Bottrop. Ende des Jahres soll das Nadler-Werk in Bottrop schließen. Knapp 170 Mitarbeitende sind betroffen. So reagieren Gewerkschaft, Betriebsrat und OB.
Das Werk der Nadler Feinkost GmbH in Bottrop soll schließen. Das hat die NB Manufaktur GmbH & Co. KG am Mittwochvormittag mitgeteilt. Von der Schließung betroffen sind rund 170 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Oberbürgermeister Bernd Tischer und Nadler-Betriebsratsvorsitzende Suzann Dräther haben Kenntnis von einer Schließung zum Jahresende. Das Unternehmen teilt zurückhaltender mit: „Im Rahmen der Verhandlungen eines Sozialplans wird über den Zeitpunkt der Schließung entschieden.“
Das Produktionswerk in Bottrop des fast 100 Jahre alten Unternehmens existiert seit den späten 70er-Jahren. Schon 2017 hatte der damalige Mutterkonzern, die Unternehmensgruppe Theo Müller, angekündigt, das Werk bis 2020 zu schließen. Doch es kam anders: Zum Jahreswechsel 2021/2022 übernahm die NB Manufaktur GmbH & Co. KG, ein Unternehmen der Wernsing Food Group, das Nadler-Werk an der Scharnhölzstraße. Die damals rund 200 Arbeitsplätze waren gesichert.
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Nun aber ist Schluss in Bottrop: Am Dienstag hat die NB Manufaktur GmbH & Co. KG die Belegschaft über die Schließung des Werks informiert. „Dieser Schritt wurde aufgrund von vorhandenen Überkapazitäten am Feinkost-Markt und des sich daraus ergebenden schwierigen wirtschaftlichen Umfeldes der Produktionsstätte in Bottrop notwendig“, heißt es in einer Pressemitteilung des Unternehmens. In den kommenden Wochen würden weitere Verhandlungen geführt.
Seit der Übernahme des Werkes durch die Wernsing Food Group seien über vier Millionen Euro in verschiedenste Produktionsanlagen investiert worden, um die Fertigungstiefe am Standort zu stärken und auszuweiten. Im gleichen Zeitraum habe das Management der Betreibergesellschaft NB Manufaktur auch sämtliche Lohnrunden in vollem Umfang akzeptiert. Man habe aber die Auslastung nicht steigern „und damit die Kostenstruktur nicht nachhaltig verbessern“ können.
Nadler-Betriebsratsvorsitzende: „Wenn wir keine Volllast haben, sind wir zu teuer“
Betriebsratsvorsitzende Suzann Dräther erinnert gegenüber der WAZ an die vielen Kämpfe, die es um das Bottroper Nadler-Werk schon gab. „Wir hatten gehofft, dass wir mit dem Marktführer Wernsing eine kompetente Mutter haben“, sagt sie. Doch nach Corona habe sich das Verbraucherverhalten verändert. Zudem habe es zuletzt im Unternehmen vier Standorte mit fast identischen Produkten gegeben, und dazu „starke Mitbewerber aus dem europäischen Ausland, die auf den Markt drängen“.
Am Bottroper Standort seien immer Löhne in Höhe des Tarifs gezahlt worden – mit diesem Effekt, so Dräther: „Wenn wir keine Volllast haben, sind wir zu teuer.“ Über den Sommer habe sie sich angesichts der wenig üppigen Auftragslage schon Sorgen gemacht, dass es bald eng werden könnte für Nadler.
Die Wernsing-Gruppe habe Überkapazitäten, „und wir sind der letzte Standort, der dazu gekommen ist“, sagt Dräther weiter. Weitere Unternehmen der Gruppe, teilt Sprecher Alexander Schmolling auf Nachfrage der Redaktion mit, seien aktuell nicht betroffen.
Anfang September sollen Verhandlungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat beginnen, berichtet Dräther. Ihrer Kenntnis stehe auch ein Topf mit Finanzmitteln zur Verfügung, „der wird aber nicht so groß sein, wie wir es bei früheren Abfindungen gewohnt waren“, ist ihre Einschätzung.
Sie hoffe nun das Beste für die Kolleginnen und Kollegen. „Der Altersdurchschnitt liegt bei 57 Jahren. Es sind Leute hier beschäftigt, die haben schon ihre Ausbildung hier gemacht und sind seit 30 Jahren dabei.“ Auch einige Paare gebe es in der Belegschaft, die nun doppelt vom Werksaus betroffen seien.
Bottroper Oberbürgermeister ist von Nadler-Schließung überrascht worden
Bottrops Oberbürgermeister Bernd Tischler war am Dienstag von der Standortschließung überrascht worden. „Ich bedauere die Schließung des Betriebes außerordentlich“, sagte Tischler in einem ersten Statement. „Nadler war eine Traditionsmarke und passte als Feinkosthersteller gut zu einem gesunden Mix von Wirtschaftszweigen in Bottrop.“
Der Großteil der Belegschaft seien Frauen und vor allem ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit einem relativ hohen Altersdurchschnitt. „Ich hoffe stark, dass Betriebsrat und Gewerkschaft auf der einen Seite mit den Arbeitgebern auf der anderen Seite einen Sozialplan aushandeln können, um soziale Härten abzufedern.“ Die Stadt werde sich „im Rahmen ihrer Möglichkeiten“ für eine gewerbliche Nachfolgenutzung der Flächen an der Scharnhölzstraße einsetzen.
Gewerkschaft NGG kritisiert die Werksschließung in Bottrop scharf
Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) spricht von einer „eiskalt kalkulierten Firmenschließung“. Die Wernsing Food Group habe dem Bottroper Werk die Aufträge entzogen und es somit wirtschaftlich ausbluten lassen.
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So habe laut NGG Wernsing dem Bottroper Werk in einem nur zwei Absätze umfassenden Schreiben mitgeteilt, „die Beauftragung der NB Manufaktur GmbH & Co. KG ab sofort schrittweise zu reduzieren und spätestens mit Ablauf des Jahres 2024 vollständig einzustellen“. Die Gewerkschaft werde „die gesamte Belegschaft im Kampf für den Fortbestand des Bottroper Feinkostherstellers unterstützen“.