Bottrop. Den SV Rhenania Bottrop kostet der zweite Kunstrasenplatz sehr viel Geld. Wie der Club Lücken auf einem Rücklagenkonto nun füllen muss.

Die Dauerkrise macht allen schwer zu schaffen. Die Corona-Pandemie machte massive Probleme, der Ukraine-Krieg, die Energiepreis-Explosion, drastische Verteuerungen überall, Löhne und Gehälter, die nicht Schritt halten. Das trifft Unternehmen, Handwerksbetriebe, Gastwirte, Eltern, Sportler. Weil manche sogar pleitegingen und alle anderen sparen müssen, wird auch bei ihrem Fußballverein schließlich das Geld knapp. Der SV Rhenania Bottrop ist so ein Beispiel.

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Zigtausende an Euro kosteten die Krisenjahre den Verein aus Batenbrock und Boy schon. Der SV Rhenania ist der einzige Fußballverein in der Stadt, dessen Mannschaften auf zwei großen Kunstrasenplätzen spielen und trainieren. „Wir hatten einen großen Zulauf an Kindern. Nur im Sommer waren die jedes Mal wieder weg“, erklärt Geschäftsführer Christoph Rüdel. Die Eltern störte es, dass ihre Kinder auf einem Aschenplatz neben dem Kunstrasenfeld trainieren mussten.

„Das ist eine Riesenleistung. Man kann nur den Hut ziehen“

Daher investierte der Verein in die Zukunft. Das Sportgelände im Blankenfeld ist städtisch, den ersten Kunstrasenplatz eröffnete die Stadt dort 2009. Den zweiten Platz mit Kunstgrün auf dem alten Aschefeld bezahlt der Verein aber selbst. Die Stadt baut zurzeit im Eigen den neunten Kunstrasenplatz auf der Sportanlage „Weywiesen“. Dass Vereine sich an den Kosten beteiligen, ist in Bottrop Praxis. Der VfB Kirchhellen etwa, der auch noch einen Bolzplatz aus Kunstrasen hat, brachte für sein großes Feld mit Kunstrasenteppich rund 150.000 Euro auf.

„Unser Platz ist mit einem Businessplan komplett eigenfinanziert“, erklärt Vorsitzender Jörg Koßek jedoch. 2019 eröffnete der Verein das zweite Kunstgrün. Rund 280.000 Euro kostet das die Rhenanen. „Das ist eine Riesenleistung. Vor diesem Mut kann man nur den Hut ziehen“, erkennt Henning Wiegert an, der inzwischen Leiter des Bottroper Sport- und Bäderbetriebes ist. Außerdem wird es für den Fußballverein bei den Grundkosten nicht bleiben.

Krisenzeiten treffen den Bottroper Verein mit Wucht

„Wir haben den Nachteil, dass wir in 15 Jahren, wenn der Platz abgespielt ist, dafür sorgen müssen, dass auch die Renovierung des Kunstrasenteppichs komplett von uns selbst finanziert wird“, sagt der Rhenania-Chef. Bis es so weit ist, werden die Kredite für den Kunstrasenbau nach den Plänen des Vereins vollständig getilgt sein.

Längst aber holten die jüngsten Wirtschaftskrisen auch die Fußballer ein. Während der Corona-Jahre etwa fiel die Mitgliederzahl des Fußballvereins von 870 auf unter 600, weil eine Zeit lang auch niemand Sport machen konnte. Vorsitzender Jörg Koßek beziffert die Verluste an Beitragszahlungen auf insgesamt 40.000 Euro.

Auf Rhenanias zweitem Kunstrasenplatz spielen Kinder auch vor Trainingsbeginn schon Fußball.
Auf Rhenanias zweitem Kunstrasenplatz spielen Kinder auch vor Trainingsbeginn schon Fußball. © FUNKE Fotoservice | Norbert Jänecke

„Auch Sponsoren sprangen ab, weil es ihnen finanziell schlecht ging“, erläutert Rhenania-Geschäftsführer Christoph Rüdel. Einige mussten sogar ihren Betrieb einstellen. So gingen dem Club weitere 17.000 Euro an Geldern verloren. Auch Pachtverträge für die Bewirtung im Vereinsheim mussten beendet werden. „Die Kosten laufen weiter“, sagt der Geschäftsführer, und stiegen teils enorm an, zum Beispiel wie in jedem Betrieb die Stromkosten, hier für das Waschen der Trikots.

Einnahmen brachen weg, Kosten stiegen stark an

Die Gebühren für die Schiedsrichter hätten sich verfünffacht. Anstatt 17.000 Euro koste allein dies den Verein nun rund 40.000 Euro. Immerhin sind bei den Rhenanen an die 30 Mannschaften im Spielbetrieb. Trotz solcher Rückschläge kann der Fußballverein sein Kunstrasenprojekt weiter finanzieren. „Wir bedienen die laufenden Kredite“, sagt Vorsitzender Koßek, obwohl die Banken dem Club eine Zahlungspause angeboten haben.

Die von der Stadt geforderten finanzielle Rücklagen für seinen eigenen Kunstrasenplatz aber konnte der SV Rhenania eine Zeit lang nicht mehr bilden. Dazu ist er aber per Vertrag mit der Stadt verpflichtet. Deren Sport- und Bäderbetrieb sichert sich auf diese Weise ab, damit der Verein die Renovierung des Kunstgrüns am Ende auch bezahlen kann und die Stadt auf ihrem Gelände nicht mit einem ramponierten Platz dasteht.

„Einen Kredit aufzunehmen, wäre eigentlich günstiger“

Vereinbart ist, dass der SV Rhenania 12.000 Euro im Jahr auf eine Art Instandhaltungskonto einzahlt. „Das ist unser eigenes Geld“, stellt Geschäftsführer Rüdel klar. „Anstatt auf das Konto zu zahlen, könnten wir später eigentlich auch einen Kredit aufnehmen. Das wäre sogar günstiger“, meint er. Der Vereinsvorstand hofft daher auch, dass der Sport- und Bäderbetrieb ihn aus der Einzahlungspflicht entlässt oder die Beträge zumindest reduziert.

Zwar fließt inzwischen wieder Geld, doch noch ist das Kunstrasen-Konto nicht ausreichend aufgefüllt. Inzwischen kommt das Geld, dass der Sportbetrieb dem Verein für die Pflege des Sportgeländes im Blankenfeld zahlt, auf das Rücklagenkonto. Das ist sogar mehr als die vereinbarte Summe, damit so die Finanzlücke schrittweise gefüllt wird. Bisher leistete die Arbeit ein Fremdbetrieb, nun übernehmen Freiwillige aus dem Verein das selbst. Auch sonst spare der Club Kosten ein, wo immer es möglich sei, versichert der Geschäftsführer.

Vereinsvorsitzender: „Wir haben keine Schulden bei der Stadt“

„Uns geht es nicht so schlecht, aber wir haben gar keinen finanziellen Spielraum“, erklärt Christoph Rüdel den Vereinswunsch, von der Zahlungspflicht ganz oder teilweise befreit zu werden. Wie die WAZ erfuhr, lehnt der Betriebsausschuss der Stadt-Tochter, der wiederholt darüber hinter verschlossenen Türen beriet, dies bisher aber ab. Rhenania-Chef Jörg Koßek ist vor allem eines wichtig zu betonen: „Wir haben keine Schulden bei der Stadt“.