Duisburg. Eine Traditionsbäckerei in Duisburg verschwindet: In einigen Stadtteilen war „Sonderkamp“ der letzte Bäcker. So geht es mit den Filialen weiter.

  • Die Zahl der Handwerksbäckereien in Duisburg sinkt.
  • „Sonderkamp“ schließt zum Jahresende seine sechs Filialen.
  • Bäckereien gab es etwa in Walsum, Bruckhausen, Beeckerwerth oder Neuenkamp.
  • Die gute Nachricht: Eine Traditionsbäckerei wird die Filialen übernehmen.

Duisburg verliert eine Traditionsbäckerei: „Sonderkamp“ schließt zum Jahresende seine Filialen. Der Chef produzierte viele Jahre im Duisburger Westen Brot und Brötchen. Verkauft wurden sie beispielsweise in Walsum, Bruckhausen, Beeckerwerth, Neuenkamp und Friemersheim. Doch nun verabschiedet sich der Namensgeber in den Ruhestand. Ende 2022 war bereits die Filiale in Laar geschlossen worden.

[Nichts verpassen, was in Duisburg passiert: Hier für den täglichen Duisburg-Newsletter anmelden.]

In einigen Stadtteilen war „Sonderkamp“, dessen Markenzeichen ein Marienkäfer war, der letzte Bäcker und Treffpunkt für die Bewohner. So wie an der Siebengebirgsstraße in Beeckerwerth. Hier unterhalten sich Rentner bei einer Tasse Kaffee, Kinder kaufen nach der Schule Brötchen und auch das „leckere Brot“ wird von den Kunden gelobt. Viele sind Stammkunden, man kennt sich.

Eine Bäckerei in Duisburg schließt zum Jahresende seine sechs Filialen. Doch ein Traditionsbetrieb übernimmt die Standorte.
Eine Bäckerei in Duisburg schließt zum Jahresende seine sechs Filialen. Doch ein Traditionsbetrieb übernimmt die Standorte. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Duisburger Traditionsbetrieb übernimmt Filialen

Für sie gibt es eine gute Nachricht: Auch künftig wird es Brötchen, Hörnchen oder Plunder hier geben. Die „Sonderkamp“-Verkaufsstellen werden ab 2025 von der Duisburger Bäckerei „Müller“ übernommen. Auch die Verkäuferinnen sowie vier Bäcker wechseln ins „Müller“-Team. „Das ist ein Glücksfall für uns, sie kennen sich vor Ort aus und kennen die Kunden“, erklärt Chef Justin Singh. Bald werden also 95 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für „Müller“ arbeiten. Die Zahl der Filialen steigt auf 16. Damit gehört „Müller“ mit zu den großen Bäckereien in Duisburg.

Die Traditionsbetrieb backt schon seit 1881 in Neudorf. An der Neudorfer Straße befindet sich die Zentrale noch heute – doch inzwischen steht eine neue Generation in der Backstube. Die Familie Singh hat vor einigen Jahren den Betrieb übernommen. „Meine Mutter hat in den 1980er Jahren in den Müller-Filialen gearbeitet. Mein Vater ist Konditor“, erklärt Justin Singh. Als Kind wuchs er im Betrieb mit auf.

Der Duisburger hat nach dem Abitur am Mercator-Gymnasium zunächst Wirtschaftswissenschaften studiert. Doch als Müller senior in Rente ging und die Frage anstand, wie es mit „Müllers Bäckerläden“ weiter geht, entschloss sich die Familie, die Produktion und Filialen zu übernehmen. Justin Singh machte nach dem Studium noch eine Ausbildung im eigenen Betrieb. So lernte er das Handwerk von der Pike auf. Längst ist er nun Bäcker-Meister.

„Wir haben alle alten Rezepturen übernommen, der Natursauerteig hat Zeit zu gehen. Auch die Rohlinge für die Brötchen werden bei uns nicht tiefgekühlt angeliefert, sondern frisch gefertigt und vor Ort gebacken“, erklärt Singh. Je nach Saison gehören 140 Produkte zum Sortiment. Momentan werden Muzen-Mandeln, die es traditionell rund um Silvester gibt, produziert.

„Müller“ zählt künftig 95 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Justin Singh und seine Ehefrau Harpreet führen die Bäckerei Müller weiter und haben auch die „Sonderkamp“-Filialen übernommen.
Justin Singh und seine Ehefrau Harpreet führen die Bäckerei Müller weiter und haben auch die „Sonderkamp“-Filialen übernommen. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Vor ein paar Monaten hat Singh davon erfahren, dass Sonderkamp einen Nachfolger sucht. Er entschloss sich, die Duisburger Filialen zu übernehmen. Eine große Herausforderung für den 27-Jährigen – vor allem in Zeiten, in denen Kosten immer weiter steigen. „Die Leute erwarten Qualität, wenn sie bei uns einkaufen“, weiß Singh. Allerdings würden manche Dinge auch einfacher, wenn man ein größeres Filialnetz betreibe und kein Einzelkämpfer sei.

Leon und Giugliano (v.li.) machen momentan ihre Ausbildung in der Backstube.
Leon und Giugliano (v.li.) machen momentan ihre Ausbildung in der Backstube. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Nachwuchs-Sorgen hat der Traditionsbetrieb keine. Momentan arbeiten vier Lehrlinge in der Backstube. „Die meisten kamen selbst und haben sich beworben.“ Zwei verschiedene Schichten gibt es. Die für Brot und Brötchen startet um 23.30 Uhr und dauert bis morgens früh. Feingebäck wird ab 7 Uhr bis mittags produziert. „Sie wollten aber alle lieber nachts arbeiten. Junge Leute sind motiviert, aber man muss heutzutage anders mit ihnen umgehen.“ Statt einfacher Handlangertätigkeiten wollten sie eben etwas lernen. Da kommt Singh zugute, dass er selbst ein junger Chef ist.

Alt-Meister Sonderkamp erklärt auf Nachfrage unserer Redaktion nur, dass er sich freut, dass seine Mitarbeiter alle weiter beschäftigt werden. Die sind ebenfalls glücklich. Eine Verkäuferin erklärt: „Eigentlich ändert sich nicht viel. Nur die Brötchen heißen anders.“

Mehr zum Thema