Bottrop. Der Name klingt ungewöhnlich: Circular Digital Economy Lab, kurz (CDEL). Ein Besuch bei Forschern des Projekts auf dem Gelände von Prosper III.
Die Forscherinnen und Forscher vom Prosperkolleg in Bottrop wollen zusammen mit Unternehmen die zirkuläre Wertschöpfung voranbringen: Rohstoffe sollen nachhaltig in einem Kreislauf geführt werden, anstatt, salopp gesagt, irgendwann nutzlos als Abfall auf dem Müll zu landen. Unter dem Dach des Prosperkollegs hat sich in diesem Sinne unter Beteiligung von rund 30 Firmen und Institutionen die Initiative „Transform to Zero“ gegründet: Zero Waste (null Abfall), Zero Pollution (null Umweltverschmutzung) und Zero Carbon (Klimaneutralität) sind das Ziel. Klingt gut, aber wie setzt man das praktisch um?
Viele praktische Schritte sind auf dem Weg zu diesem Ziel notwendig. Einige davon werden im Circular Digital Economy Lab (CDEL) gemacht, angesiedelt am Standort der Hochschule Ruhr-West auf Prosper III. Ein schmaler, heller Raum, der dominiert wird von zwei Roboterarmen, dazu weiteres technisches Gerät, Bildschirme.
Circular Digital Economy Lab: Informatik und Verfahrenstechnik arbeiten zusammen
Es ist der Arbeitsplatz von zwei Doktoranden: Informatikerin Nermeen Abou Baker sowie Mike Duddek, Maschinenbauer und Verfahrenstechniker. Gemeinsam beschäftigen sie sich mit praktischen Verfahrensfragen. „Die Idee hier ist, Elektroschrotte so aufzubereiten, dass sie besser verwertet werden können“, sagt Duddek. Beispiel Akkuschrauber: Aktuell sehe es so aus, dass die Geräte komplett kleingeschreddert würden. Das mache es aber im Nachgang oft schwierig, alle eigentlich noch zu nutzenden Rohstoffe wieder auseinander zu sortieren. Etwa, wenn der Magnet aus dem Motor nach dem Schreddern im Stahl hängt.
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Zerlegt man aber den Akkuschrauber zuvor in mehrere Bestandteile (Motor, Griff mit Elektronik, Spitze mit Spannfutter und Getriebe), und zwar vor allem auch aus Kostenfragen per Roboter, können Einheiten gebildet werden, deren Rohstoffe sich später leichter voneinander trennen lassen. Duddek: „Es ist ein bisschen wie beim Bergbau. Ich grabe nur da, wo ich eine hohe Konzentration von dem habe, was ich haben will.“
Das Labor-Team hat dazu bereits eine Verwertungsstraße aufgebaut. Sie startet mit der Identifizierung des Gerätes, das verwertet werden soll. Informatikerin Nermeen Abou Baker zeigt auf einen weißen Kasten, die Fotobox: Auf einem Drehteller wird das entsprechende Gerät – also zum Beispiel der Akkuschrauber – hineingefahren. Unterschiedlich ausgerüstete Kameras nehmen das Objekt von verschiedenen Seiten auf, auch per Infrarot. „Das Gehirn funktioniert mit Künstlicher Intelligenz“, sagt die Doktorandin. Zurückgegriffen werden kann auf eine Datenbank mit Spezifikationen für die Geräte und Modelle, gefüttert durch Infos aus dem Internet. Erkannt werden soll: das Gerät an sich, der Hersteller und das Modell.
Die Informationen gehen an die nächste Station auf der Verwertungsstraße: an den Roboter. Zwar wisse der jetzt schon viel über das Gerät, aber den inneren Aufbau kennt er noch nicht; entsprechende Herstellerangaben seien in der Regel nicht vorhanden. Per Sensor sucht sich der Roboterarm zunächst eine gute Griffposition, berechnet den weiteren Weg je nach Geräte-Umfang („Kollisionsprüfung“ nennt Mike Duddek das) und legt das Gerät in eine Röntgenkammer. Duddek: „Wir erstellen eine Röntgenaufnahme, mit der wir ins Gerät reinschauen.“ Auf dieser Basis wird entschieden, an welchen Stellen unser Beispiel- Akkuschrauber zerteilt werden soll. Der Röntgen-Schritt muss bei gleichen Geräten nur beim ersten Mal durchgeführt werden.
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An einer Übergabestation holt sich der zweite Roboterarm – der mit den langen Fingern – den Akkuschrauber ab und führt ihn durch den Wasserstrahl. Der nämlich schneidet entlang der ausgerechneten Schnittlinien – „mit einem Wasserdruck von 3800 bar“. Sowie, je nach Bedarf, mit zugefügtem Sand, „das kann man sich vorstellen wie ein flüssiges Sägeblatt, damit können wir alle Materialien schneiden“.
Herauskommen vorzerlegte Geräte, die einem optimierteren Recycling zugeführt werden können. Die ursprüngliche „bunte Mischung“ an Materialien ist bereits in Teilen auseinanderdividiert, so dass die einzelnen Stoffe höherwertig verwertet werden können.
Wirtschaftlichkeit des Verfahrens ein wichtiger Punkt
Der hier geschilderte Ablauf funktioniere soweit, sagt Duddek. Weitere Module (wie Gewichtsbestimmung) sollen in die Straße noch eingebaut werden. Insgesamt ist das Team „noch fleißig am optimieren. Wir schneiden gerade sehr viele Geräte klein und lernen.“ Das Team wolle nachweisen, „dass man durch dieses Verfahren mehr Materialien zurückbekommt und dass es auch wirtschaftlicher ist“. Ein wichtiger Punkt, um für die Industrie überhaupt interessant zu sein.
Letztlich sollen die Erkenntnisse aus dem CDEL auch dafür genutzt werden, schon beim Design neuer Produkte auf die Kreislauffähigkeit der Rohstoffe darin zu achten. Doch bis dahin gilt es, die Altprodukte so ideal wie möglich zu verwerten. Duddek: „Das, was seit Jahrzehnten hergestellt wird, ist ja immer noch da.“
Prosperkolleg: Das sind die Partner
Das Projekt Prosperkolleg wird vom NRW-Wirtschaftsministerium bis Ende März 2023 gefördert. Beteiligt sind die Hochschule Ruhr West, die WiN Emscher-Lippe GmbH als regionales Wirtschaftsförderungsnetzwerk, die Stadt Bottrop, die Effizienz-Agentur NRW, der Verein Prosperkolleg e.V. sowie Unternehmen.Weitere Infos gibt es im Netz auf prosperkolleg.de