Dortmund. Ob Feuer, Wasser oder medizinische Notlage: Diese Dortmunder haben nicht weggeschaut, sondern selbstlos gehandelt, sogar ihr eigenes Leben riskiert.

Täglich passieren in Dortmund dutzende Unglücke und Verbrechen. Einige davon wären viel schlimmer ausgegangen, wenn nicht aufmerksame Zeugen eingegriffen und geholfen hätten. Der Dortmunder Polizeipräsident Gregor Lange ehrt jedes Jahr Bürgerinnen und Bürger, die besonderen Mut und Zivilcourage im Alltag bewiesen haben. Wir erzählen ihre Geschichten in zwei Teilen.

Dortmunder Helden
Der Dortmunder Polizeipräsident Gregor Lange (4.v.l.) ehrte sie am 28. November für ihre Zivilcourage: Belrina Memeti und Kadri Ademi, Jürgen Focke, Ahmet Oran, Tobias und Sylvia Drees, David Hoff, Florian Gies und seine Mama Julia (v.l.). © Funke Medien NRW | Lisa Goedert

Teil 1: Diese Dortmunder haben Leben gerettet

Ahmet Oran befreit Seniorin aus sinkendem Wrack

Im Dortmunder Stadtteil Holzen versuchte ein 89-Jähriger am Ostermontag (1.4.), sein Auto in eine Garage zu parken. Als er dort gegen ein Regal krachte, legte er den Rückwärtsgang ein – und schoss weit übers Ziel hinaus. Der Wagen durchbrach einen Zaun und stürzte etwa fünf Meter tief in einen Teich, blieb auf der linken Fahrzeugseite liegen. Langsam füllte sich der Innenraum mit Wasser …

Dortmunder Helden
Ahmet Oran wurde zufällig Zeuge eines Unfalls und rettete zwei Menschen aus einem sinkenden Auto. Dafür bekam er von Polizeipräsident Gregor Lange eine Urkunde. © Funke Medien NRW | Lisa Goedert/Feuerwehr Dortmund

Ahmet Oran half an jenem Tag einem Freund bei Malerarbeiten. „Ich ging vor die Tür, um zu rauchen. In dem Moment habe ich Krach gehört. Metall, Bäume und Äste knackten, das kam mir komisch vor“, erzählt er bei der Zivilcourage-Ehrung im Polizeipräsidium. In rund 300 Metern Entfernung entdeckte er das Auto im Tümpel – und zögerte keine Sekunde: „Ich bin direkt ins Wasser gegangen“. Dort kippte er zunächst das Wrack zurück in die Horizontale, damit keiner der beiden Insassen mit dem Kopf unter Wasser gerät.

„Dann habe ich eine Stange des kaputt gefahrenen Zaunes gegriffen und die Scheibe eingeschlagen.“ Die 86-jährige Beifahrerin habe keinen Gurt getragen, er habe sie leicht hinausziehen können. Das Bein des Mannes habe jedoch hinter dem Lenkrad festgeklemmt. Zum Glück sei dann auch schon die Feuerwehr gekommen und habe die Befreiung des Mannes übernommen.

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Tobias und Sylvia Drees ziehen Nachbar aus brennendem Haus

Explosion im Erdgeschoss: Die Wohnung an der Karolinenstraße in Dortmund-Lütgendortmund ist komplett ausgebrannt.
In einer Wohnung an der Karolinenstraße in Lütgendortmund explodierte eine Gasflasche, das Feuer breitete sich schlagartig aus. © Feuerwehr Dortmund | Feuerwehr Dortmund

Als die Feuerwehr am 16. September in Lütgendortmund eintraf, schlugen bereits Flammen aus dem Mehrfamilienhaus in der Karolinenstraße. Wenige Minuten zuvor war eine Sauerstoffflasche explodiert, die Druckwelle sprengte Fensterrahmen aus der Fassade. Mehrere Menschen mussten mit Drehleitern und Sprungtuch gerettet werden.

Auch Tobias und Sylvia Drees sind an diesem Tag nur knapp dem Tode entkommen. Denn das allererste, was sie angesichts des Brandes im Nachbarhaus taten, war einen hilflosen Menschen aus der Flammenhölle zu holen. Tobias Drees hat eine Ausbildung als Rettungssanitäter und beschloss kurzerhand, auf allen Vieren in das verrauchte Treppenhaus zu kriechen, aus dem Hilfeschreie hallten.

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Das komplette Mehrfamilienhaus in Lütgendortmund war nach dem Brand nicht mehr bewohnbar. © Justin Brosch | Justin Brosch

„Dort lag ein 80 Kilo schwerer Herr, der war schwarz von oben bis unten“, erinnert sich Sylvia. Als sie sah, dass ihr Schwager den Verletzten nur schwer alleine tragen konnte, packte sie mit an. Gemeinsam schaffen sie es, den Nachbarn in Sicherheit zu bringen. Keine Minute später sei dann die Sauerstoffflasche explodiert: „In so einem Moment denkt man nicht daran, was einem alles selbst passieren könnte. Man macht einfach.“

Schüler Florian Gies entdeckt hilflosen Mann auf Parkplatz

Dortmund ehrt Helden
Florian Gies und seine Mama Julia wohnen in Bochum. Bei einem Besuch in Dortmund retteten sie das Leben eines Mannes. © Funke Medien NRW | Lisa Goedert

Und auch Kinder können schon zum Vorbild für Zivilcourage werden. Wenn Florian Gies (7) nicht nochmal genau hingeschaut hätte, dann wäre ein Senior heute vielleicht nicht mehr am Leben.

Der Junge aus Bochum war am bitterkalten 16. Januar mit seiner Mama auf dem Weg zum Dortmunder Naturkundemuseum, als er auf dem Parkplatz etwas Merkwürdiges entdeckte. Mehrere Meter entfernt lag an einer Hecke ein älterer Herr am Boden, blutete stark aus dem Ohr: „Ich konnte das erst nicht glauben. Deshalb habe ich mich nochmal umgedreht und geschaut“, sagt der 7-Jährige. Sofort machte er seine Mutter darauf aufmerksam, die den Rettungsdienst alarmierte. Florian sei den Rest des Tages ziemlich aufgekratzt gewesen, sagt Julia Gies: „Er war sehr erleichtert und glücklich, als die Polizei abends anrief, um mitzuteilen, dass der Mann überlebt hat und nun im Krankenhaus versorgt wird.“

„Du bist ein echtes Vorbild für deine Mitschüler“, lobt Polizeipräsident Gregor Lange und überreicht dem Fußballfan ein Plüschtier-Maskottchen seines Bochumer Lieblingsvereins.

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