Duisburg. Die SPD will ein Gewerbegebiet in Duisburg zur Grünfläche ausweisen lassen. Das hätte Folgen für mehrere Firmen – und die Homberger Hubbrücke.

Die SPD Homberg/Ruhrort will ein Gewerbegebiet rund um den Rheinpreußenhafen in Duisburg-Homberg in eine Grünfläche umwidmen lassen. Einen entsprechenden Beschluss zur Vorlage eines Aufstellungsbeschlusses für einen Bebauungsplan habe der Vorstand bereits gefasst, sagt der Ortsvereinsvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Mahmut Özdemir dieser Redaktion. 

Das Besondere: Wird dieses Gebiet wirklich zur Grünfläche, hätte dies wohl auch Folgen für die Zukunft der Hubbrücke Homberg. Das Bauwerk soll seit Jahren erneuert werden, doch bislang scheitert die Sanierung an Absprachen zwischen der Stadt und den Brückeneigentümern RAG und Ineos.

Rheinpreußenhafen: Diese Betriebe sollen nach möglicher Umwidmung bleiben

Der Beschluss des SPD-Ortsverein dreht sich um ein Areal nördlich der Rheindeichstraße hinter der Friedrich-Ebert-Brücke, das von der Hubbrücke bis zum PCC-Stadion reicht.

Mahmut Özdemir, Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender der SPD Homberg/Ruhrort, am Rheinpreußenhafen in Duisburg: Er will das Werksgebiet von Ineos als Grünfläche ausweisen lassen. (Archivbild)
Mahmut Özdemir, Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender der SPD Homberg/Ruhrort, am Rheinpreußenhafen in Duisburg: Er will das Werksgebiet von Ineos als Grünfläche ausweisen lassen. (Archivbild) © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Darauf liegt unter anderem die Feuer- und Rettungswache fünf. In den Gebäuden ist auch die Freiwillige Feuerwehr inklusive neu gegründeter Kinderfeuerwehr untergebracht. Die Feuerwehrleute sollen auch nach einer möglichen Umwidmung dort bleiben – beziehungsweise ihr Grundstück als einzige Ansiedlung sogar noch erweitern können, wenn es nach Mahmut Özdemir geht.

Ebenso im genannten Bereich liegt eine Tankstelle, eine Prüfstation der Dekra und das Gebäude einer Autowerkstatt. Auch diese Betriebe müssten das Areal nicht zwingend verlassen: „Bestandsschutz und besonders der Schutz von Mittelständlern und Arbeitsplätzen ist uns wichtig und diese Unternehmen passen sehr gut dort hin”, sagt Özdemir.

„Durch industrielle Nutzung verseucht“: Darum will SPD eine Grünfläche

Wenig kompromissbereit zeigt er sich jedoch beim restlichen Gebiet rund um den Rheinpreußenhafen, das als Werksgebiet des Chemieunternehmens Ineos Solvents beschildert ist, aber größtenteils seit Jahren brach liegt. Im aktuellen Entwurf des neuen Flächennutzungsplans ist das Areal als Gewerbe- und Industriegebiet geplant, Özdemir und die SPD Homberg/Ruhrort wollen es jedoch als Grünfläche ausweisen lassen.

Der Grund: „Das Gebiet wird seit über 100 Jahren durch die industrielle Nutzung verseucht und wir wollen, dass es jetzt von diesen Schadstoffen rekultiviert wird.” Seit vielen Jahren traue sich kein Investor, die Fläche zu nutzen und aufzubereiten. Daher müsse die Politik nun eingreifen.

Nach Özdemirs Vorstellungen könne sich dort ein Unternehmen ansiedeln, das den Boden von Altlasten befreit und für kommende Generationen wieder nutzbar macht. Ansonsten könne dort ein Klimawald gepflanzt werden.

„Aber auf jeden Fall werden wir die Fläche der weiteren Schädigung durch Firmen, die billig an Industrie- und Gewerbeflächen kommen wollen, entziehen”, erklärt er. „Wir sehen, wie müßig Verhandlungen mit Unternehmen sind, die kein Interesse am Stadtteil haben.”

Venator-Werksgelände könnte wegfallende Gewerbefläche ersetzen

Kommt es so, wie es der SPD-Ortsverein will, würde Homberg an der Grenze zu Ruhrort durch die Umwidmung eine ganze Menge Gewerbefläche verlieren. Diesen Verlust sieht Mahmut Özdemir aber nur in der Theorie: „Praktisch wird die Fläche nicht benutzt, weil die Schadstoffe im Boden eine gewerbliche Nutzung ausschließen.”

Dennoch hat die SPD ein anderes Gebiet ins Auge gefasst, um die wegfallende Gewerbefläche am Rheinpreußenhafen zu ersetzen: das des Venator-Werks. Venator streicht Hunderte Stellen und verlagert die Titandioxid-Produktion von Duisburg nach Krefeld. Manche im Betrieb fürchten, dass dem Homberger Werk langfristig sogar das komplette Aus droht.

