Bottrop. Warum St. Cyriakus und St. Joseph doch nicht zum 1. Januar verschmelzen. Überraschend: Auch ein altes Preußengesetz spielt dabei eine Rolle.
Innerhalb der beiden großen Kirchen ist vieles im Umbruch. Weniger Mitglieder, weniger Steuereinnahmen, Kirchengebäude verschwinden, werden umgenutzt, Gemeinden fusionieren oder werden aufgelöst und in anderer Form neu gegründet. Auch in Bottrop kennt man das – bei Protestanten wie Katholiken. Bald soll im Landtag ein Gesetz zur Aufhebung des bislang geltenden Gesetzes über die Verwaltung des katholischen Kirchenvermögens beschlossen werden. Abstrakt, weit weg? Mitnichten. Das hat auch Einfluss auf die anstehende Fusion der beiden verbliebenen Großpfarreien St. Cyriakus und St. Joseph.
Die sollte ursprünglich zum 1. Januar 2025 offiziell erfolgen. Daraus wird nun nichts. Vorläufig jedenfalls. Dafür gibt es aus Sicht der Stadtkirche gute Gründe. „Hätten wir die Pfarreien jetzt zusammengeschlossen, wäre noch das alte Gesetz aus preußischer Zeit von 1924 in Kraft“, so Stadtdechant Jürgen Cleve, derzeit noch Pfarrer beider Gemeinden.
Die Folge: „Alle gewählten Mandatsträgerinnen und Mandatsträger von St. Joseph hätten ihr Amt verloren, denn die Gremien von St. Cyriakus sind komplett besetzt.“ Das hätte vor allem den Kirchenvorstand betroffen, der gerade auch über wirtschaftliche Dinge entscheidet.
Hätten die Bottroper Pfarreien jetzt fusioniert, hätten die Mandatsträger in St. Joseph ihr Amt verloren
„Rechtlich also möglich, emotional und aus Respekt vor einem von Pfarrangehörigen gewählten Gremium aber nicht gut“: So beschreibt Jürgen Cleve einen Grund der gemeinsamen Entscheidung zur Verschiebung der Zusammenlegung. Ein weiterer, und aus Sicht der Pfarreien vor Ort mindestens genauso wichtiger, Grund für die Aufschiebung: Im Bistum Essen arbeitet man gerade an Plänen, wie Kirche, wie Gemeinde, in neuen größeren Räumen funktionieren kann, wie so unterschiedliche Bereiche wie Seelsorge, Soziales aber auch Ökonomie einerseits entkoppelt, andererseits aber auch sinnvoller verzahnt werden können.
„Ein Prozess, der nicht nur in Bottrop, das ja noch recht übersichtlich ist, stattfindet, sondern auch in größeren Städten wie gerade Oberhausen“, so Jürgen Cleve. Vor diesem Hintergrund sei das Bistum an die Bottroper herangetreten, ob die geplante Fusion nicht verzögert werden könne. Gewollt sei sie ohnehin in beiden Pfarreien, die schon jetzt gut zusammenarbeiten. „Es gibt ein gemeinsames Verwaltungsteam, auch die Seelsorgerinnen und Seelsorger treffen sich und arbeiten miteinander“, so der Pfarrer.
Abschaffung eines Preußengesetzes von 1924 ist der Trennung von Kirche und Staat geschuldet
Die Aufhebung des alten Preußengesetzes, das der damalige Staat übrigens der Kirche „aufgedrückt“ hat, sieht der Theologe und Kirchenrechtler Cleve übrigens nicht nur positiv, sondern als längst überfällig an, da das der in der Verfassung geforderten Trennung von Kirche und Staat widerspräche. Das hat auch ein juristisches Gutachten vor einiger Zeit formuliert, woraufhin die fünf NRW-Bistümer das sogenannte Kirchenvermögensverwaltungsgesetz (KVVG) ausgearbeitet hatten. Das wird nun, nach Verzögerungen durch Einsprüche im Landtag, aller Voraussicht nach, beschlossen. Ziel: Die Kirche verwaltet ihr Vermögen eigenständig, ohne staatliches Gesetz, eine Praxis, die so in allen Bistümern außerhalb von NRW bereits gilt.
35.000 Katholiken in der neuen Bottroper Großpfarrei
Die Strukturplanung im Bistum Essen werde, so Jürgen Cleve, wohl bis 2026 Form angenommen haben. Dann könnte St. Joseph realistisch zu St. Cyriakus zugepfarrt werden. So entsteht dann eine Stadtpfarrei in Alt-Bottrop. Wichtig sei vor allem, dass mit der Pfarrfusion keine wirtschaftlichen Synergieeffekte durch Einsparungen oder Stellenabbau erfolgen solle, sondern es um eine inhaltliche, pastorale Zusammenarbeit gehe. „Denken wir stadtweit, wird die neue Großpfarrei ab 2026 mit rund 35.000 Katholiken zwar ein wichtiger, aber nicht der einzige Player sein“, so der Stadtdechant.
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Caritas, SKF, der Kita-Zweckverband seien bei „Katholisch in Bottrop“ ebenso mit im Boot, wie St. Cyriakus als City-Kirche oder Heilig-Kreuz als Kulturkirche. Und innerhalb der kommunalen Grenzen natürlich auch die Kirchhellener Pfarrei mit ihren drei Gemeinden, mit denen man schon jetzt bistumsübergreifend zusammenarbeite. Diese Vernetzung und Zusammenarbeit ist das Ziel des bistumsweiten Prozesses „Christlich leben. Mittendrin.“ Das kirchliche Leben müsse sich angesichts der sich weiter beschleunigenden Umbrüche zukunftssicher aufzustellen.