Duisburg/Moers. Am 31. Dezember sendete er noch gute Neujahrswünsche bei Facebook. Wenige Stunden später starb Sascha Roncevic, eine Stimme der queeren Community.
Das Jahr 2025 beginnt mit einer traurigen Nachricht: Sascha Roncevic, der sich viele Jahre für die Sichtbarkeit und Rechte von queeren Menschen in Duisburg und Moers stark gemacht hat, ist überraschend verstorben. Er wurde nur 44 Jahre alt. Die Trauer bei Weggefährten ist groß.
Am 31. Dezember 2024, nur wenige Stunden vor dem Jahreswechsel, schrieb Sascha Roncevic noch auf seinem Facebook-Profil: „Hinter uns liegt ein Jahr mit vielen Umbrüchen und Herausforderungen – man kann von Krisen sprechen. Wer mich kennt, der weiß, ich bin wahrlich kein Pessimist und blicke immer positiv in die Zukunft. Zusammen haben wir das zurückliegende Jahr gemeistert, zusammen schaffen wir es auch im kommenden Jahr.“ Nur wenige Stunden später ist er unerwartet verstorben.
In der queeren Community in Duisburg und Moers Spuren hinterlassen
„Was für eine schreckliche Nachricht am Neujahrstag: ich habe immer dein unbändiges Engagement geschätzt. Mit ihm verlässt uns jemand, der in und für die Community Spuren hinterlassen hat“, kondoliert ein Weggefährte. „Du warst einer jener Menschen, die man sofort ins Herz geschlossen hatte. Für deine Toleranz, Akzeptanz, deinen Mut, Dinge zu verändern, habe ich dich immer geliebt“, schreibt eine Studienfreundin.
Sarah Ungar, die sich selbst als transsexuelle Frau und Managerin für die Community in der Arbeitswelt einsetzt, erinnert sich: „Sascha war immer hilfsbereit. Er hat sich zwar auf die Bühne gestellt, aber eigentlich wollte er nie im Mittelpunkt stehen.“ Gemeinsam mit Roncevic hat sie in den vergangenen Jahren zahlreiche CSD-Paraden besucht. „Das war ihm immer wichtig.“ Er selbst hat seinerzeit mit dem „Arbeitskreis Duisburger Lesben und Schwule e.V.“ den ersten Christopher Street Day in Duisburg veranstaltet.
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Roncevic, selbst homosexuell, war seit den 1990er Jahren in der Szene aktiv. Seinen Mitstreiterinnen und Mitstreitern erklärte er stets mit einem Augenzwinkern: „Eigentlich bin ich schüchtern, aber ich zeig es nicht so.“ Also stellte er sich und seine Auftritte in den Dienst der guten Sache. Zu Karneval zeigt er sich in Frauenkleidern und schuf so Aufmerksamkeit für die politischen Themen. „Sascha hatte immer die Finger im Spiel, wenn es um queere Themen ging“, beschreibt Christian Karus von „DU Pride“.
Community wünscht sich ein queeres Zentrum als geschützten Raum
In der Dezember-Folge des Podcasts „Hömma Moers“ erinnert er sich, wie sich die Forderungen der Szene im Laufe der Zeit verändert haben. So habe man sich damals nicht vorstellen können, die „Ehe für alle“ zu unterstützen, weil diese auch nur der hergebrachte Rahmen gewesen sei. Für die Podcast-Gastgeber ordnete er ein: „Eigentlich gibt es nicht die Szene, sondern viele unterschiedliche Communitys.“ Neben Schwulen und Lesben gebe es eben beispielsweise Trans- oder Pansexuelle. „Die Gesellschaft ist erst einmal offener und toleranter geworden. Aber je näher das Thema an einem dran ist, umso schwieriger wird es manchmal für den Einzelnen.“
Der Mann mit der großen Auswahl an bunten Hemden wuchs in Rheinhausen auf. Er schuf etwa mit dem Verein „Schwule und Lesben aus Moers“ (Slam) einen Treffpunkt für die LGBTQ-Community. Immer mittwochs wurde gekocht und gegessen. Junge Leute konnten über ihr Outing sprechen, aber auch für Ältere blieb Slam immer offen. Auch in Duisburg wünscht sich die Szene seit jeher ein queeres Zentrum als Anlaufstelle, um hier einen geschützten Raum zu haben.
„Natürlich gibt es den Spruch ,Wenn alle an sich denken, ist an alle gedacht.‘ Aber das ist nicht mein Weltbild.““
In Duisburg veranstaltete Roncevic früher die „Warm Up“-Partys und stand den Machern des Akzeptanzpreis „Brücke der Solidarität“ zur Seite. Wichtigen Vorbildern wie Kati Karrenbauer oder Sarah Unger wurde dieser Preis verliehen. „Eigentlich hätte Sascha längst selbst dieser Preis gebührt“, ist Sarah Ungar überzeugt. Sonntags hatte er übrigens nie Zeit für Verabredungen. Seit seine Mutter verstorben war, besuchte Roncevic sonntags seinen Papa und bekochte ihn. Mit den Hashtags #sascha_kocht oder #sonntag_ist_papatag teilte er mit seinen Instagram- und Facebook-Freunden, was es zu essen gab.
Sascha Roncevic wollte im September für den Rat kandidieren
Roncevic, studierter Physiker, arbeitete für den SPD-Bundestagsabgeordneten Axel Encheverria und engagierte sich für die SPD Duisburg im Ortsverein Mitte. Bei der Kommunalwahl sollte er für den Rat kandidieren. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas trauert: „Mit ihm verlieren die SPD und auch ich einen starken Mitstreiter für soziale Gerechtigkeit. Er war ebenso eine starke Stimme gegen Rassimus und Menschenfeindlichkeit.“
Im Podcast betont Roncevic: „Natürlich gibt es den Spruch ,Wenn alle an sich denken, ist an alle gedacht.‘ Aber das ist nicht mein Weltbild.“ Eine Duisburgerin verabschiedet sich auf Facebook: „Mach es dort, wo du bist, ein bisschen bunter.“