Bochum. Migrations-Beschluss mit AfD-Stimmen bringt der CDU Widerspruch ein. Einige Dutzend Menschen folgten am Abend dem Aufruf der Grünen zum Protest.
Was Angela Merkel vom Antrag ihrer Partei am Mittwoch im Bundestag zur Migration und zur Unterstützung durch die AfD denkt, hat die frühere Unions-Kanzlerin in einer Erklärung formuliert: Sie „halte es für falsch“. Auch in Bochum gibt es Kritik an der CDU; zu lesen ist sie auf dem Wahlcontainer der Partei vor dem Bahnhof. Zu sehen und zu hören ist sie außerdem am Donnerstagabend bei einer Protestkundgebung vor der Geschäftsstelle der CDU in Bochum-Wattenscheid.
Mehrere Dutzend Bochumer protestieren vor der CDU-Geschäftsstelle
Einige Dutzend Menschen sind dem kurzfristigen Aufruf gefolgt, ein Zeichen für Vielfalt und ein Signal gegen den Faschismus zu setzen, wie Ratsmitglied Stephanie Kotalla von den Grünen und Jan Bühlbecker von der SPD Wattenscheid formulierten.
„Wir sind die Brandmauer“: Bilder der Kundgebung in Bochum
„Ich bin total happy, dass so viele gekommen sind“, so Kotalla, die vor einigen Jahren noch der CDU angehörte. „Wer schweigt, der stimmt zu“, ruft sie den Teilnehmern der Kundgebung zu. Und die werden prompt laut.
Dutzende bunte Pakete symbolisieren eine Brandmauer
Dutzende bunte Pakete haben sie mitgebracht, um vor der CDU-Geschäftsstelle an der Lyrenstraße eine symbolische Brandmauer aufzubauen. Sie soll auch „für die Vielfalt stehen, die Wattenscheid stark macht“, so Bühlbecker unter dem Beifall der Menge.
Mit Fahnen und Plakaten sind die Menschen an diesem nasskalten Abend gekommen. Einer von ihnen trägt ein Schild vor der Brust. „Charakterlose Deportations Union“ steht da geschrieben. Die Anfangsbuchstaben „CDU“ sind farblich betont und hervorgehoben. Knut Rauchfuß, Vorstandsmitglied der Medizinischen Flüchtlingshilfe in Bochum, hat das Plakat geschrieben. Ihn hat es zu dieser Veranstaltung gedrängt, „weil jeden Tag Menschen zu uns kommen, die als erste den Rassismus in diesem Land zu spüren bekommen.“
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Graffiti in Bochum: „Merz wird die AfD an die Macht bringen“
Der Protest und die Empörung hatten sich schon am Donnerstagmorgen gezeigt. „Merz wird die AfD an die Macht bringen“, prangt in großen, mit blauer Sprayfarbe aufgetragenen Buchstaben unübersehbar für Tausende Passanten an einer Wand des CDU-Wahlcontainers auf dem Kurt-Schumacher-Platz direkt vor dem Hauptbahnhof in Bochum. In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag hat ein Unbekannter damit dokumentiert, was er von davon hält, dass CDU-Chef Friedrich Merz besagten Antrag zur Migration eingebracht hat und so „sehenden Auges“ (O-Ton Merkel) erstmalig bei einer Abstimmung im Deutschen Bundestag eine Mehrheit mit den Stimmen der AfD ermöglicht.

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Am Tag danach bekommt die Bochumer CDU die Kritik am Vorgehen ihres Bundes-Chefs bis zum frühen Nachmittag auch in der Geschäftsstelle zu spüren. Allerdings zunächst eher moderat, wie Geschäftsstellenleiter David Schary sagt. Es habe zwei, drei Anrufe mit unflätigen Bemerkungen gegeben, aber keine Auswüchse wie in anderen Kreisgeschäftsstellen. In Dortmund etwa hat es einen Farb-Anschlag auf das CDU-Büro gegeben.
Reaktionen auf früheren Abstimmungen war heftiger, heißt es bei der CDU Bochum
Gleichwohl: Auch in Bochum wird Unmut laut. „Wir haben sehr viele Beschimpfungen mit einseitigem Tenor in den sozialen Netzwerken“, so Schary. Auch das sei aber nicht ungewöhnlich. Insgesamt sei es eher ruhig und nicht zu vergleichen mit der Heftigkeit der Reaktionen bei früheren Anlässen. „Da war es schlimmer“, so Schary; so etwa bei der Abstimmung im Bundestag zu Panzerlieferungen nach Saudi-Arabien.
Am Nachmittag kündigt sich dann weiterer Protest an. Die Bochumer Grünen rufen zu der Aktion am Abend auf, im Laufe des Nachmittags schließen sich die SPD Bochum und Wattenscheid, die Grüne Jugend Bochum, das Bündnis gegen Rechts und das Wohnprojekt Gerthe an.
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Ausgedacht hat sich die Aktion Stephanie Kotalla. „Wir wollen für eine offene und demokratische Gesellschaft einstehen und wir bringen sogar was mit: weitere Bausteine für die symbolische Brandmauer von 2024, denn anscheinend fehlen da einige.“
Erinnerung an die 2024 gesetzte „Bochumer Brandmauer“
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Die Grünen erinnern damit an eine Aktion der CDU aus dem vergangenen Jahr. Den Grundstein für die Bochumer Brandmauer gegen Extremismus und Rassismus habe im März 2024 am internationalen Tag gegen Rassismus der Bundestagspräsident a.D. Prof. Dr. Norbert Lammert gemeinsam mit der Bochumer CDU-Kreisvorsitzenden Fee Roth gelegt.
Gerne hätte diese Redaktion die Bochumer CDU-Chefin und Bundestagskandidatin über ihre Haltung zur Abstimmung, über die Kritik von Ex-Kanzlerin Angela Merkel daran und den Protest vor der CDU-Geschäftsstelle befragt. Auf eine Anfrage reagierte Roth bis zum späten Abend nicht.