Dortmund. Das Tanzevent „Shen Yun“ soll nach Dortmund kommen. Nach einem TV-Beitrag prüft das Theater Möglichkeiten, die Sekte loszuwerden. Finden die Shows statt?
Nutzt eine Sekte das Dortmunder Opernhaus zur Verbreitung ihrer Ideologie? Um die Show „Shen Yun“ ist nach einem Beitrag im ZDF Magazin Royal eine Diskussion entbrannt. Satiriker Jan Böhmermann übt darin heftige Kritik an der Bewegung Falun Gong, die hinter der Tanz-Performance steht. Dortmunds Theater-Leitung hat der Beitrag offenbar dazu bewegt, sich noch einmal genauer mit der Organisation zu befassen.
Die Auftritte der Tanzgruppe „Shen Yun“ werden von der chinesischen Bewegung Falun Gong finanziert und organisiert. Im ZDF Magazin Royal greift Jan Böhmermann Recherchen auf, wonach die Tänzerinnen und Tänzer teilweise minderjährig seien und ausgebeutet würden. Falun Gong steht außerdem im Verdacht, weltweit rechtspopulistische Propaganda und Desinformation zu verbreiten. Wissenschaftler halten den Begriff „Sekte“ in Bezug auf Falun Gong für gerechtfertigt.
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„Shen Yun“ und Falun Gong: „Im Widerspruch zu den Werten des Theater Dortmund“
Theater-Sprecher Alexander Kalouti betont, dass es sich bei den sechs Shows im April um eine Hausvermietung handelt, diese also nicht Teil des vom Theater verantworteten Gesamtprogramms sind. „Hausvermietungen sind ein wichtiger Bestandteil der wirtschaftlichen Stabilität der städtischen Eigenbetriebe“, so Kalouti.
In diesem Fall sei die Vermietung des Opernhauses bereits im Jahr 2022 vereinbart worden. „Shen Yun“ habe sich damals „als eine rein künstlerische Darbietung traditionell chinesischer Tanzkultur“ dargestellt. „Die nun bekannt gewordenen problematischen Aspekte in Bezug auf Arbeitskultur und Ethik stehen in deutlichem Widerspruch zu den Werten des Theater Dortmund“, erklärt Kalouti – dazu zählten Vielfalt, Demokratie und Menschenrechte.
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Aber auch Vertragstreue gehöre zu diesen Werten. Aktuell gebe es keine rechtliche Grundlage, den bestehenden Vertrag mit „Shen Yun“ aufzulösen. Dennoch scheint das Theater nicht abgeneigt, von der Vermietung Abstand zu nehmen – falls sich eine Möglichkeit ergibt: „Wir sind in einer rechtlichen Überprüfung und stehen in engem Austausch mit der Stadt Dortmund.“
Trotz Kritik: „Shen Yun“ von der Kunstfreiheit gedeckt
Die religiöse Meditationsbewegung Falun Gong entstand in den 1990er-Jahren in China und rückte 1999 ins Bild der Weltöffentlichkeit, weil Tausende Anhängerinnen und Anhänger in Peking friedlich gegen das kommunistische Regime demonstrierten. Mitglieder von Falun Gong werden seitdem erwiesenermaßen in China verfolgt, tausende Menschen starben, es gibt Berichte über Folter.
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Zur Falun Gong gebe es kontroverse Ansichten., schreibt Alexander Kalouti: „Eine kritische Sichtweise war uns bisher von Seiten der chinesischen Regierung beziehungsweise der Kommunistischen Partei Chinas bekannt. Jedoch beurteilen unabhängige Menschenrechtsorganisationen die offizielle Sichtweise der Volksrepublik China auch als durchaus kritisch.“ In Deutschland ist Falun Gong unter dem Namen Falun Dafa als Verein organisiert.
Kalouti erwähnt auch andere Häuser wie die Deutsche Oper Berlin, die Oper Leipzig, das Festspielhaus Salzburg oder das Forum am Schlosspark in Ludwigsburg. Sie alle sähen die Tanzshow „Shen Yun“ von der Kunstfreiheit gedeckt. „Trotzdem machen wir uns inhaltliche oder religiöse Positionen der Produktion nicht zu eigen“, so Kalouti. Erst in der vergangenen Woche war die Show an mehreren Tagen in Mülheim zu sehen.
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Schließlich weist der Theater-Sprecher auf die Skandale hin, die Jan Böhmermanns Karriere geprägt hätten und „seine Glaubwürdigkeit gelegentlich infrage stellten“. Der Satiriker und Journalist adressiere zwar häufig gesellschaftliche und politische Themen, seine Methoden könnten jedoch nicht immer als sachlich und fundiert gelten. (mit rku)