Bochum. Die Hälfte der Belegschaft einer Bochumer Firma ist entlassen, jetzt produziert zum Teil eine neue Mannschaft. Nun äußert sich der Betriebsrat.

Fast die Hälfte ihrer Belegschaft hat die Coatinc Company in Bochum zum Ende des Jahres 2024 entlassen. Fremdfirmen übernehmen jetzt deren Aufgaben. Nach den Betriebsferien hat das Traditionsunternehmen am Montag wieder die Produktion mit etwa 130 Beschäftigten aus dem eigenen Haus und Mitarbeitern von Fremdfirmen aufgenommen.

Entlassungen in Bochum: Ideen des Betriebsrats finden kein Gehör

„Es muss sich alles erst einmal einspielen, das geht nicht von heute auf morgen“, sagt der Betriebsratsvorsitzende Thaddäus Moritz. Er ist optimistisch, dass dies gelingen werde. Zumal viele der entlassenen Mitarbeiter von den derzeit drei beauftragten Fremdfirmen übernommen worden seien.

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Nicht die Entlassungen an sich haben am Bochumer Standort des ältesten Familienunternehmens Deutschlands für große Aufregung gesorgt. Es waren vor allem die Umstände, die dazu geführt haben. Auch der 58-jährige Betriebsratschef, der seit acht Jahren im Unternehmen ist und als Elektriker im Schichtsystem in der Instandhaltung arbeitet, hätte sich gewünscht, dass die Vorschläge der Arbeitnehmervertretung mehr Gehör gefunden hätten. Aber in den Gesprächen habe er nur gehört, dass dies nicht machbar sei.

Betriebsratschef räumt ein, es hapere an Qualität

„Wir haben vor allem bessere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen vorgeschlagen, damit die Leute motivierter sind zu arbeiten, besser zu arbeiten, an der Qualität zu arbeiten. Wir haben bei der Qualität sehr viele Mängel gehabt. Die Leute waren einfach demotiviert. Und das hat man auch gesehen.“ Selbst eine mögliche Reduzierung der Arbeitsplätze sei ins Spiel gebracht worden. Moritz: „Ich habe mit Mitarbeitern und mit Vorgesetzten gesprochen. Aber auf Zuspruch bin ich nicht gestoßen.“

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Am Ende hat es offenbar nur noch den Weg über die Einigungsstelle gegeben. Bei diesem mit der gleichen Anzahl von Beisitzern von Arbeitgebern und Betriebsrat besetztem Instrument versucht am Ende ein unabhängiger Vorgesetzter, in der Regel ein Arbeitsrichter, einen Kompromiss zu moderieren. „Der Richter meinte, es ist wohl besser, einen Neuanfang zu machen als alles zu verlieren“, so Moritz. Zu vertrackt war offenbar die Lage, zu unversöhnlich die Positionen beider Seiten.

Künftig wird bei der Coatinc Company im Akkord verzinkt

Aus Sicht des Betriebsratschefs war die Lage auf jeden Fall nicht einfach. Die aktuellen Energiepreise seien für eine Verzinkerei „tödlich“. Und: „Ich habe Angst davor gehabt, wenn wir so weiter machen, dass wir am Ende insolvent sind. Und dann sind wir alle dran.“

Als klar war, dass die Vorschläge des Betriebsrats keinen Anklang finden, habe dieser darauf bestanden, dass so viele Mitarbeiter wie möglich in den Fremdfirmen weiterbeschäftigt werden. „Das hat auch sehr gut geklappt. Die Bedingungen bei den Firmen sind auch nicht schlechter als bei uns, teilweise sind sie besser. Gerade wenn es um die Bezahlung geht.“ Der Unterschied: Gearbeitet wird im Akkord.

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Nun arbeiten also Beschäftigte verschiedener Firmen unter einem Dach. Das ist gerade in der Industrie so ungewöhnlich nicht. Ungewöhnlich ist es allerdings schon, dass sie erst beim selben Unternehmen angestellt waren und nun zu mehreren unterschiedlichen Betrieben gehören.

Zeigen muss sich außerdem, ob die Arbeitseffizienz steigt und der Krankenstand sinkt. Die Krankheitsquote habe über längere Zeit bei mehr als zwölf Prozent gelegen, so der Betriebsratschef. Zum Vergleich: Nach Angaben des Unternehmerverbands Gesamtmetall lag der durchschnittliche Krankenstand in der gesamten Branche 2023 bei 5,8 Prozent.

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