Bottrop. Karl Reckmann war der erste Privatmann, der ein Altenheim in Bottrop eröffnet hat. Nun zieht er sich als Träger zurück. Das sind die Gründe.
Mit dem Christophorus-Haus und dem Haus am Ehrenpark haben zwei Pflegeheime in Bottrop nun neue Betreiber. Mit dem 1. Juni hat die Düsseldorfer Alloheim-Gruppe die beiden privaten Häuser übernommen. Gründer Karl Reckmann mit seiner Familie zieht sich als Träger der Einrichtungen zurück. Damit geben die gleichnamigen Gesundheitsdienste den Betrieb stationärer Pflegeeinrichtungen ab.
Damit endet für das Unternehmen und die Stadt eine Ära, war doch Reckmann hier Pionier auf dem Gebiet der privaten Pflegeanbieter. 1996 hat er mit dem Christophorus-Haus im Fuhlenbrock das erste private Pflegeheim in Bottrop eröffnet. 2019 folgte der Umzug der kompletten Einrichtung in einen Neubau an der Sterkrader Straße. Mit der Aufgabe dieses Geschäftsbereichs ist ein großer Einschnitt verbunden.
Allerdings, das stellt Reckmann klar: Die Angebote im betreuten Wohnen im Paulushaus, in der Stadtwaldresidenz oder auch an der Sterkrader Straße sind von dem Verkauf nicht betroffen. Gleiches gilt für den mobilen Pflegedienst. Hier sind weiterhin Karl Reckmann und seine Tochter Alice Reckmann verantwortlich.
Entscheidung, die Heime abzugeben, fiel der Familie nicht leicht
„Den Übergabe-Entschluss haben wir schweren Herzens getroffen“, sagt Karl Reckmann. „Jedoch waren die Belastungen durch die Corona-Pandemie und die stetig zunehmenden Auflagen, Regelungen und Zuständigkeiten verschiedenster Instanzen und Behörden so hoch, dass sie uns und unserem Familienleben massiv geschadet haben.“ Im Gespräch mit der Lokalredaktion wird er deutlicher: „Für mittelständische Unternehmen ist in der Branche kein Platz mehr“, so das harsche Urteil des 73-Jährigen.
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Gerade in der Pandemie sei das deutlich geworden und teils habe man sich von Verwaltung und Politik – allgemein und nicht auf Bottrop bezogen – auch allein gelassen gefühlt. Und so sei dann eben für die Familie die Grenze der Belastbarkeit erreicht gewesen, so ein hörbar mitgenommener Karl Reckmann, der zugibt, dass bei der Entscheidung in der Familie Tränen geflossen seien.
Stadt Bottrop hat Ausbau des Hauses am Ehrenpark nicht genehmigt
Gleichzeitig macht er deutlich, dass auch Entscheidungen vor Ort mit eine Rolle gespielt haben. So habe die Familie in das mit 51 Plätzen vergleichsweise kleine Haus am Ehrenpark investieren wollen und dort 16 zusätzliche Pflegeplätze bauen wollen. Doch die Pflegebedarfsplanung des Sozialamtes lässt neue Pflegeplätze lediglich in der Boy und in Kirchhellen zu.
Daran übt Reckmann auch jetzt noch Kritik, verweist auf die zentrale Lage des Hauses am Ehrenpark im Herzen der Innenstadt. Eine zentraler gelegene Einrichtung gebe es in Bottrop nicht und die Bewohner dort kämen eben auch aus allen Teilen der Stadt. Aber das sei nicht der ausschlaggebende Punkt gewesen, nun die Heime abzugeben. Da seien die vorher genannten Punkte wichtiger gewesen, sagt Reckmann und: Viele andere mittelständische, familiengeführte stationäre Seniorenpflegeeinrichtungen hätten in den vergangenen Jahren ähnliche Entschlüsse gefasst und sich aus diesem Bereich zurückgezogen.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter behalten ihre Arbeitsplätze
Doch was heißt der Verkauf eigentlich für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie für die Bewohner? Für die ändere sich zunächst einmal nichts, stellt Reckmann klar. Alle Angestellten wurden vom neuen Betreiber übernommen und seien weiterhin für die Bewohnerinnen und Bewohner da. Für sie und ihre Angehörigen gebe es also keine spürbaren Veränderungen. Dadurch dass die Alloheim die Betreibergesellschaften übernommen habe, bestehen auch alle Verträge und Vereinbarungen fort.
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Der neue Betreiber Alloheim verfüge über eine umfassende und jahrzehntelange Pflegekompetenz in der stationären und ambulanten Pflege für Menschen verschiedener Altersstufen, sagt Reckmann. „Unserer Familie war besonders wichtig, einen erfahrenen und zuverlässigen Träger zu finden, der gewährleistet, die Häuser dauerhaft selbst weiterzuführen, um unseren Mitarbeitenden, Bewohnern und Angehörigen eine gute und langfristige Planungssicherheit zu bieten.“
Immobilien bleiben im Besitz der Bottroper Familie
Alloheim mit Sitz in Düsseldorf ist nach eigenen Angaben der zweitgrößte private Pflegeanbieter in Deutschland. In der Region ist das Unternehmen unter anderem mit Häusern in Wattenscheid, Herne, Marl oder Mülheim vertreten. Man freue sich, nun die beiden Bottroper Häuser weiterzuführen, sagt Thorben Geise, Leiter M&A bei Alloheim. „Der bisherige Träger, die Familie Reckmann, und Alloheim stellen gleichermaßen Lebensqualität und das Wohl der Bewohner ins Zentrum des Handelns.
Das verbinde Alloheim und Reckmann und bilde die Grundlage der Zusammenarbeit. Die Integration der beiden Häuser werde Schritt für Schritt erfolgen und man blicke auf eine zukünftige gute Zusammenarbeit. Tatsächlich ist die Familie Reckmann nicht ganz raus, denn die eigentlichen Immobilien bleiben im Familienbesitz, Alloheim tritt in dem Fall als Mieter auf. Auch vor dem Hintergrund spricht Reckmann von einer „Gemeinschaftsaufgabe“, stellt aber noch mal klar, dass die Verantwortung für die Pflege nun bei Alloheim liege.
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