Bottrop-Kirchhellen. Das Unternehmen Stremmer will in seiner Sandgrube in Bottrop-Kirchhellen tiefer graben als bisher genehmigt. Das sind die Bedenken und Vorteile.

Das Kirchhellener Unternehmen Stremmer Sand und Kies will in seiner Grube am Weseler Weg tiefer graben als bisher genehmigt. Der Naturschutzbeirat hat das abgelehnt, der Planungsausschuss hat die Entscheidung auf Februar verschoben. Baudezernent Klaus Müller, Kirchhellens SPD-Chef Oliver Altenhoff und Bezirksbürgermeister Hendrik Dierichs (CDU) haben aber schon klargestellt, dass einer Genehmigung aus ihrer Sicht nichts mehr im Wege steht.

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Gegen den laufenden Stremmer-Tagebau an der Ecke Weseler Weg/Alter Postweg hat der Naturschutzbeirat zum zweiten Mal sein Veto eingelegt. Im Sommer 2022 verweigerte der Beirat dem Unternehmen die Befreiung von den Festsetzungen des Landschaftsplans, die Stremmer brauchte für sein Vorhaben, auch unter dem Grundwasserspiegel bis in einer Tiefe von zwölf Metern nach Sand zu graben.

Eine Mehrheit im Beirat befürchtete Belastungen für das Trinkwasser, das der Wasserversorger RWW in Dorsten-Holsterhausen gewinnt. Außerdem warfen sie dem Unternehmen Verstöße gegen Auflagen vor. Der Planungs- und Umweltausschuss hatte damals den Beirat überstimmt.

Abbau ohne weitere Senkung des Grundwasserspiegels geplant

Inzwischen hat Stremmer festgestellt: In der Sandgrube liegt rund eine Viertelmillion Kubikmeter mehr Sand als vermutet. Die Sandschicht reicht bis in eine Tiefe von 15 Metern. Diese zusätzlichen Mengen will Stremmer abbauen, ohne den Grundwasserspiegel noch weiter zu senken. Raupenbagger sollen den Sand aus dem Wasser schaufeln.

Dafür braucht Stremmer erneut eine Befreiung, und die hat der Beirat nicht erteilt, diesmal einstimmig. In einer umfangreichen Stellungnahme begründet der Beirat seine Bedenken und verweist auf vermeintliche Verstöße gegen Auflagen beim bisherigen Abbau. Diese Vorwürfe hat Stremmer-Geschäftsführer Lars Fiele immer wieder bestritten und ein Ingenieurbüro beauftragt, das zu dem Ergebnis kommt: „Der Vorwurf eines verantwortungslosen Umgangs mit dem Grundwasser entbehrt jeder sachlichen Grundlage.“

Fachbereich Umwelt und Grün stimmt dem Abbau zu

„Den Aussagen dieses Gutachtens schließen wir uns an“, sagt Baudezernent Klaus Müller für den Fachbereich Umwelt und Grün. Wenn es unterschiedliche Bewertungen gebe zwischen Verwaltung und Naturschutzbeirat, sei es Aufgabe des Umweltausschusses, „diese Pattsituation aufzulösen“.

Auf diese Aufgabe hatten sich die Ausschussmitarbeiter ebenso vorbereitet wie der Stremmer-Geschäftsführer, der eine Expertin des Ingenieurbüros mitgebracht hatte, um offene Fragen zu beantworten. Doch dazu kam es nicht: Für die ÖDP zog Elly Vaupel den Joker mit dem Titel: „Beratungsbedarf“.

Damit greift eine Vereinbarung in den Bottroper Ratsgremien: Wenn eine Fraktion oder Ratsgruppe besagten Beratungsbedarf anmeldet, wird die anstehende Entscheidung vertagt, wenn sie nicht unaufschiebbar ist. Genau das passierte am Dienstag: In Absprache mit dem Baudezernenten wird der Ausschussvorsitzende Thomas Göddertz (SPD) das Thema in die Februarsitzung schieben - „und dann entscheiden“.

„Die SPD Kirchhellen steht geschlossen hinter diesem Abbau.“

Oliver Altenhoff
Vorsitzender SPD Kirchhellen

Für uns wäre diese Vertagung nicht nötig gewesen, sagt Kirchhellens SPD-Chef Oliver Altenhoff: „Die SPD Kirchhellen steht geschlossen hinter diesem Abbau, weil wir unsere Industrie-Arbeitsplätze erhalten wollen. Einen entsprechenden Beschluss hat auch die SPD-Fraktion gefasst.“

„Die detaillierte Stellungnahme des Fachbereichs und des Ingenieurbüros wären für mich ausreichend gewesen, dem weiteren Abbau zuzustimmen“, sagt auch Bezirksbürgermeister Hendrik Dierichs. Für die Vertagung der Entscheidung habe er „extrem wenig Verständnis“, mit ausdrücklichem Blick auf die Arbeitsplätze am Wirtschaftsstandort Bottrop.

Stremmer darf also im Februar mit einer Mehrheit für den weiteren Abbau rechnen. Die Verzögerung wird das Unternehmen aber Zeit und Geld kosten. Gleichzeitig zum laufenden Abbau die tieferen Grabungen vorzubereiten: Das nennt Produktionsleiter Ralf Steeger eine „technische Herausforderung“.