Dortmund. Im Dortmunder Mehrfamilienhaus liegt Müll, der Aufzug ist defekt und jetzt sind noch Strom und Heizung ausgefallen. Die Mieter verzweifeln.
Jeder Gang vor die Haustür ist für Werner Kaiser aus Dortmund anstrengend. Der 78-Jährige muss jeden Tag die vielen Treppenstufen von der Haustür zu seiner Wohnung bezwingen. Denn: Der Aufzug in dem Mehrfamilienhaus in der Dortmunder-Innenstadt funktioniert schon seit September nicht mehr.
Dortmunder Hausverwaltung ist nicht zu fassen
Alle Anrufe und E-Mails an die Hausverwaltung bleiben unbeantwortet. Werner Kaiser versucht es schon seit Monaten: „Ich rufe jeden Tag in der Woche an, aber es meldet sich einfach keiner.“ Auch auf das Kündigungsschreiben eines Nachbarn sei keine Reaktion gekommen, wie er weiß.
Vor kurzem hatte Kaiser eine Hüft-OP. Da er lange Strecken nicht mehr gut laufen kann, bewegt er sich auf einem Roller mit Elektroantrieb fort. Wenn er einkaufen geht, muss der Rentner nun seit Monaten erst den Einkauf hochtragen und dann den schweren E-Roller. „Selbst wenn ich ohne Einkäufe die Treppen hochgehe, muss ich Pausen machen. Es ist anstrengend“, erzählt er. Neben seiner Hüft-OP leidet der 78-Jährige auch an der Lungenerkrankung COPD.
Neben dem defekten Aufzug ist nun auch mitten im Februar die Heizung im Mehrfamilienhaus ausgefallen – und das bei Außentemperaturen um den Gefrierpunkt. Wenige Tage später meldet sich Werner Kaiser erneut: Auch der Strom in dem Haus funktioniere nicht mehr. „Internet, Fernsehen, Telefon, das alles geht nicht mehr“, so der Rentner. Ein Experte von Vodafone sei bereits vor Ort gewesen. Ergebnis: Der Allgemeinstrom des Hauses wurde gekappt. „Ich schätze, der Besitzer hat die Stromrechnung nicht bezahlt“, vermutet Werner Kaiser.
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Verwaltung steht in der Kritik
Das Wohngebäude in der Dortmunder Innenstadt gehört zu der „Bevo Alpha 3c GmbH“. Deren Dachgesellschaft, die „Deutsche Grundbesitz Holding AG (Degag)“, hat Ende Januar Insolvenz angemeldet.
Die Verwaltung ist beim Dortmunder Mieterverein bereits bestens bekannt: „Mehrere der Bestände sind mangelhaft. Auf Mietminderungen und Mängelanzeigen gibt es oft keine Reaktion. Das ist sehr frustrierend für die Mieter“, weiß Sprecher Markus Roeser. So auch im Fall von Werner Kaiser: Es ist nicht das erste Mal, dass der Aufzug nicht funktioniert. Und vor wenigen Jahren war die Heizung mitten im Winter kaputt.
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Rechte als Mieter: Wie kann man sich wehren?
In solch einem Fall kann der Mieter den Vermieter auf Instandhaltung verklagen, der Weg sei jedoch oft sehr langwierig, wie Markus Roeser erklärt. Der Mieter könne die Reparatur von kleineren Mängeln selbst beauftragen und in Vorkasse gehen, die anfallenden Kosten anschließend beim Vermieter einfordern. Dies sei im Fall des kaputten Aufzugs nicht machbar.

Der Mieter habe zudem ein Zurückbehaltungsrecht: Bis die Mängel behoben sind, kann vorerst ein Teil der Miete einbehalten werden. Der Mieter muss diese jedoch nachzahlen, sobald das Problem behoben wurde. Außerdem bestehe grundsätzlich auch das Recht auf Mietminderung, „wenn der Mieter von den Mängeln stark beeinträchtigt ist. In jedem Fall empfehlen wir eine rechtliche Beratung“, betont Markus Roeser.
Diese finde man entweder als Mitglied beim Mieterverein, bei der Verbraucherzentrale oder bei einem Anwalt. „Wenn der Vermieter nicht zu fassen ist, dann kann sich der Mieter bei schweren Mängeln auch an die Wohnungsaufsicht der Stadt wenden.“
Degag-Insolvenz: Mieter davon erstmal nicht betroffen
Im Hinblick auf die Insolvenz der Degag erklärt Roeser: „Eine Insolvenz könnte sogar positiv für die Mieter sein.“ Denn: Wenn ein Insolvenzverwalter eingeschaltet wird, bestimmt dieser über das Vermögen der Firma und muss die Immobilien mit den Mieteinnahmen weiter bewirtschaften. Kurz gesagt: Anders als die Firma, muss der Insolvenzverwalter die Mieteinnahmen nutzen, um die Häuser weiter instand zuhalten. Markus Roeser weiß aus Erfahrungen mit anderen Objekten: „Das war die beste Zeit für die Gebäude.“ Sollte das Haus verkauft werden, ist es jedoch unsicher, wie es weitergeht.
Das Insolvenzverfahren der Degag befinde sich jedoch noch im Anfangsstadium, wie der Interimssprecher der Holding, Martin Wohlrabe, erklärt. „Wichtig zu betonen ist: Betroffen von der Insolvenz ist ausschließlich die Holding, nicht die sogenannten Objektgesellschaften (welche Vermieter sind). Das Insolvenzverfahren der Holding hat daher keine Auswirkungen auf die mietrechtliche Situation der Menschen“, so Wohlrabe.
Ob der mangelhafte Zustand des Mehrfamilienhauses in der Dortmunder Innenstadt nun auf die Insolvenz der Degag oder auf ein Versäumnis der Hausverwaltung „Bevo Alpha 3c GmbH“ zurückzuführen ist, ist nicht klar.
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