Duisburg. Diskotheken und Clubs mussten zuerst wegen Corona schließen. Viele kämpfen ums Überleben. Wie lange Pulp, DJäzz und Old Daddy noch durchhalten.

Die schweren Holztische liegen im Halbdunkeln, nur etwas Sonnenlicht fällt durch die großen Fenster ins Innere. Ein Schlossgespenst würde sich wohl fühlen in dem ritterlichen Ambiente des „Pulp Event-Schlosses“. Und es hätte seine Ruhe, denn getanzt hat seit Monaten niemand mehr in der großen Diskothek in Hochfeld. Wie alle Veranstalter ist auch Geschäftsführerin Zeljka Orec von der Absage aller Großveranstaltungen durch das Coronavirus betroffen. Wie lange sie noch ohne Einnahmen auskommen kann, weiß sie nicht – den Betreibern von DJäzz und Old Daddy geht es ähnlich.

Duisburg: So kämpfen Pulp, DJäzz und Old Daddy in der Corona-Krise

Zeljka Orec (rechts), Geschäftsführerin des Pulp, befürchtet bei einer zweiten Corona-Welle das endgültige Aus. Tochter Kristina würde Orecs Enkelin Emilia (anderthalb) dann nie aus der Disco der Oma abholen.
Zeljka Orec (rechts), Geschäftsführerin des Pulp, befürchtet bei einer zweiten Corona-Welle das endgültige Aus. Tochter Kristina würde Orecs Enkelin Emilia (anderthalb) dann nie aus der Disco der Oma abholen. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

„Die Absage war ein Genickbruch“, sagt Orec. „Mittlerweile schwindet auch die eiserne Reserve.“

Es steht schlecht um die Duisburger Clubs und Diskotheken. „Wir waren die ersten, die schließen mussten, und werden die letzten sein, die wieder aufmachen dürfen“, sagt Orecs Tochter Kristina.

Zunächst habe die Familie noch gehofft, bald wieder öffnen zu können, hat sogar ihren Getränkebestand unberührt gelassen. Orecs Mitarbeiter haben die Kisten nach Haltbarkeitsdatum sortiert, vieles muss weggekippt werden.

25.000 Euro Soforthilfe reichen nicht mal für einen Monat

„Wir haben zwar 25.000 Euro Soforthilfe erhalten, die reicht aber nicht mal für einen Monat. Ich muss Betriebskosten und Kredite abbezahlen. Allein die Versicherung kostet rund 5000 Euro pro Quartal“, sagt die 55-Jährige.

Als es warm wurde, setzte sie ihre Hoffnung in einen Biergarten auf der Terrasse, doch die Gäste blieben aus. „Wir haben das Hoffen und Beten noch nicht aufgegeben, aber wenn die Fallzahlen im Winter wieder steigen und wir noch länger geschlossen haben müssen, war’s das“, sagt Orec.

6700 Euro für das Djäzz gesammelt

Christian von der Heide, Sascha Bertoncin und Özkan Ulucan (v.l.n.r.) hoffen, das DJäzz bald wieder öffnen zu können. Das Foto stammt aus besseren Tagen vom 15. Geburtstag des Clubs vor zwei Jahren.
Christian von der Heide, Sascha Bertoncin und Özkan Ulucan (v.l.n.r.) hoffen, das DJäzz bald wieder öffnen zu können. Das Foto stammt aus besseren Tagen vom 15. Geburtstag des Clubs vor zwei Jahren. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Allzu lange darf die Schließung auch für Özkan Ulucan nicht mehr dauern. Er betreibt das DJäzz in der Innenstadt. „Ein paar Monate können wir noch die Miete zahlen, aber bald nicht mehr“, sagt er.

Ulucan geht nicht davon aus, noch dieses Jahr wieder öffnen zu können. „Obwohl unsere Gäste häufig fragen, wann wir wieder aufmachen – die Leute wollen wieder raus, wieder tanzen. Ich sehe ja auch beispielsweise im Rheinpark, wie voll es da ist. Unter freiem Himmel kann man ja noch etwas Platz lassen, bei uns geht das nicht“, sagt er.

Immerhin: Stammgäste haben zu Spenden aufgerufen, rund 6700 Euro kamen zusammen.

Getränke werden weggeschüttet, weil das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten ist

Im Old Daddy an der Steinschen Gasse stehen die Barhocker umgedreht auf dem Tresen. Plakate an der Wand werben für Partys, die bereits hätten stattfinden sollen. Mitarbeiter Thomas Schuhmacher sortiert reihenweise abgelaufenes Mischbier, Softdrinks und Spirituosen aus. „Der Rest ist immerhin noch bis Ende des Jahres haltbar“, sagt Betreiber Peter Jurjahn, der aber nicht davon ausgeht, in diesem Zeitraum wieder öffnen zu können.

Er hatte schon einige Tage vor der Zwangsschließung dicht gemacht. Jurjahn befürchtet, dass viele Diskotheken und auch Eventhallen es nicht durch die Krise schaffen werden. „Das wäre schade, Konkurrenz belebt ja das Geschäft“, meint er.

Old Daddy: Servicekräften gekündigt, Angestellte in Kurzarbeit,

Wie Sie sehen, sehen Sie nichts: Peter Jurjahn vom Old Daddy an der Steinschen Gasse zeigt auf die leere Tanzfläche. Getanzt hat hier schon seit drei Monaten niemand mehr.
Wie Sie sehen, sehen Sie nichts: Peter Jurjahn vom Old Daddy an der Steinschen Gasse zeigt auf die leere Tanzfläche. Getanzt hat hier schon seit drei Monaten niemand mehr. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

„Davon hängen ja noch viel mehr Betriebe in der Branche ab: Hotels zum Beispiels, die für Events gebucht werden“, so Jurjahn. Er hat begonnen, seine Kellerdisko zu renovieren. Seinen Servicekräften hat er gekündigt, die Angestellten in Kurzarbeit geschickt.

Ein wenig Geld kam rein, als er ein DJ-Set im Internet streamte. Jurjahn überlegt, bald ein Hygienekonzept bei der Stadt einzureichen. „Aber das bringt nix: Die Leute dürften dann hier sitzen und was trinken, aber sobald die Musik läuft, wollen die auch tanzen – und das geht nicht.“

>> „AMÜSIERBETRIEBE“ IN NRW SEIT DEM 15. MÄRZ GESCHLOSSEN

• Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen hatte am 15. März beschlossen, dass zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie per Erlass des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales ab dem 16. März alle so genannten „Amüsierbetriebe“ wie zum Beispiel Bars, Clubs, Diskotheken, Spielhallen, Theater, Kinos, Museen schließen mussten.

• Virologen betrachten volle Clubs und Bars als mögliche Hotspots und Ausgangspunkte von „Superspreadern“, die viele Besucher anstecken können. Es ist eng, Gäste kommen sich in geschlossenen Räumen besonders nah und schreien sich wegen der Musik ins Ohr.