Bottrop. . In 30 Jahren hat Karl Reckmann eine Unternehmensgruppe aufgebaut. Auch zur Innenstadt äußert sich der langjährige Vorsitzende der Einzelhändler.

Angefangen hat er als Apotheker, doch in den letzten 30 Jahren wurde er zu einem großen Anbieter auf dem Bottroper Gesundheitsmarkt. Karl Reckmann gründete einen ambulanten Pflegedienst, bietet in seinen Heimen Pflegeplätze und betreutes Wohnen an, fast 30 Jahre lang war er auch Vorsitzender des Einzelhandelsverbands. Am Freitag feiert er seinen 70 Geburtstag. Mit WAZ-Redakteur Matthias Düngelhoff sprach er über Pläne, Entwicklungen in der Stadt und wirft auch einen Blick zurück.

Die Personalsituation im Pflegebereich treibt ihn um

Sie sind schon lange aktiv im Pflegebereich, welche Veränderungen haben Sie in dieser Zeit beobachtet?

Karl Reckmann: Im Moment ist es vor allem eine Personalfrage. Wir brauchen gute Leute, wenn wir weiter Qualität bieten wollen. Wir mussten zuletzt im ambulanten Bereich Kundenanfragen abweisen, weil wir nicht genügend Personal haben. Deshalb bilden wir auch aus, derzeit beschäftigen wir 24 Auszubildende und hoffen auch, sie nach der Ausbildung weiter zu beschäftigen. Aber der Markt für Pflegekräfte – gerade auch im ambulanten Bereich – ist leergefegt. Die Mitarbeiter sind gefragt und haben entsprechend Auswahl.

Karl Reckmann war der erste private Pflegedienstanbieter der Stad
Karl Reckmann war der erste private Pflegedienstanbieter der Stad

Angenommen, Sie wären für einen Tag Gesundheitsminister, was würden Sie ändern?

Ich würde auf jeden Fall den Personalbesatz in der Pflege deutlich erhöhen. Das hätte steigende Kosten zur Folge, das ist richtig. Doch wir kommen daran nicht vorbei. Wenn wir gute Pflege bieten möchten, dann geht das nur über mehr Personal. Außerdem würde ich den Aufwand für die Dokumentation einschränken. Dafür geht inzwischen mehr Zeit drauf, als für die Pflege am Patienten. Und zu allerletzt frage ich mich, warum es zwei Aufsichtsfunktionen braucht, zum einen die Heimaufsicht, zum anderen den medizinischen Dienst der Krankenkassen. Eine würde reichen.

Was war eigentlich der Auslöser, dass Sie als Apotheker in die Pflegebranche eingestiegen sind und einen Pflegedienst gegründet haben?

Das waren Erfahrungen, die ich in der Apotheke gemacht habe. Ich hatte da den Eindruck, dass diejenigen, die ambulante Pflege angeboten haben, ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben. Mein Verständnis von Dienstleistung sah zum Beispiel vor, an allen Tagen der Woche, auch am Wochenende, dieselben Dienstleistungen anzubieten. Dazu gehört auch die Pflege am Patienten, also etwa das Waschen. Damals wurde am Wochenende aber nur die medizinische Pflege angeboten. Das fand ich falsch. Ich musste aber kämpfen, bis ich von den Krankenkassen anerkannt wurde. Damals gehörte ich aber zu den Pionieren und das, was wir in Bottrop gemacht haben, ist in der Branche auf großes Interesse gestoßen. Das betreute Wohnen und die Pflegeheime kamen dann, weil wir immer wieder gefragt wurden im ambulanten Dienst, ob wir nicht auch solche Angebote machen können.

Daneben waren Sie fast 30 Jahre Vorsitzender des Einzelhandelsverbands. Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie heute durch die Stadt gehen?

Mir fällt auf, dass wir heute das in Kirchhellen haben, was wir früher in Bottrop hatten. Der Handel war geprägt von Geschäften für den individuellen Bedarf, die Einzelhändler waren auch die Inhaber der Geschäfte. Bottrop war kein Abklatsch anderer Großstädte. Angesichts des Internethandels, der alle Innenstädte trifft und den beiden Baustellen Karstadt und Hansa Center, wird es für die Bottroper Innenstadt aber sehr schwer. Ich glaube, wir müssen uns von der Einzelhandelsdynamik in Bottrop etwas verabschieden. Handel funktioniert nur noch in bester Lage, das werden der Berliner Platz, die Hansa- sowie Teile der Hochstraße sein. Nur Spezialisten können noch außerhalb dieser Lagen existieren, etwa in einer Nische auf der Gastro-Meile.

Die Verwaltung hat vor kurzen gesagt, sie könne nur Rahmenbedingungen schaffen, ansonsten seien ihr die Hände gebunden.

Das ist so. Da kann ich den Oberbürgermeister verstehen. Gefordert sind auch die Vermieter in der Innenstadt. Es wäre schön, wenn sie den inhabergeführten Einzelhandel unterstützen, damit Bottrop wieder ein eigenes Gesicht bekommt. Doch es ist wahnsinnig schwierig, die Kunden wieder zurück zu gewinnen, wenn sie sich einmal umorientiert haben. Insofern ist die Moses-Insolvenz und die Auseinandersetzung zwischen Eigentümer und Vermieter ein Schock und von großer Dramatik für die Innenstadt. Dabei war das Kaufhaus ein guter Ansatz.

Als Vorsitzender der CDU Stadtmitte machen Sie sich für eine Stadthalle stark. Nun wurde gerade beschlossen, den Saalbau abzureißen.

Das ist auch richtig. Ich sehe eine Stadthalle angebunden ans Kulturzentrum und dann ausgerichtet auf die heutigen Bedürfnisse der Stadtgesellschaft, also keine 1200 Plätze. Wir haben uns als Ortsverband auch einige Beispiele gerade im Münsterland angeschaut.

Sie werden 70, viele Altergenossen sind da schon in Rente, wie planen Sie ihren Ruhestand.

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Stimmt schon, zuletzt war mein Ruhestand eher ein Unruhestand. Aber ich plane, mich mehr und mehr zurück zu ziehen. Meine Tochter ist seit drei Jahren meine rechte Hand im Unternehmen und wird dann übernehmen. Ich werde nur die bauliche Seite noch weiter betreuen, weil mir das Spaß macht. Aber wir sind da innerhalb der Familie, auch mit meiner Frau, gut aufgestellt.

Können Sie gut loslassen?

Meine Frau behauptet immer, ich könne es nicht. Doch bei der Aufgabe meiner Apotheke habe ich ihr bewiesen, dass ich es doch kann, und das werde ich ihr auch diesmal zeigen wenn es soweit ist.