Duisburg. Das Restaurant Wong-King und im „Fährmann“ sind bereits dicht. Große Sorge vor weiteren Pleiten in der Gastronomie. Soforthilfe in der Kritik.
Das China-Restaurant Wong-King an der Regattabahn ist nach 25 Jahren bereits Geschichte. Auch für die Kult-Gaststätte „Fährmann“ in Neudorf war das Coronavirus der letzte Sargnagel. Stammgäste huldigten mit Trauerflor und Kerzen der beliebten Kneipe an der Mülheimer Straße. Auch die Steakhaus-Kette Maredo wird in der Innenstadt nicht mehr öffnen. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) glaubt: Es werden wohl im Duisburger Gastgewerbe nicht die einzigen Opfer der Pandemie bleiben.
„Wenn es keine zusätzlichen Hilfen gibt, wird eine Pleitewelle kommen“, glaubt Marc Weber, Vorsitzender der Dehoga und Inhaber des Webster-Brauhauses in Duisburg am Dellplatz. Das Gastgewerbe habe spürbar weniger Einnahmen, aber gleichbleibende Kosten.
Gastronomie in Duisburg: Sonnenwetter sorgt für Umsatzplus – Geschäftsreisende fehlen
Ein Rettungsring, der aktuell das Überleben sichert, sei die Außengastronomie. „Bei gutem Wetter hat man die Chance, 70 Prozent des normalen Umsatzes zu generieren“, sagt Weber. Eine Chance, so sieht es die Industrie- und Handelskammer (IHK), können auch Heimaturlauber sein, die vor der Haustür für zusätzliche Umsätze sorgen. Wer jedoch nur im Lokal bewirten kann, den treffe die Krise weiterhin drastisch. „Viele Gäste sind nach wie vor zurückhaltend“, sagt Rüdiger Helbrecht, stellvertretender Geschäftsführer der IHK Niederrhein.
Homeoffice statt Großraumbüro, keine Geschäftsreisende und fehlende touristische Busreisen reißen ein Loch in die Kasse. Zwar konnte laut in dieser Woche veröffentliche Zahlen des Statistischen Bundesamtes das Gastgewerbe im Mai im Vergleich zum April ein Umsatzplus von 44,9 Prozent erzielen – allerdings war der Umsatz real um 64 Prozent geringer als im Mai 2019.
Jeder dritte Gastronom sieht sich von der Insolvenz bedroht
In einer Umfrage der Dehoga zu den Lockerungen in der Gastronomie hatten Wirte angegeben, dass lediglich 12 Prozent wirtschaftlich arbeiten könnten. „Die Umsatzentwicklung in der Gastronomie hängt von weiteren Lockerungen der Regierung ab“, sagt Helbrecht. Der Status Quo ist düster: Laut der IHK Niederrhein sieht sich jeder dritte Gastronom in Duisburg von der Insolvenz bedroht. „Aber keiner möchte seinen Betrieb einfach aufgeben. Man lebt von Monat zu Monat“, sagt Weber.
Gegenwärtig beunruhigt das von der Landesregierung gestartete Abrechnungsverfahren der Corona-Soforthilfe das Gastgewerbe. Weber warnt wegen enger Vorgaben und dem von der Politik geforderten Verwendungsnachweis bei der Soforthilfe vor zahlreichen Insolvenzen in der Branche.
Corona-Soforthilfe stellt Gastronomen vor große Probleme
So können beispielsweise keine Personalkosten, die nicht durch Kurzarbeitergeld abgedeckt wurden, aber tatsächlich anfielen, in Ansatz gebracht werden. Entstandene Forderungen von Gläubigern, etwa gestundete Mietzahlungen, können nicht geltend gemacht werden, auch nicht solche Kosten, die über bestimmte Zeiträume verteilt werden, wie Wareneinsatz, Energie- oder auch Versicherungskosten.
Alles, was kalkulatorisch in die Monate der Soforthilfe fällt, aber faktisch mangels Liquidität nicht bezahlt werden konnte, kann nun nicht geltend gemacht werden, kritisiert der Gastronomieverband. Die Intention der Soforthilfe werde so „ad absurdum geführt“.
Rechtsauffassung möglicher Todesstoß für Gastronomen – Winter nächster Knackpunkt
Sollte Land und Bund an ihrer Rechtsauffassung festhalten, wäre das der Todesstoß für viele Gastronomen, glaubt Weber. Viele Wirte müssten so einen Großteil der Soforthilfe zurückzahlen. Die Landesregierung hat bereits reagiert und zunächst die Nachprüfung zur Corona-Soforthilfe gestoppt. Damit ist aber erstmal nur Zeit gewonnen, weiß der Dehoga.
Es ist aber nicht nur das Theater rund um staatliche Hilfen, das den Gastronomen Sorgen bereitet. „Der nächste Knackpunkt wird der Winter“, sagt Weber. Gerade der November und Dezember seien in Städten wie Duisburg besonders umsatzstark. Das liege an den unzähligen betrieblichen Weihnachtsfeiern. Weber fürchtet, dass diese in diesem Jahr reihenweise ausfallen und damit die Zukunft der Gastronomie in Duisburg weiter bedroht.
Gastronomie in Duisburg: In Diskotheken ist es zappenduster
■ Laut Dehoga hat die coronabedingte Schließung das Gastgewerbe „in seine größte Krise der Nachkriegszeit gestürzt“. Zappenduster ist die gegenwärtige Situation für das Djäzz, Old Daddy und Co.: Für Clubs und Diskotheken gibt es nach wie vor keine Öffnungsperspektive und damit keine Aussicht auf Umsätze. Sie leben eigentlich davon, dass Menschen sich nahe kommen, reden, tanzen und trinken – angesichts der Infektionsgefahr ein undenkbares Szenario.
■ Vor dem Start des neuen Ausbildungsjahres warnt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) vor gravierenden Folgen der Pandemie für Berufsanfänger im Hotel- und Gaststättengewerbe aufgrund rückläufiger Zahlen betrieblich gemeldeter Ausbildungsplätze. Corona könne so den Fachkräftemangel verschärfen. Die Regierung hatte bereits beschlossen, dass für jeden nicht gestrichenen Ausbildungsplatz eine Prämie von 2000 Euro gezahlt wird.