Bottrop. Mohamed Diallo ist 2003 vor dem Bürgerkrieg in Guinea geflüchtet. In Deutschland hat er ein Zuhause gefunden, sein Heimatdorf aber nie vergessen.
Schon seit Jahren unterstützt Mohamed Diallo sein Heimatdorf Fonfoyah im westafrikanischen Guinea. Von dort aus war er 2001 selbst geflohen. In einem Gespräch mit der Redaktion 2014 erzählte seine Frau, die Diallo in Deutschland kennenlernte, von einer zweitägigen Flucht aus der Hauptstadt Conakry zum Flughafen. Seine Frau beschrieb Angst, die sie in Deutschland hinter sich lassen konnte. Auch Diallo selbst ist vor dem Bürgerkrieg in Guinea nach Deutschland geflüchtet. Zunächst ist er in Düsseldorf gelandet, war seiner heutigen Frau nach dem Kennenlernen aber nach Bottrop gefolgt.
Inzwischen ist er verheiratet, hat fünf Kinder. Er besitzt schon lange die deutsche Staatsbürgerschaft und zahlt, so berichtet er im Gespräch mit der Redaktion stolz, seit 2005 Steuern. Er hat sich hier etwas aufgebaut. Nun möchte er in seinem Heimatdorf helfen, noch mehr als bisher sowieso schon. Dazu hat er mit Wegbegleitern, die er nach und nach für seine Idee sammeln konnte, einen Verein gegründet. „Guinea Solidarität und Entwicklung“ will bis 2030 eine Krankenstation in Fonfoyah bauen. Ein parallel gegründeter Verein in Afrika mit selben Namen soll helfen.
Fast 300 Kilometer bis zum nächsten Krankenhaus
„Früher hat mir meine Mutter beigebracht zu helfen. Nun überlege ich immer, was ich für andere tun kann“, so erklärt Diallo. Die medizinische Versorgung vor Ort sei „desolat“. Das nächstgelegene Krankenhaus ist, so Diallo, in der Hauptstadt des Landes, Conakry, fast 300 Kilometer entfernt von Fonfoyah. Auf dem langen Weg über schlechte Straßenverhältnisse sei schon manch ein Verletzter verstorben. Um die Lage zu verbessern, haben sich Diallo und sein Bruder Ousmane, der in der Hauptstadt als Arzt arbeitet, zusammengetan.
Bottroper Verein will Klinik bauen - profitieren sollen Tausende
„Immer, wenn wir etwas Geld übrig hatten, haben wir es nach Afrika geschickt. Mal 10 Euro, mal 20 Euro, mal 50 Euro. Jeder hat so viel gegeben, wie er konnte.“ Das Geld, das auch Freunde und Bekannte gespendet hatten, haben sie dann genutzt, um ein Grundstück, insgesamt 2 Hektar, in Fonfoyah zu kaufen. Dort bauten sie, Spende für Spende, in den letzten Jahren ein kleines Gebäude, das fortan als Mini-Krankenzimmer genutzt werden konnte. „Wir besorgten Betten, schickten diese dorthin. Zuvor mussten Verletzte und Kranke häufig auf dem Boden liegen.“
Rund um diesen schon vorhandenen Raum soll nun ein kleiner Komplex, der die wichtigsten medizinische Versorgung ermöglicht, entstehen. An oberster Stelle steht dabei eine Ambulanz mit angeschlossener Chirurgie, wie Vereinsmitglieder erklären. Zudem weist die hohe Kindersterblichkeitsrate vor Ort darauf hin: Eine Geburtsstation bräuchte es auch. Außerdem stehen auf dem Plan des Architekten Thomas Beck, der sich ebenso im Verein engagiert, eine kleine Augenklinik, ein Haus für eine Pädiatrie, eine Einheit für Innere Medizin sowie ein Wohnheim für Patientinnen und Patienten auf dem Plan.
Klinik liegt zentral zwischen einigen guineischen Dörfern
Insgesamt würden rund 20.000 Einwohner aus 13 Dörfern, die rund 15 Kilometer um das dünn besiedelte Fonfoyah liegen, von der Krankenstation profitieren. Dabei ist der Standort nicht nur zentral, sondern auch ideal an die recht dürftige Infrastruktur angebunden. Die größte Hauptstraße der Umgebung, die sogar bis ins benachbarte Sierra Leone führt, verläuft unmittelbar neben dem Grundstück. Auf der Straße kommt es regelmäßig zu Unfällen.
Was vor Ort genau benötigt wird, das weiß Michael Koster. Den Arzt für Kinder- und Jugendmedizin hatte Diallo in Bottrop-Fuhlenbrock kennengelernt, als er seinen Sohn beim Zeitungsaustragen im Stadtteil begleitete. Nach einigen Gesprächen unterstützt auch Koster ehrenamtlich mit seiner Expertise, um die Gesundheitsversorgung in dem mit 14 Millionen Einwohnern vergleichsweise kleinen Land zu verbessern.
Gemeinsam mit Robert Lipinski, der den gebürtigen Guineer 2016 im Zuge seiner Tätigkeit als Sozialarbeiter traf, haben die vier Protagonisten mit weiteren Unterstützern den Verein „Guinea Solidarität und Entwicklung“ im Oktober 2023 gegründet. Inzwischen haben sie nicht nur einen Lageplan, sondern bereits einige Hilfsgüter sammeln können.
Darunter auch medizinisches Equipment, das zeitnah von einer Bottroper Spedition nach Afrika transportiert werden soll. Mit dem ersten verschickten Container wird der Verein, dessen Projekt bereits auf Hochtouren anläuft, bereits ein Zwischenziel erreichen. Das nächste Ziel soll auch zeitnah erreicht werden. Ein ausgemusterteter Krankenwagen soll besorgt werden. Um diesen bemüht sich derzeit ein ebenfalls im Verein aktiver Feuerwehrmann. Man hoffe, einen Wagen günstig kaufen zu können. Dieser wäre als erste, mobile Station eine wichtige Hilfe für die Menschen vor Ort.
Nach dem Klinik-Bau ist die Arbeit nicht fertig
In enger Abstimmung mit der örtlichen Verwaltung und Kooperationen mit Bauunternehmern der Umgebung soll schließlich der Bau des Klinikgeländes starten. Dazu will man Anfang des kommenden Jahres das Grundstück und die Gegebenheiten vor Ort prüfen. „Fertig sein soll die Krankenstation dann 2030“, so Lipinski, Kassierer des Vereins.
Mit dem Bau der Station ist das Projekt für den Verein, der nicht nur im Vereinsregister eingetragen, sondern auch als förderwürdig und gemeinnützig anerkannt ist, aber längst nicht abgeschlossen. In enger Abstimmung mit einer Leitung vor Ort will der Verein auch den Betrieb der Station regeln. Die Ärzte und das Pflegepersonal sollen dabei allesamt aus der Region stammen.
Wer aktiv im Verein helfen mag, kann sich per Mail an guinea.entwicklung@web.de wenden oder über die Sozialen Netzwerke mit dem Verein in Kontakt treten. Wer das Projekt finanziell unterstützen mag, kann folgendes Spendenkonto nutzen: Sparkasse Bottrop, IBAN: DE02 4245 1220 0000 0563 17, BIC: WELADED1BOT.