Duisburg. Viele kennen ihn und seinen gelben Lieferwagen: Über 40 Jahre hat Josef Hartmann die Duisburger mit Eiern, Gemüse und mehr versorgt. Warum er jetzt aufhört.

Josef Hartmann dreht seine letzten Runden. Nach mehr als 40 Jahren, in denen er als „Eiermann“ rund um die Duisburger Innenstadt unterwegs war, macht er nun Ende des Monats Schluss. Hartmann geht in Rente und gibt seinen gelben Lieferwagen ab. Ein Nachfolger hat sich nicht gefunden. Seine Kunden bedauern das sehr.

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Ein durchdringendes „Rrrring“ kündigt den gelben Lieferwagen schon von weitem an. Hartmann weiß, wo er gut parken kann und welche Kunden schon auf ihn warten. Drei Tage pro Woche ist er in Neudorf, Duissern, im Dellviertel und in der City unterwegs. Angefangen hat alles 1964, als sein Vater das erste Mal „mit einem Kofferraum voller Eier“ nach Duisburg fuhr. Hier wohnten Verwandte, die gerne frische Eier vom Hof Hartmann aus Schermbeck haben wollten.

Vater startete den Eier-Verkauf schon 1964 in Duisburg

Familie Figgen (re.) erledigt bei den Hartmanns sogar den Wocheneinkauf. Sie müssen sich nach neuen Einkaufsmöglichkeiten umschauen.
Familie Figgen (re.) erledigt bei den Hartmanns sogar den Wocheneinkauf. Sie müssen sich nach neuen Einkaufsmöglichkeiten umschauen. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Längst haben er und seine Frau Heike nicht nur Eier mit an Bord, sondern auch Obst, Gemüse, Fleisch, Konserven und, nicht zu vergessen, die selbst gekochte Marmelade, die in Duisburg viele Liebhaber hat. „Das Gemüse, Kartoffeln oder Äpfel bekommen wir von Landwirten aus der Region. Nur die Südfrüchte kaufen wir zu“, erklärt Hartmann. Er ist seit den 1980er Jahren in Duisburg unterwegs.

Wenn’s für ihn auf Tour geht, legt er mehr als 100 Kilometer am Tag zurück. „Der Verkehr geht eigentlich, aber der Stau auf den Autobahnen…“, beschreibt er sein Leid. Aber er will sich nicht beschweren. Ihm macht der Kontakt zu den Kunden Spaß. Seit zehn Jahren unterstützt ihn seine Frau bei der Arbeit. Heike Hartmann war früher in der Gastronomie tätig und hat die Duisburger schätzen gelernt. „Es macht sehr viel Spaß, ich verkaufe sehr gerne“, erzählt sie.

Nächster Stopp: Tonhallenstraße. Wieder ertönt das Erkennungszeichen vom Band. „Ich kenn‘ den Josef von der Straße – schon seit Jahren“, sagt Andrea Figgen lächelnd. Die Duisburgerin war früher als Postbotin unterwegs, da hat sie den freundlichen Landwirt mit seinem Wagen regelmäßig gesehen. Seitdem sie und ihr Mann selbst im Dellviertel wohnen, zählen sie zu den Stammkunden. „Man kann sich auch mal nett unterhalten. Und die Ware ist wirklich frisch. Etwas Vergleichbares findet man ja hier kaum noch.“ Seitdem es nur noch Discounter in der City gibt und keinen Vollsortimenter, erledigt Familie Figgen ihren Wocheneinkauf bei Josef Hartmann. „Das ist schade, dass er aufhört. Aber wir werden ihn sicher mal besuchen. Das haben wir zu Corona-Zeiten schon einmal getan.“

In Corona-Zeiten wollten viele Duisburger frische Zutaten bis an die Haustür

Die Corona-Zeiten waren für die Hartmanns eine Phase des Aufschwungs. Die Duisburger saßen im Home-Office und freuten sich, wenn sie frische Zutaten geliefert bekamen. Doch inzwischen sei das Interesse wieder abgeflaut. „Wir könnten sicherlich noch einige Jahre weiter machen, doch die älteren Kunden sterben langsam weg und die Jüngeren kommen kaum nach. Die gehen anders einkaufen“, weiß Hartmann, der nun selbst das Rentenalter erreicht hat.

Mit dem dottergelben Lieferwagen geht‘s quer durch Duisburg.
Mit dem dottergelben Lieferwagen geht‘s quer durch Duisburg. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Als das Ehepaar die Entscheidung getroffen hat, Schluss zu machen, schauten sie sich nach einem Nachfolger um. Es gab sogar ernsthafte Interessenten. Allerdings hatten die meisten falsche Vorstellungen, wie das Geschäft läuft. Viele wollten ihre Jobs behalten und mit dem Lieferwagen halbtags unterwegs sein. „Das ist kaum zu schaffen. Man unterschätzt, wie viel Arbeit das ist.“ Die Bestellungen, jeden Tag neu packen, der Papierkram, all das kommt noch zu den Verkaufstouren hinzu. Zudem beliefert Hartmann nicht nur Privatleute, sondern auch Gastronomen in Duisburg – und auch rund um Schermbeck, wo sein Hof liegt. Dies will er auch künftig noch an einem Tag pro Woche erledigen. „Der große Wagen kommt weg, den Rest können wir mit einem Bulli ausfahren.“

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Die Kunden wird das Ehepaar vermissen. „Die Leute erzählen einem alles und schütten einem ihr Herz aus“, verrät Heike Hartmann und hüllt sich ansonsten in Schweigen. In den letzten Verkaufstagen bis Ende Februar werden sie sich noch etliche Male persönlich verabschieden.