Dortmund. Klaus Erdmann sucht einen Nachfolger für sein Lebenswerk. Aber das Café Erdmann im Dortmunder Westpark soll kein „livrierter Laden“ werden, sagt er.

Westpark ohne Erdmann ist wie Bier ohne Schaum: geht, aber muss nicht. Unter Dortmunds Kultkneipen ist das Café Erdmann sicher eins der kultigsten. Seit 34 Jahren ist der Biergarten nicht mehr aus dem Kreuzviertel wegzudenken. „Aber ich bin nicht mehr der Jüngste“, meint Kneipenchef Klaus Erdmann (65). Es sei Zeit, den Laden abzugeben.

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Einen „Sidekick“ suche er schon länger, sagt er. Aber bisher sei ihm nicht der richtige Mensch begegnet, um die Verantwortung abzugeben – zumindest nicht guten Gewissens. „Und ich will ja hier kein Chaos haben.“ Deshalb sucht der Gastronom in Ruhe nach einem passenden Nachfolger. „Das soll hier aber kein livrierter Laden werden“, sagt er. „Ich nehme nicht jeden. Wenn‘s nicht passt, kann der mir noch so viel Geld bieten.“ Ein paar Interessenten seien schon dagewesen. „Aber das kann nicht jeder. Da braucht man starke Nerven.“ Einen „dynamischen, jungen, vor Energie strotzenden Menschen“ suche er. Er sagt das mit leicht ironischem Lächeln – meint es aber sehr ernst.

Klaus Erdmann: „Der Biergarten ist wie Urlaub am Meer“

Klaus Erdmann will sein Erbe in seinem Sinne weitergeführt sehen – mit allen Ecken und Kanten, die das Café Erdmann ausmachen. „Gucken Sie doch: Der Biergarten ist wie Urlaub am Meer!“, sagt er. Und meint damit nicht nur die Kübelpalmen und Strandliegen-Bänke. Er meint damit auch, dass er nur spontan bei gutem Wetter öffnet. „Ich gehe mit der Sonne“, sagt er. Aber vor allem meint er damit die Lässigkeit im Erdmann, die Freiheit, die Lockerheit, die Unbeschwertheit.

Klaus Erdmann Dortmund.
Das Café Erdmann im Dortmunder Westpark: Der Biergarten hat einen unvergleichlichen „Strandbar-Charme“ – locker, lässig, unbeschwert. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Die Kneipe hat ihren eigenen Charme. Mit kritischer Brille könnte man dem Biergarten „Sanierungsbedarf“ zusprechen – aber so ist das halt am Meer: Da sind Holztische in ein, zwei Jahren durch. „Die werden ständig ausgetauscht“, sagt Klaus Erdmann. Erst der eine, dann der andere. „Auch an anderen Stellen haben wir in den letzten Jahren viel gemacht.“ Farbe und so, drinnen wie draußen. Sitzsäcke auf der Plattform, neues Vordach, neuer Sand im Sandkasten.

„Fast holländische Verhältnisse“ im Dortmunder Westpark

Der unvergleichliche Strandbar-Charme soll nach der Übernahme unbedingt bleiben. Shiny, schnieke und gediegen sollen andere machen. Das Erdmann konzentriert sich lieber aufs Wesentliche: Sonne, Pommes, Käsekuchen, Bier und entspannte Gespräche. „Hier herrschen fast holländische Verhältnisse, und alle Generationen sitzen hier zusammen.“

Aber Klaus Erdmann hat Zeit: „Ich hab‘s nicht eilig mit dem Verkauf“, sagt er lässig. Der Pachtvertrag mit der Stadt laufe noch 33 Jahre, und fit genug sei er auch noch, um weiterzumachen. Allerdings habe er die Öffnungstage eingeschränkt, um kürzer zu fahren. Montags und dienstags ist der Biergarten dicht.

Klaus Erdmann Dortmund.
Klaus Erdmann am sucht eine Nachfolge – aber das Café Erdmann im Dortmunder Westpark soll ganz sicher kein „livrierter Laden“ werden. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Aufhören würde er trotzdem gerne. „Das würde mir gefallen“, sagt der 65-Jährige. „Man soll ja aufhören, wenn man noch fit ist. Zuhause ist genug zu tun, langweilig wird mir sicher nicht.“ Auch im Haus seiner Freundin liege einiges an, und in der Wohnung der Tochter sowieso. „Und an der Möhne isses auch schön“, meint er und grinst in sich hinein. „Da telefoniere ich ein bisschen beruflich und gucke dann wieder in die Sonne.“

Café Erdmann seit 1991: Da war der Westpark eine „Mördergrube“

So ruhig war Klaus Erdmann nicht immer. Vor allem zu Beginn seiner Gastronomie-Karriere nicht. 1991 hat er das kleine Gebäude auf städtischem Pachtgrundstück übernommen. „Da war das noch ein runtergekommener Grieche“, erinnert sich der Kneipier. In Eigenarbeit hat Klaus Erdmann alles renoviert und umgebaut. Vorher war er Objektkünstler. Das Handwerkliche liegt ihm also. „Als wir fertig waren, waren wir mit den Nerven am Ende. Aber wir haben‘s geschafft!“

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Der Westpark sei damals noch eine „Mördergrube“ gewesen, sagt Erdmann. Drogen, Müll, Gewalt. „Der Park war tot. Bekannte haben mich für völlig bescheuert erklärt, weil ich das machen wollte.“ Heute sei es im Park zwar ein bisschen besser, aber Probleme gebe es immer noch. „Aber ich komme mit den Leuten klar. Es kommt auf die Ansprache an.“ Anfangs hätten sich auch die Anwohner über Lärm zu später Stunde beschwert. Erdmanns handfeste Lösung: eine Sprinkleranlage mit Zeitschalt-Uhr, die die Gäste nassmacht und so aus dem Biergarten komplimentiert. „Da waren sogar Sat.1 und RTL da“, erinnert sich der Gastro-Chef.

Geborener Chef: „Lasse mir ungern was vorschreiben“

Mit den Jahren ist der Biergarten genauso gewachsen wie der Erfolg des Café Erdmann. Mit der EM 1992 kamen die ersten Fußball-Übertragungen, seitdem gibt‘s auch den BVB live. „Die WM 2006 war superkrass“, erinnert sich Klaus Erdmann. Der Biergarten war einer von nur drei großen Public-Viewing-Orten in Dortmund. „Beim Polen-Spiel waren hier über 2000 Leute. Da gingen einige Bänke zu Bruch...“

Und der Biergarten im Westpark hat sich schnell einen Namen gemacht. „Das Erdmann ist ein Begriff. Da gibt‘s viele gute Erinnerungen, hier haben sich viele Leute kennengelernt“, sagt Klaus Erdmann stolz. Er sei als Chef geboren, meint er. „Ich lasse mir ungern was vorschreiben.“ Klar, dass er sein Lebenswerk nicht einfach so loslassen kann. „Wenn es das Erdmann nicht gäbe, würde es nicht nur mir fehlen, sondern auch vielen anderen.“

Klaus Erdmann Dortmund.
„An der Möhne isses auch schön“: Klaus Erdmann ist 65 – da will er gern kürzer treten und seine Nase in die Sonne strecken. Er sucht einen Nachfolger für seinen Biergarten im Westpark. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

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