Wattenscheid. Nach dem Streit um Stadionsitze im Lohrheidestadion sägten Genossen den eigenen SPD-Bürgermeister ab. Hintergründe und Interna zum Streit.
Ganz am Anfang ging‘s ein paar Fußballfans um die Farbe von Stadion-Sitzen, doch längst hat sich der Streit darum zu einem Politik-Krimi in Wattenscheid entwickelt. Vor allem die SPD hat dabei verloren – unter anderem ihren Bezirksbürgermeister. Nun hat sie Konsequenzen und ein unliebsames Mitglied zur Rechenschaft gezogen.
+++ Wollen Sie keine Nachrichten mehr aus Bochum verpassen? Dann abonnieren Sie hier unseren kostenlosen Newsletter! +++
Wie diese Redaktion erfuhr, wollte die SPD den Wattenscheider Bezirksvertreter Wolfgang Rohmann als Strafe aus der Partei ausschließen. Ein Schiedsgericht entschied am Ende: Für ein Jahr soll er seine Mitgliedschaft ruhen lassen. Darüber entschieden hat ein Schiedsgericht, das sich seit mehreren Monaten mit dem Fall beschäftigt hat. Wolfgang Rohmann selbst möchte sich mit dem Verweis auf ein „laufendes Verfahren“ nicht äußern. Der Wattenscheider kann gegen das Urteil noch vorgehen.
Wer wollte Wolfgang Rohmann aus der SPD herausschmeißen?
Den Antrag für das sogenannte „Parteiordnungsverfahren“ haben die SPD-Ortsvereine Eppendorf und Wattenscheid West/Leithe gestellt. Knapp drei Wochen nach der Abwahl von Hans-Peter Herzog stellten sie den Antrag.
Was ist die Begründung?
Wolfgang Rohmann habe es „billigend in Kauf“ genommen, „dass die Position (...) Herzogs als Bezirksbürgermeister bereits durch die durch ihn initiierte Antragstellung und die daraus resultierende Diskussion um ihn sowie seine Amtsführung irreversibel beschädigt wurde“, so heißt es in einem Dokument, das dieser Redaktion vorliegt. „Ferner erkannte er die Möglichkeit und billigte sie, dass die SPD-Wattenscheid durch das öffentliche Bild der inneren Zerrissenheit – welches ein Abwahlantrag verursachen würde – massiv in die Kritik gerät. Das würde, so muss ihm bewusst gewesen sein, sowohl das Vertrauen der Genossen und Genossinnen als auch das der Wattenscheider Bürgerschaft in die Mitglieder der SPD-Bezirksvertretung Wattenscheid nachhaltig beschädigen.“
- Nach Polit-Beben in Wattenscheid: SPD droht neuer Zoff
- Polit-Posse in Bochum: Die Moral bleibt auf der Strecke
- Streit um Stadionsitze führt zu SPD-Krise in Bochum
Wolfgang Rohmann habe schlussendlich Werbung für Kandidaten einer anderen Partei gemacht. Das sei ein besonders schwerer Solidaritätsverstoß.
Wie äußerte sich Wolfgang Rohmann in der Auseinandersetzung?
Gegenüber dieser Redaktion wollte sich Rohmann nicht äußern. Aus internen Dokumenten geht aber hervor, dass er bestritten hat, gegen die Grundsätze der SPD oder die Ordnung der Partei verstoßen zu haben. Er vermute einen Komplott gegen ihn, unter anderem von den Wattenscheider Grünen.
Was war währenddessen innerhalb der SPD los?
Der Ärger über die Genossinnen und Genossen in Wattenscheid war groß. Ausgerechnet vor der Europawahl so viel Unruhe – und die Diskussionen darüber laufen in der Presse. Für die Bochumer SPD ein Super-GAU. Dieser Redaktion liegt ein Spottlied vor, das in jenen Tagen in Wattenscheid kursierte. Mit der Zeile „Hier will jeder König sein“ macht sich der Sänger über die Vorkommnisse lustig.
Innerhalb der Wattenscheider SPD kam es zu einem offenen Ringen zwischen Hans-Peter Herzog und Wolfgang Rohmann. Letzter war dem damaligen Bezirksbürgermeister Alleingänge vor.
Diese Texte haben viele Menschen interessiert
- Decathlon zieht in Bochumer Ruhrpark – Standort überrascht
- Doch kein Abriss: Bochumer will historischen Altbau retten
- Drei Jahre im Camper: Warum diese Familie nun ein Zuhause sucht
Worum ging es in dem Streit eigentlich?
Es waren Fans des Ex-Bundesligisten Wattenscheid 09, die sich beim Blick auf Entwürfe fürs sanierte Lohrheidestadion ärgerten. Ausgerechnet in Blau-Weiß – den Farben des ewigen Rivalen VfL Bochum – sollten die Tribünensitze sein. Was sich zunächst als Fan-Protest auf dem Fußballplatz (und an Bannern über der A40) abspielte, erreichte wenig später auch die Politik.
Was hat die Politik damit zu tun?
Im Interview mit der WAZ sagte der damalige Wattenscheider Bezirksbürgermeister Hans-Peter Herzog (SPD), er halte die Diskussion um die Farbe von Stadionsitzen für „Killefit“. Dieses Wort sollte ihn wenig später zu Fall bringen. In der eigenen Partei entbrannte eine wilde Debatte: Wolfgang Rohmann (ebenfalls SPD) brachte daraufhin einen Abwahlantrag gegen den eigenen Bezirksbürgermeister auf den Weg, wollte sich selbst als Nachfolger wählen lassen. Doch der Plan scheiterte.
+++Was macht die WAZ Bochum eigentlich bei Instagram? Die Redakteurinnen Inga Bartsch und Carolin Muhlberg geben im Video einen Einblick.+++
Die Grünen entschieden sich doch gegen eine Wahl. Nach Informationen dieser Redaktion auch auf Druck des Grünen-Vorstandes in Bochum, der seinerseits in Sorge um die Zusammenarbeit der Fraktionen im Rat gewesen sein soll. Plötzlich gab‘s mit Marc Westerhoff einen CDU-Bezirksbürgermeister in Wattenscheid. Bochums SPD-Chef Serdar Yüksel hatte da längst den Rücktritt von Wolfgang Rohmann gefordert, zumal der nach seiner Niederlage nun mit seinem Widersacher Hans-Peter Herzog gemeinsam in Wattenscheid auftrat.