige demokratische Partei hier in den Fragen auftauchen ist doch problematisch. Anstatt sie inhaltlich zu stellen, fragen Sie uns, ob wir diesen politischen Mitbewerber verbieten wollen. Dabei ist so leicht aufzuzeigen, wie sie unserer Stadt schadet: Bereits vor 4 Jahren wollten sie ThyssenKrupp nicht subventionieren, ‚wenngleich man an der Dominanz der Billig-Stahlwerke in China oder Indien aus Holfelds Sicht ohnehin nichts ändern könne‘, zu lesen in Ihrer Zeitung vom 6.9.2021.

Freie Wähler-Kandidatin kritisiert „rührselige Rhetorik, die von sinnvoller Politik abzulenken versucht“

Hüseyin Aydin (Linke): „Für mich steht fest, man muss die AfD klar als Bedrohung für Demokratie und Menschenrechte benennen und ihre rechtsextremen Positionen entschieden bekämpfen. Wichtig ist, aufzuklären, dass der EU-Austritt und das Infragestellen der NATO-Mitgliedschaft durch die AfD nicht im Sinne von Frieden oder sozialer Gerechtigkeit stehen, sondern autoritäre, nationalistische Ziele verfolgt. Stattdessen sollte die Linke für eine solidarische, soziale EU und eine Friedenspolitik eintreten, die globale Zusammenarbeit stärkt. Die Nato tut dies nicht. Gleichzeitig gilt es, progressive Alternativen aufzuzeigen, um Menschen für eine demokratische, soziale Politik zu gewinnen und der AfD den Nährboden zu entziehen.“

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Stefanie Kreitz (Freie Wähler): „Für die FREIEN WÄHLER kommt eine Zusammenarbeit mit Parteien wie der AfD auf allen Ebenen des politischen Entscheidens in keiner Weise in Frage. Was aber heißt Kooperation? Den FREIEN WÄHLERN und mir als Bundestagskandidatin missfällt die rührselige Rhetorik mit den Wörtern wie ‚Brandmauer‘ und ‚Mitte‘, die von sinnvoller Politik mit Menschenverstand abzulenken versucht, um populistische Ziele zu erreichen. Kooperation bedeutet für die FREIEN WÄHLER, dass man zusammen diskutiert, gemeinsam Entscheidungen fällt. Das wollen wir mit der AfD in keinem Fall! Kooperation heißt aber NICHT, dass es in Räten und Parlamenten nicht auch zu sinnvollen Entscheidungen von Anträgen der FREIEN WÄHLER oder anderen nicht extremistischen Parteien kommen kann, die dann von Parlamentsvertretern einer AfD z.B. mitgetragen würde.“ (redaktionell gekürzt)

Kurz erklärt: Welche Entlastungen die Parteien versprechen

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    MLPD-Kandidat: „Wer AfD wählt, wählt Faschismus“

    Peter Römmele (MLPD): „Mit der AfD ist der Faschismus in neuer Form wiedergekommen. Sie ist keine Partei der ‚kleinen Leute‘, sondern der reaktionärsten Kreise des Großkapitals. Ihr Kurs bedeutet Umweltkatastrophe, Kriegsvorbereitung, Entlastung der Reichen und Superreichen, Zerschlagung demokratischer Rechte. Ihr Vorbild Trump ist weltweit Brandbeschleuniger dieser Entwicklung. Wer AfD wählt, wählt Faschismus – und wer nach dem Dammbruch der letzten Woche CDU, FDP oder BSW wählt, stärkt die AfD! Faschistische Parteien sind nach dem bis heute gültigen Potsdamer Abkommen verboten. Auf dieser Grundlage muss die AfD sofort verboten werden. Jetzt kommt es auf jeden an – gegen den Faschismus auf die Straße!“

    Dietmar Gaisenkersting (Einzelbewerber): „Wer etwas gegen die faschistische AfD tun möchte, muss etwas gegen alle Berliner Bundestagsparteien tun. Der Aufstieg der AfD ist das Produkt des Rechtsrucks des gesamten politischen Establishments. Krieg und Sozialkahlschlag vertragen sich nicht mit Demokratie. Diese Entwicklung wird durch die Stärkung des Staatsapparats durch autoritäre Maßnahmen wie Parteienverbote nicht gebremst, sondern beschleunigt. Die Faschisten mit einer Aufrüstung des Staats zu schlagen, hieße den Teufel mit dem Beelzebub vertreiben. Der Verfassungsschutz ist selbst durchsetzt von Rechtsextremen und hat den NSU mit aufgebaut. Nur eine Bewegung gegen den Kapitalismus kann den Rechten Einhalt gebieten.“

    Das Bündnis Sahra Wagenknecht stellt keine Direktkandidaten auf. Für das BSW antwortet der Duisburger Bundestagsabgeordnete Christian Leye (ehemals Linke): Seine Antwort lesen Sie hier, im Artikel mit den Antworten der Bundestagsbewerber im Wahlkreis Duisburg I (Bezirke Süd, Mitte, Rheinhausen, Stadtteil Duissern).

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