Bottrop. Ungepflegte Freiflächen, keine Geschäfte: Die Welheimer sorgen sich um das Gemeinschaftsgefühl. Eine Initiative setzt sich für den Stadtteil ein.

In Welheim wird Gemeinschaft großgeschrieben. Das macht unter anderem die Lebensqualität aus in dem Stadtteil, der durch die „Gartenstadt Welheim“ geprägt ist. Aber das positive Lebensgefühl, das viele Welheimer mit ihrem Viertel verbindet, ist kein Selbstläufer, sondern fordert Engagement und Einsatz der Anwohner. Um das zu fördern, fand am Samstag das erste Mietercafé im Stadtteilzentrum an der Welheimer Straße statt. Konkreter Anlass: Eine Spendenaktion für die streunenden Katzen im Revier.

Besondere Initiative zeigen Heike Sandness, Susanne und Jörg Nagel, Eweline Kowol und Nicole Petrosch für die Siedlung. Sie alle leben schon seit mehr als 20 Jahren in Welheim, einige sind hier geboren. Sie haben die Entwicklung des Stadtteils erlebt, den Vermieterwechsel von der Veba zuerst an die Deutsche Annington, zuletzt an die Vonovia.

Keine Geschäfte, keine aktive Kirche: Geht in Welheim das Gemeinschaftsgefühl verloren?

Getrieben von der Sorge, dass der Stadtteil Welheim seinen Gemeinschafts-Charakter verlieren könnte und die Bewohnerinnen und Bewohner sich immer weniger mit ihrem Viertel identifizieren, haben sie einen Mieterbeirat gebildet. Nicole Petrosch beschreibt die Ausgangslage so: „Es haben schon viele Geschäfte geschlossen, es gibt keine aktive Kirche mehr, Freiflächen sind ungepflegt, Unkraut wuchert an manchen Stellen so stark, dass man kaum dagegen ankommt. Noch gibt es eine funktionierende Gemeinschaft, aber das Zusammengehörigkeitsgefühl droht zu bröckeln.“

Da will der Mieterbeirat gegensteuern. „Die Welheimer kennen uns gut. Sie vertrauen darauf, dass wir die Themen aufgreifen, die ihnen wichtig sind und suchen den Kontakt. Das spornt uns in unserer Arbeit an“, schildert Eweline Kowol die Motivation des Beirats.

„Wir kümmern uns auch um kleine, alltägliche Belange“, erklärt Jörg Nagel. „Wenn einzelne Mieter sich bei der Vonovia melden, kommt meist wenig Rücklauf. Aber wenn wir als Beirat ein Schreiben aufsetzen, gibt es schneller eine Antwort und es wird meist Abhilfe geschaffen.

„Vor allem Ältere suchen unsere Unterstützung“, ergänzt seine Frau Susanne „Die tägliche Treffen im Alltag, einfach ein paar Worte miteinander wechseln, das schafft Gemeinschaft vor allem für die, denen der Austausch über soziale Medien nicht so vertraut ist.“

Streunende Katzen in Bottrop-Welheim: Initiative fängt Tiere ein und kastriert sie

Eines der Themen, die den Welheimern am Herzen liegen, sind die streunenden Katzen in der Siedlung. Viele engagieren sich schon jetzt dafür, dass die Tiere gefüttert und die Futterplätze sauber gehalten werden. Immer wieder müssen auch Medikamente oder Mittel gegen Ungeziefer besorgt werden, es entstehen Tierarztkosten, vor allem, wenn es gelingt, Tiere einzufangen und kastrieren oder behandeln zu lassen.

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In letzter Zeit sind die Kosten deutlich gestiegen. Das ist auf den allgemeinen Preisanstieg zurückzuführen, aber auch die neue Gebührenordnung der Tierärzte macht es vielen – vor allem Rentnern – schwer, für alles aufzukommen. Da soll der Spendenaufruf Abhilfe schaffen. Und tatsächlich geht der Plan des Beirates auf. Die Besucher des Cafés kommen schnell ins Gespräch. Geschichten von wilden und zahmen Streunern werden ausgetauscht. Von stimmgewaltigen Katern, die ihr Revier verteidigen, ist die Rede, aber auch von solchen, die von Hunger, Alter oder Krankheit gezeichnet sind.

Welheimer kümmern sich um städtische Themen

Ein besonders schwerer Fall ist Pünktchen. Sie lebt seit Jahren im Nachbargarten von Simone Brun. „Jedes Jahr bekommt sie einen Wurf Junge. Die Kleinen sind sehr schnell zahm,“ berichtet die gebürtige Welheimerin, „aber die Mutter lässt sich leider nicht anfassen. Wenn die Jungen alt genug sind, bringe ich sie zum Tierheim. Das bricht mir jedes Mal das Herz. Wir hoffen, dass es uns irgendwann gelingt, das Muttertier zu fangen und kastrieren zu lassen, aber bis dahin versuchen wir, das Problem im Griff zu behalten.“

Zekiye Aciksöz und Eweline Kowol bedanken sich für die Spenden.
Zekiye Aciksöz und Eweline Kowol bedanken sich für die Spenden. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Aber nicht nur die Katzen, auch die Hunde liegen den Weilheimern am Herzen. Sowohl bei den Bruns als auch bei den Petroschs gibt’s einen Familienhund. Und im Café-Gespräch zeigt sich rasch, dass die Aktivitäten des Beirats sich nicht nur auf den Kontakt zur Vonovia beschränken. Auch städtische Themen sind ihnen wichtig. Erst kürzlich wurde ein Antrag auf die Freigabe eines alten stillgelegten Sportplatzes als Hundewiese bei der Stadtverwaltung eingereicht.

Mietercafé in Bottrop-Welheim steht allen offen

Und welche Aktivitäten stehen sonst noch auf dem Programm? Nach dem nachbarschaftlichen Publik Viewing, das die Familie Nagel gleich zu Beginn der EM ins Leben gerufen hatte, soll demnächst der erste Wellheimer Flohmarkt organisiert werden. Der genaue Termin steht noch nicht fest, wird aber frühzeitig über Flyer bekannt gegeben.

Als das erste Mietercafé zu Ende geht, können sich die Spenden sehen lassen. Ganze Paletten mit Futter aller Gewichts- und Preisklassen sind an einer Wand des Sportheims aufgebaut.

Die Mitglieder des Beirats sind mit dem Erfolg ihres ersten Cafés sehr zufrieden und sie betonen ausdrücklich, dass das Angebot allen offen steht, die dort einfach zum Plaudern zusammenkommen wollen oder Anliegen mit Beiratsmitgliedern besprechen möchten. Dabei sind Spenden für vierbeinigen Welheimer in Not natürlich immer willkommen und darüber hinaus wird alles begrüßt, was die Identifikation der Welheimer mit ihrem Stadtteil fördert.

Das Mietercafé Gartenstadt Welheim findet immer am zweiten Samstag im Monat von 15 bis 17 Uhr im Stadtteilzentrum Welheimer Straße 64 statt. Kontakt: Mieterbeirat@gmail.com