Das Werksgelände von Venator in Duisburg-Homberg: Sollte das Unternehmen Teile des Areals aufgeben, könnten sich hier Mittelständler ansiedeln, wenn es nach der SPD geht.
Das Werksgelände von Venator in Duisburg-Homberg: Sollte das Unternehmen Teile des Areals aufgeben, könnten sich hier Mittelständler ansiedeln, wenn es nach der SPD geht. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Özdemir betont: „Wir werden alles tun, um die bestehenden Arbeitsplätze zu sichern. Aber sollte sich Venator dazu entscheiden, Werksgebiet aufzugeben, wollen wir das Gebiet auch gewinnbringend für die Zukunft des Stadtteils nutzen, bevor Fakten geschaffen werden und dort hunderte Lkw durch den Stadtteil fahren.” Dort könnten sich dann Mittelständler ansiedeln, die händeringend Flächen suchen, erklärt er.

Umwidmung hätte wohl Folgen für Hubbrücke Homberg

Ein nicht unwichtiger Nebeneffekt des SPD-Plans: Eine Grünfläche rund um den Rheinpreußenhafen würde die Verhandlungsposition der Stadt beim Streit um die Homberger Hubbrücke stärken.

Der Rat der Stadt hat zwar vor einem Jahr beschlossen, die Brücke zu übernehmen und selbst zu sanieren. Bislang sind sich die Verwaltung und die Brückeneigentümer Ineos und RAG aber noch uneins darüber, zu welchen Bedingungen das Bauwerk an die Stadt gehen soll und mit wie viel Geld sich die beiden Firmen an der Sanierung beteiligen.

Ineos nutze Brücke und Hafen „regelmäßig“

Entlang des Hafenbeckens befinden sich aktuell fünf Tanklager, auch eine Gleisanbindung besteht. Genaue Zahlen, wie viele Schiffe in den Hafen einfahren, will Ineos gegenüber der Redaktion „aus wettbewerbstechnischen Gründen” nicht nennen. Eine Sprecherin sagt jedoch: „INEOS Solvents nutzt sowohl die Hubbrücke als auch den Hafen regelmäßig.”

Über den Rheinpreußenhafen führt eine denkmalgeschützte Hubbrücke, die seit 2017 gesperrt ist. Eine Umwidmung des Hafengebiets hätte wohl auch Folgen für die Sanierung der Brücke. (Archivbild)
Über den Rheinpreußenhafen führt eine denkmalgeschützte Hubbrücke, die seit 2017 gesperrt ist. Eine Umwidmung des Hafengebiets hätte wohl auch Folgen für die Sanierung der Brücke. (Archivbild) © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Würde das Werksgebiet zur Grünfläche ausgewiesen, hätte dies durchaus Folgen für das Chemieunternehmen. Es dürfte zwar den Hafen wohl weiter nutzen, eine neue Bebauung würde jedoch deutlich erschwert. Dadurch könnte das ganze Gebiet für Ineos unattraktiv werden.

SPD-Chef: „Wer Hubfunktion benötigt, soll sie auch bezahlen“

Mahmut Özdemir wäre es recht, wenn sich RAG und Ineos aus dem Areal zurückziehen würden und die Hubbrücke schnell in städtisches Eigentum übergeht. Er setzt sich seit Jahren für eine Sanierung ein, besorgte in 2020 auch rund eine halbe Millionen Euro an Fördermitteln, ehe das Projekt Brückensanierung deutlich teurer wurde.

Der Duisburger SPD-Chef meint: „Wir können die Brücke sanieren oder auch als Denkmal austragen, sie abreißen und modern neu bauen lassen. Das Einzige, was mich interessiert, ist – und das ist unerlässliche Bedingung –, dass es am Ende eine Querung für Fußgänger, Hundehalter und Radfahrer gibt. Wer jedoch die Hubfunktion benötigt, soll sie auch bezahlen, und wer das Gelände der Tanklager nutzen möchte, erst recht.” 

>> Rheinpreußenhafen in Duisburg-Homberg ist über 100 Jahre alt

  • Der Rheinpreußenhafen entstand zwischen 1906 und 1908 in Duisburg-Homberg. Das Hafenbecken ist über einen 240 Meter langen Kanal mit dem Rhein verbunden. Über den Kanal führt die seit 2017 gesperrte Hubbrücke.
  • Der Hafen war einst ein linksrheinischer Umschlagplatz für den Kohletransport der Zechen Rheinpreußen in Homberg und Friedrich Heinrich in Kamp-Lintfort. Auf einem Haldengelände am Hafen lagerte die Ruhrkohle-AG zudem bis Ende der 1990er die „nationale Kohlereserve“.
  • Große Teile des Bodens am Hafen gelten als belastet. So brach die Duisburger Hafen AG in 2011 das Projekt ab, dort ein drittes Logport-Areal zu errichten – mit Verweis auf die „wirtschaftlich nicht kalkulierbare Altlastensituation“.