Düsseldorf/Duisburg. Nach den Urteilen im Hawala-Prozess legen alle fünf Angeklagten Revision ein - auch der mutmaßliche Rädelsführer, ein Duisburger Juwelier.

Es war schon ein Mammut-Verfahren - und nun ist klar: Es ist noch lange nicht zu Ende. Im Strafverfahren um ein groß angelegtes Hawala-Banking-System haben alle Angeklagten Revision eingelegt. Das bestätigte eine Sprecherin des Düsseldorfer Landgerichts. Über die Revisionen entscheidet nun der Bundesgerichtshof, was einige Monate dauern dürfte. Gegen das Urteil des Landgerichts geht auch der mutmaßliche Rädelsführer der Bande vor, ein 52-Jähriger, der mehrere Juwelier-Geschäfte in Duisburg betrieben hatte.

Seit April hatte die 14. Große Strafkammer gegen die Männer verhandelt. Nach 27 Verhandlungstagen waren Ende November die Urteile gefallen: Der in Düsseldorf lebende Hauptangeklagte wurde wegen vorsätzlichen unerlaubten Erbringens von Zahlungsdiensten in Tateinheit mit mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung und wegen unerlaubten Waffenbesitzes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zwei Monaten verurteilt. Die Kammer war damit unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft geblieben, die für den mutmaßlichen Haupttäter fünf Jahre Gefängnis gefordert hatte. Außerdem ordnete das Gericht an, dass von ihm ein Betrag von 154.206.028,00 Euro eingezogen wird.

Drei Angeklagte kommen mit Bewährungsstrafen davon

Seine mutmaßliche rechte Hand, ein 53-Jähriger aus Meerbusch, bekam wegen der gleichen Delikte eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten. Bei ihm sollen 20.453.955,00 Euro eingezogen werden. Drei weitere deutlich jüngere Angeklagte kamen mit Bewährungsstrafen davon. Gegen zwei ursprünglich mitangeklagte Männer war das Verfahren bereits mit Geldstrafen beendet worden.

Die Kammer hatte es als erwiesen angesehen, dass die verbliebenen Angeklagten im Rahmen des Hawala-Bankings zwischen März 2018 und November 2019 mehr als 500 Überweisungen zwischen Deutschland und der Türkei vorgenommen haben. Dabei sollen sie Gelder in Höhe von 170 Millionen Euro vorbei am offiziellen Bankensystem bewegt haben. Zum Beispiel wird bei einem Mittelsmann in Deutschland Geld eingezahlt, das noch im gleichen Zeitpunkt von einer anderen Person etwa in der Türkei abgehoben werden kann. Die Vermittler erhalten dafür eine Provision.

Im Herbst vor zwei Jahren war das Netzwerk aufgeflogen. Bei der Razzia gegen die Bande konnten die Ermittlungsbehörden bereits Vermögenswerte in Höhe von 22 Millionen Euro sicherstellen.

Haftbefehle noch während des Prozesses außer Vollzug gesetzt

Im Prozess und teils auch schon während der laufenden Ermittlungen hatten die Angeklagten inklusive des Duisburger Juweliers umfassende Geständnisse abgelegt. Neben dieser strafmildernden Umstände attestierte die Kammer der Bande allerdings auch eine hohe kriminelle Energie. Chef beziehungsweise Teil eines kriminellen Netzwerks will der Juwelier aber nicht gewesen sein.

Einen kleinen juristischen Teil-Erfolg konnten der Duisburger Juwelier und der Mann aus Meerbusch bereits verbuchen: Sie sind wieder auf freiem Fuß, nachdem sie monatelang in Untersuchungshaft gesessen hatten. Die Haftbefehle gegen sie wurden bereits während des laufenden Prozesses außer Vollzug gesetzt.