Duisburg. Besondere Aktion in Duisburg: Briefwähler haben am Samstag Bier und Wurst für ihre Stimme bekommen. Wie viele Wähler kamen und was einige störte.

Wählen und Bier trinken, das klingt im ersten Moment so zusammenhangslos wie Socken tragen und Steuern zahlen. Allerdings ist in der fünften Jahreszeit vieles möglich – und so hat sich die Stadt Duisburg mit den Jecken zusammengetan, um die Wahlbeteiligung zu erhöhen.

Mit einer außergewöhnlichen Aktion auf dem Sonnenwall, die bundesweit Aufmerksamkeit erregt: Jeder, der im Bezirksamt Mitte vorab seine Stimme für den nächsten Bundestag abgibt, bekommt ein Bier und eine Bockwurst umsonst.

Freibier bei der Bundestagswahl: Manche Duisburger drehen sich wieder um

„Das soll für Aufmerksamkeit sorgen. Wir möchten, dass über die Aktion und über die damit verbundene Wahl diskutiert wird, damit viele wählen gehen“, erläutert Wahlleiter Martin Murrack die städtische Perspektive. „Wenn wir schonmal eine Wahl mitten in der fünften Jahreszeit haben, dann müssen wir das auch feiern“, ergänzt Michael Jansen, der Präsident des Hauptausschusses Duisburger Karneval. „Wählen darf durchaus auch Spaß machen“, sagt er und beißt genüsslich in die heiße Bockwurst.

Thobias Laresch ist für die leckeren Würstchen verantwortlich. An der Briefwahlstelle Mitte haben Wähler am Samstag ein Freibier bekommen.
Thobias Laresch ist für die leckeren Würstchen verantwortlich. An der Briefwahlstelle Mitte haben Wähler am Samstag ein Freibier bekommen. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Und was denken die Wähler, die sich bei frostigen ein Grad um elf Uhr morgens am Bierstand vor dem Bezirksamt einfinden? Den Duisburger Stadtprinzen Holger II. samt großem Gefolge haben sie gerade verpasst. Der närrische Tross hat bereits die Urnen mit Stimmzetteln gefüttert und so mitbestimmt, wer für Duisburg im nächsten Bundestag sitzt.

Als die Prinzengarde abgezogen ist, kommen zunächst weniger Wählerinnen und Wähler auf den Sonnenwall, und sie sind größtenteils überfordert. Manche sehen den Bierwagen und die starke Medienpräsenz und drehen sich entsetzt um. Sie wollen später wiederkommen, in ein- oder zwei Stunden.

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Wählerin aus Duisburg: „Ich finde die Aktion witzig“

Das Marketing der Veranstalter war offenbar zu gut: Denn es tummeln sich deutlich mehr Kamerateams und Fotografen vor dem Bezirksamt als Wahlberechtigte. Das schreckt ab. So fühlt sich auch Elke Schlicht gerade eher wie Angelina Jolie auf dem roten Teppich.

Geduldig und sehr professionell gibt die 80-Jährige ein Interview nach dem anderen. „Ich habe eine Freundin in der Karnevalsgesellschaft, deshalb hab ich mich hier mit ihr getroffen, bin wählen gegangen und gleich gehen wir shoppen“, erläutert sie ihren ursprünglichen Plan, bevor ihre unverhoffte Medienkarriere zwischen Bierstand und Wahlurne begann.

Wähler bekommen Bier und Wurst für ihre Stimme. Elke Schlicht ist am Samstag wählen gegangen, ihre Freundin Christel Culesta hat am Mittwoch schon gewählt.
Wähler bekommen Bier und Wurst für ihre Stimme. Elke Schlicht ist am Samstag wählen gegangen, ihre Freundin Christel Culesta hat am Mittwoch schon gewählt. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Christel Culesta ist dagegen ihrer Bürgerpflicht schon am Mittwoch nachgegangen und begleitet heute nur eine Freundin. „Ich finde die Aktion witzig, ist doch mal was Neues“, kommentiert sie.

Das finden auch Guido Christiani und Anno Zilkens. Die beiden Geschäftsführer der König Brauerei sind ja quasi beruflich vor Ort und philosophieren (bei alkoholfreiem Eigenprodukt) über das gemeinsame lebensbejahende Brauchtum, das sowohl im Karneval als auch im Biertrinken steckt. „Und zum Wählen, da sagen wir sowieso ja. Also ist das hier ein dreifaches Ja“, bringt Christiani die Sache für sich auf den Punkt.

Besondere Freibier-Aktion: So viele gaben am Samstag ihre Stimme ab

Immerhin haben bis 11.30 Uhr schon knapp 100 Wählerinnen und Wähler an diesem kalten Vormittag ihre Stimme abgegeben. Bis zum Ende der Aktion kamen 391 Stimmen zusammen. 272 Menschen wählten nach Angaben der Stadt direkt vor Ort.

Guido Christiani (links) und Anno Zilkens waren zwei von 272 Menschen, die am Samstag ihre Stimme in Duisburg-Mitte abgegeben haben.
Guido Christiani (links) und Anno Zilkens waren zwei von 272 Menschen, die am Samstag ihre Stimme in Duisburg-Mitte abgegeben haben. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Allgemein ist die Nachfrage nach Briefwahlunterlagen seit dem vergangenen Wochenende deutlich angestiegen, berichtet Wahlleiter Murrack. Momentan sind es 77.650 Anträge. Das ist eine ordentliche Zahl. Vergleiche mit der vorherigen Bundestagswahl sind aber schwierig, weil die mitten in der Pandemie stattfand.

Fazit der launigen und Aktion ist, dass diejenigen, die wählen wollen, primär gekommen sind, um ihre Stimme abzugeben und nicht wegen des freien Caterings und der bunt kostümierten Karnevalisten. Vielleicht muss sich die Aktion erst noch etablieren, um zum volksfestähnlichen gemütlichen Massenwahlevent zu werden. Wenn‘s hilft, warum nicht?

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