Duisburg. Die Kult-Kneipe „Fährmann“ muss schließen. Stammgäste trauern mit Blumen und Kerzen. Chef Thilo Scheumann will an anderer Stelle weiter machen.

„Wir werden dich nie vergessen“, steht auf einer Schleife – daneben „Fährmann“ und ein schwarzes Herz. In den sozialen Netzwerken verbreitete sich das Bild mit den Grabkerzen und dem Trauergesteck, das aktuell vor der kultigen Eck-Kneipe Fährmann in Duisburg-Neudorf liegt, in Windeseile. Einige vermuteten gar, dass vielleicht dem Wirt etwas passiert sei. Ein Anruf bei Betreiber Thilo Scheumann bringt Klarheit: Er ist wohlauf, allerdings ist der „Fährmann“ unter seiner Leitung nun Geschichte. Corona war nur der letzte Sargnagel.

„Fährmann“ in Duisburg-Neudorf belebte die spärliche Kneipenszene für Studenten

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„Duisburg hat mal gelebt und ist schon lange tot“, kommentiert eine Duisburgerin die Nachricht auf Facebook. Ein anderer schreibt: „Einfach nur schade, das war ein Fixpunkt.“ Treue Stammgäste, die sonst freitags das Wochenende in der Eck-Kneipe einleiteten, haben Trauerflor vor dem „Fährmann“ abgelegt.

Die Stammgäste verabschieden sich von ihrer Lieblingskneipe mit Trauerflor und Kerzen.
Die Stammgäste verabschieden sich von ihrer Lieblingskneipe mit Trauerflor und Kerzen. © FFS | Foto: Fabienne Piepiora

Seit zwei Jahrzehnten ist Thilo Scheumann in der Duisburger Gastro-Szene aktiv. Ihm gehört die Gaststätte „Buschbrand“ am Sternbuschweg. Vor elf Jahren eröffnete er den „Fährmann“. Mit seinem alten, etwas schummerigen Charme ergänzte die Gaststätte das ohnehin eher spärliche Angebot an Studentenkneipen in Neudorf. Die besuchten den „Fährmann“ gerne, entweder um „Vorzuglühen“ oder zu vorgerückter Stunde einen „Absacker“ zu nehmen.

Corona-Lockdown: Seit März keine Einnahmen mehr

„Wir haben jeden Tag um 18 Uhr geöffnet, dann ging es bis 6 Uhr morgens. Das Geschäft ging eher spät bei uns los. Wir haben andere Leute angesprochen als der Finkenkrug oder Bürgerhof“, erklärt Thilo Scheumann. In den vergangenen Jahren stand er jeden Tag hinter dem Tresen, hat viele Nächte durchgearbeitet und sich deshalb schon im vorigen Jahr überlegt, etwas zu ändern.

Seit dem im März der Corona-Lockdown in NRW verhängt wurde, ist im Fährmann kein Tropfen Alkohol geflossen. „Von einen auf den anderen Tag war alles dicht und wir hatten keine Einnahmen mehr. Doch die Kosten laufen weiter“, beschreibt der 49-Jährige die Misere, die viele Selbstständige aus der Gastronomie trifft. Doch auch vorher hätten viele Wirte schon gekämpft.

Fährmann in Duisburg: Verhandlungen mit möglichen Nachfolgern

Er selbst beschreibt sich eher als Kaufmann denn als Gastronom. „Ich finde es gut, alle zehn Jahre mal etwas zu ändern. Ich bin bereit für neue Konzepte.“ Die werden allerdings außerhalb der Gastronomie liegen. Die Immobilie, in der sich das „Buschbrand“ befindet, gehöre ihm, somit sei der wirtschaftliche Druck nicht so hoch wie in dem angemieteten „Fährmann“. Zum 31. August hat er gekündigt, stehe aber in Verhandlungen mit möglichen Nachfolgern.

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„Natürlich sind Grabkerzen und ein Trauerstrauß makaber, aber es zeigt auch, wie eng wir mit unseren Gästen verbunden sind und waren.“ Unter den aktuellen Corona-Auflagen hätten nur bis zu zehn Besucher in die Kneipe gepasst. Und im Sommer war das Geschäft sowieso immer schwierig, denn am Sternbuschweg war kein Platz für Außenplätze.

Sorge vor weiteren Gastro-Schließungen in Duisburg

Thilo Scheumann schätzt, dass wegen Corona noch viele werden schließen müssen. In den vergangenen Wochen hatten der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) immer wieder auf die schwierige Lage der Gastro-Betriebe aufmerksam gemacht. Die Duisburger Politik hat deshalb beschlossen, die Sondernutzungsgebühr für die Außengastronomie zu erlassen. Der Duisburger Dehoga-Chef Marc Weber, Inhaber des Brauhaus Webster, bezeichnet diese Maßnahmen als „Tropfen auf den heißen Stein.“ Aber auch die im Juli in Kraft tretende Mehrwertsteuersenkung soll den Wirten helfen.

So ganz wird Thilo Scheumann allerdings nicht von der Gastro-Bildfläche verschwinden. Aktuell verwandelt er das „Buschbrand“, das zwischenzeitlich mal als Café betrieben wurde, wieder in eine Gaststätte. Dort soll es allerdings etwas ruhiger zugehen als im „Fährmann“ und Scheumann holt sich eine Partnerin dazu, mit der er die Kneipe gemeinsam betreiben wird. Wann die Eröffnung sein soll: „Das müssen Sie Armin Laschet fragen.“